BREKO

Open Access in Glasfasernetzen: Der Teufel steckt im Detail

Die Defi­nition des BREKO für "offenen Zugang zu Glas­faser­netzen" soll die Grund­lage für einen Bran­chen­stan­dard und dem Glas­faser­ausbau zusätz­lichen Schub geben.
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Wenn Glas­faser-Leitungen verlegt werden (sollen), singen viele Anbieter das hohe Lied des "Open Access". Sinn­gemäß bedeutet das, dass die verlegte Glas­faser auch von anderen Anbie­tern genutzt werden kann. Doch der Teufel steckt im Detail.

Posi­tions­papier verab­schiedet

In dieser Woche hat der Bundes­ver­band Breit­band­kom­muni­kation (BREKO) ein Posi­tions­papier zur Defi­nition von Open Access veröf­fent­licht.

Die Defi­nition des BREKO für offenen Zugang zu Glas­faser­netzen ("Open Access") soll die Grund­lage für einen Bran­chen­stan­dard schaffen, um dem Glas­faser­ausbau in Deutsch­land noch mehr Schub zu geben und volks­wirt­schaft­lich unsin­nigen und ärger­lichen Doppel­ausbau zu vermeiden.

Was ist Open Access?

Open Access ist im Glas­faser­ausbau seit vielen Jahren in aller Munde. Die Vorteile eines offenen Netz­zugangs, der inter­essierten Diens­tean­bie­tern einen Zugang zu hoch­leis­tungs­fähigen Glas­faser­netzen eröffnet, liegen auf der Hand: Durch die Gewäh­rung offener Netz­zugänge können Auslas­tung und Refi­nan­zie­rung von Glas­faser­netzen deut­lich verbes­sert werden.

Endkunden erhalten dort, wo Open Access statt­findet, (theo­retisch) eine größere Anbie­ter­aus­wahl. Sie müssen nicht Kunde bei dem Unter­nehmen werden, das die Glas­fasern vor Ort verlegt, sondern können beispiels­weise ihrem altbe­kannten Anbieter treu bleiben oder zu einem für als güns­tiger oder zuver­läs­siger ermit­telten Anbieter wech­seln.

Exakte Defi­nition fehlte bisher

Der BREKO Verband hat ein Positionspapier zum Open Access bei Glasfaser veröffentlicht. Der BREKO Verband hat ein Positionspapier zum Open Access bei Glasfaser veröffentlicht.
Grafik: Image licensed by Ingram Image, Logo: BREKO, Montage: teltarif.de
Die genaue Defi­nition des Begriffs „Open Access“ fehlte bisher. Die mehr als 240 im BREKO orga­nisierten Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen, die sich dem Glas­faser­ausbau in Deutsch­land verschrieben haben, haben sich nun "erst­mals auf ein gemein­sames Verständnis von Open Access geei­nigt" und möchten das gerne zum Bran­chen­stan­dard machen.

BREKO-Geschäfts­führer Dr. Stephan Albers stellt klar: „Open Access braucht klare Krite­rien, die die Inter­essen der Glas­faser ausbau­enden Unter­nehmen und der Vorleis­tungs­nach­frager glei­cher­maßen berück­sich­tigen. Wer jetzt noch ernst­haft behauptet, Open Access Geschäfts­modelle im Glas­faser­ausbau schei­terten an fehlenden tech­nischen Schnitt­stellen, der will entweder als Anbieter seine Netze nicht öffnen, oder sich als Nach­frager nicht auf anderen Netzen einkaufen.“

Kern­defi­nition "Open Access Defi­nition" des BREKO

Vier Krite­rien sind für den BREKO wichtig:

  • Frei­wil­liger Netz­zugang
    Open Access könne nur Erfolg haben, wenn die Inter­essen sowohl der Anbieter als auch der Nach­frager ange­messen berück­sich­tigt würden. Daher sollte Open Access nicht durch die Bundes­netz­agentur regu­liert werden, sondern auf frei­wil­liger Basis erfolgen. Heißt wohl: Es könnte auch Situa­tionen geben, wo kein Open Access zustande kommt.

    Die stei­gende Anzahl an Open Access Koope­rationen zeige, dass Open Access ohne staat­liche Eingriffe funk­tio­niere. Unter­schied­liche Inter­essen­lagen könnten die betei­ligten Unter­nehmen selbst "ausba­lan­cieren", dabei geht es meis­tens um den "ange­mes­senen Preis". Die Bundes­netz­agentur solle dabei mode­rie­rend unter­stützen, um einen Bran­chen­stan­dard zu etablieren.

  • Offener Netz­zugang
    Open Access Ange­bote sollten grund­sätz­lich von jedem inter­essierten Diens­tean­bieter diskri­minie­rungs­frei genutzt werden können. Ein exklu­siver Zugang, der nur für bestimmte Unter­nehmen reser­viert wird, sei kein "Open Access".
  • Diskri­minie­rungs­freier Netz­zugang
    Eine unter­schied­liche Behand­lung einzelner Open Access Nach­frager solle nur erfolgen, wenn es dafür eine "sach­liche Recht­fer­tigung" gebe. Die Möglich­keit von preis­lichen Unter­schieden zwischen einzelnen Nach­fra­gern soll möglich bleiben, z. B. Mengen­rabatte, wenn eine bestimmte Anzahl von Anschlüssen "garan­tiert" wird.
  • Schwer­punkt Anschluss der Endkunden
    Nur solche Netz­zugänge, die einen direkten Zugang zu Endkun­dinnen und -kunden ermög­lichen, wie beispiels­weise der soge­nannte "Layer-2" oder "Layer-3"-Bitstrom­zugang, fallen für den BREKO unter die Defi­nition von Open Access.

    Die Wett­bewerber erhalten das Signal von ihrem Kunden entweder auf der Zugangs­netz­ebene (Layer 2) oder im Kern­netz (Layer 3) des vor Ort ausbau­enden Unter­neh­mens.

Keine Leer­rohre, keine nackte Faser?

Oft kann es aber für einen Nach­frager inter­essanter sein, nur eine unbe­leuch­tete ("nackte") Glas­faser zu buchen oder viel­leicht sogar nur den Platz in einem Leer­rohr. Das möchten Verbände wie der BREKO aber nicht, weil das "nicht rentabel" sei.

Schwer­punkt Layer-2-Bitstrom?

Der BREKO sieht Layer-2-Bitstrom als "zentrales Open Access Produkt", das für den Massen­markt (Privat­anschlüsse und die meisten Geschäfts­kunden) geeignet sei. Die erfor­der­lichen Schnitt­stellen, Prozesse und Vertrags­stan­dards müssten "schwer­punkt­mäßig weiter entwi­ckelt" werden.

Bitstrom?

Der Bitstrom-Zugang (auf Deutsch: Daten­strom) ist nicht neu. Er ist im Fest­netz­bereich über Kupfer­lei­tungen längst etablierter Stan­dard. Dabei wird ein Daten­strom vom Kunden über Leitungen und Vermitt­lungs­sys­teme z. B. die Telekom zum Anbieter des Kunden und von dort dann ins offene Internet geleitet.

Woran klemmt es?

In dem Papier steckt viel Streit­poten­zial.

Der Vorwurf der Branche geht oft an die Telekom, die keinen Bitstrom-Zugang bei den Wett­bewer­bern einkaufen wolle. Bei den Fiber­days des BREKO hat der Glas­faser-Ausbau-Chef der Telekom Thilo Höllen das anhand von Beispielen klar verdeut­licht: Wenn ein Anbieter für einen Anschluss von der Telekom 35 Euro pro Monat haben wolle, es selbst aber für 29,95 Euro verkaufe, gehe das nicht.

Die Frage von Mengen­rabatten wird Streit auslösen, eher müsste ein Preis pro Anschluss fest­gelegt werden, der unab­hängig davon gilt, ob ein Anschluss oder eine Million Anschlüsse gebucht werden. Was passiert denn, wenn ein Nach­frager 3 Millionen Anschlüsse bestellt und dann am Ende doch nur 1000 nimmt?

Die Telekom erwartet von ihren Liefe­ranten, dass selbst am Samstag nach­mittag um 16 Uhr ein Service-Tech­niker bereit­steht, der ein Problem entstören kann. Gerade bei klei­neren Anbie­tern ist das schwierig bis unmög­lich. Für die Telekom ein k.o.-Krite­rium.

Wo alle diese Fragen nicht abschlie­ßend geklärt sind, macht die Telekom es lieber selbst, und daher kommt es dann hier und da auch zum Überbau.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Den Open Access im Glas­faser-Markt vernünftig zu defi­nieren ist wichtig, richtig und sinn­voll. Damit das aber auch klappt, müssen viel mehr tech­nische Para­meter, Abläufe bei der Bestel­lung, Kündi­gung und insbe­son­dere Entstö­rung verbind­lich geklärt sein. Gerade klei­nere lokale Anbieter haben damit große Probleme, weil ausrei­chend fach­kun­diges Personal fehlt.

Die Branche sollte nicht gegen die Telekom, sondern mit der Telekom arbeiten. Koope­rationen wie Glas­faser-Nord­west (EWE + Telekom) funk­tio­nieren, auch im Raum Stutt­gart hat man sich zusam­men­gerauft. Das muss auch anderswo gehen - auch wenn es manchem Manager vor Ort sicher "weh" tut.

Neu sind noch Koope­rationen, wo die Telekom ein vorhan­denes Netz eines Wett­bewer­bers betreibt und dabei ihre Erfah­rung und Know How einsetzen kann.

Die Branche möchte alles frei­willig haben, mit dem Recht, "aussteigen" zu können, wenn es im Detail "unan­genehm" wird. Das wird aber nicht helfen, weil die Kunden auf einen schnel­leren Ausbau warten.

Entweder kommt mehr echte Koope­ration bis ins Detail zustande oder am Ende muss die Bundes­netz­agentur doch noch alles bis ins Detail durch­regu­lieren. Das kostet dann auch wieder Zeit und wird am Ende den meisten Spie­lern wieder nicht gefallen.

Viele Kunden zwei­feln längst, ob sie über­haupt noch Fest­netz brau­chen und würden sich liebend gerne ausschließ­lich auf den Mobil­funk-Zugang konzen­trieren. Viel Zeit bleibt da nicht mehr.

Verschie­dene Netz­betreiber haben Angst vor freien Glas­faser-Routern.

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