Entwurf

EU-Gesetz: Alle Neubauten verpflichtend mit Glasfaser?

Alle Neubauten sowie alle bestehenden Gebäude müssen bei größeren Reno­vie­rungs­arbeiten verpflich­tend mit Glas­faser ausge­stattet werden - wenn ein von der EU geplantes Gesetz wirk­lich so kommt.
Von mit Material von dpa

EU plant Gesetz zu Glasfaser-Netzen EU plant Gesetz zu Glasfaser-Netzen
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Weniger Büro­kratie, einfa­chere Geneh­migung: Die EU-Kommis­sion will den Ausbau von Gigabit-Netzen voran­treiben. EU-Indus­trie­kom­missar Thierry Breton verwies heute in Brüssel darauf, dass man eine Zeit der tech­nolo­gischen Umwäl­zungen erlebe. Es müsse sicher­gestellt werden, dass alle Menschen in der EU Zugang zu schnellem Internet hätten.

Ange­sichts zuneh­mender Nutzung von daten­hung­rigen Tech­nolo­gien wie Cloud-Diensten, künst­licher Intel­ligenz und virtu­eller Realität schlug die EU-Kommis­sion daher ein Gigabit-Infra­struk­tur­gesetz vor, über das EU-Staaten und Euro­papar­lament nun verhan­deln müssen. Darin ist unter anderem auch vorge­sehen, dass alle Neubauten sowie alle bestehenden Gebäude bei größeren Reno­vie­rungs­arbeiten mit Glas­faser ausge­stattet werden müssen. Nach den Plänen der EU-Kommis­sion sollen bis 2030 alle EU-Bürger mit Gigabit-Internet und schnellem Mobil­funk abge­deckt sein.

Hohe Kosten des Netz­aus­baus

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Ausdrück­lich verwies Breton auf die hohen Kosten, die durch den Netz­ausbau entstehen. Die EU-Kommis­sion star­tete heute deshalb eine öffent­liche Konsul­tation, in der es unter anderem auch darum geht, wer für diese Kosten aufkommen soll. Heftig umstritten ist, ob Anbieter beson­ders daten­hung­riger Dienste wie Strea­ming-Portale dafür aufkommen sollten.

Breton betonte heute zwar den Daten­ver­brauch von Strea­ming-Diensten. Er wollte sich jedoch nicht darauf fest­legen, ob sie deshalb für den Netz­ausbau zahlen sollten. Zunächst solle die öffent­liche Befra­gung, die bis zum 19. Mai geht, abge­wartet werden. In einer Mittei­lung erklärte der Fran­zose jedoch zumin­dest, dass man sich auch mit dem Aspekt beschäf­tige, "ob die Platt­formen die Kosten für Inves­titionen in die Konnek­tivität der nächsten Gene­ration mit den Tele­kom­muni­kati­ons­betrei­bern teilen sollten".

Gefahr für Netz­neu­tra­lität?

Kritiker sehen dadurch die Netz­neu­tra­lität gefährdet, also jenes Prinzip, wonach alle Daten gleich­berech­tigt durchs Netz fließen sollen - unab­hängig davon, woher sie stammen und welcher Art die Daten sind. Breton betonte heute, die Netz­neu­tra­lität sei ein Schlüs­sel­prinzip. Der SPD-Euro­paab­geord­nete Tiemo Wölken bemän­gelte dennoch, dass der Kommissar "trotz teils massiver Kritik gerade aus der Zivil­gesell­schaft" nur ein bloßes Lippen­bekenntnis für die Netz­neu­tra­lität abge­lie­fert habe. Die Bedenken habe er nicht ausge­räumt. Einer etwa­igen Digi­tal­steuer erteilte Breton eine Absage.

Aus den Reihen der Platt­formen wird die Idee einer Zahlung an die Netz­betreiber kriti­siert. So wird etwa bei der YouTube-Mutter Google darauf verwiesen, dass die Online-Ange­bote über­haupt erst für die Nach­frage nach schnellen Internet-Verbin­dungen sorgten. Und auch diese Firmen hätten viel Geld in die Produk­tion von Inhalten, die Entwick­lung von Tech­nologie und eigene Leitungen gesteckt. An diesen Inves­titionen hätten sich die Netz­betreiber auch nicht betei­ligt.

Kritik am Entwurf

Der Bran­chen­ver­brand Breko kriti­siert den Entwurf der EU-Kommis­sion für den Gigabit Infra­struc­ture Act (GIA). Der Geset­zes­vor­schlag bringe nicht den erhofften Schub für den weiteren Glas­faser­ausbau in Europa. Statt­dessen setze der Vorschlag Anreize für einen stra­tegi­schen Doppel­ausbau von Glas­faser­netzen. Der Verband sieht daher drin­genden Nach­bes­serungs­bedarf am Geset­zes­vor­schlag. Das Euro­päi­sche Parla­ment sei jetzt gefor­dert, grund­legende Anpas­sungen vorzu­nehmen, um den Glas­faser­ausbau in Europa schneller und effi­zienter zu gestalten. Durch die Ausge­stal­tung des Geset­zes­vor­schlags als Verord­nung werde den Mitglieds­staaten zudem der Spiel­raum genommen, die Vorschriften auf die unter­schied­lichen Bedürf­nisse in den einzelnen Ländern anzu­passen.

Der GIA enthalte außerdem weit­rei­chende Trans­parenz­ver­pflich­tungen für Netz­betreiber. Dies sieht der Breko, ähnlich wie die bereits im TKG fest­geschrie­benen Vorgaben, kritisch. Ange­sichts der aktu­ellen Debatten um Resi­lienz der Netze, Cyber­sicher­heit und Schutz kriti­scher Infra­struktur müsse darauf geachtet werden, dass die Netze durch über­mäßige Trans­parenz­pflichten nicht angreifbar werden.

Die Vorschläge im Bereich der Geneh­migungs­ver­fahren seien hingegen zu begrüßen. Insbe­son­dere den Ansatz, verein­heit­lichte und digi­tale Verfahren mit klaren Zeit­vor­gaben zu verknüpfen, unter­stützt der Verband. Wichtig sei, dass diese Maßnahmen seitens der natio­nalen und regio­nalen Ebene aufge­griffen und umge­setzt werden, "um das Tempo im Glas­faser­ausbau weiter zu erhöhen".

Ein deut­licheres Zeichen, dass die Vecto­ring-Technik, mit der maximal 250 MBit/s im Kupfer­netz erreicht werden können, zum alten Eisen gehört, kann es wohl nicht geben: In Erfurt über­baut die Telekom fast 100.000 eigene VDSL-Anschlüsse mit Glas­faser.

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