Digital

16. Digitalgipfel: Weniger Bürokratie, mehr Investitionen

Seit gestern bis heute findet in Jena der 16. Digital-Gipfel der Bundes­regie­rung statt: "Digi­tale Trans­for­mation in der Zeiten­wende. Nach­haltig. Resi­lient. Zukunfts­ori­entiert."
Von mit Material von dpa

Der aktu­elle Digital-Gipfel der Bundes­regie­rung in Jena (Thüringen) bietet einen Anlass, eine Zwischen­bilanz der Digi­tali­sie­rung in Deutsch­land zu ziehen und Ziele neu zu justieren. In diesem Jahr steht das Thema Künst­liche Intel­ligenz im Fokus.

Keine zu strenge Regu­lie­rung der KI

Die Bundes­regie­rung will eine "zu strenge Regu­lie­rung der Künst­lichen Intel­ligenz" in der Euro­päi­schen Union verhin­dern. "Das Wich­tigste ist jetzt, eine vernünf­tige KI-Verord­nung auf der euro­päi­schen Ebene hinzu­bekommen", sagte Bundes­wirt­schafts­minister Robert Habeck (Grüne) zum Auftakt des Digital-Gipfels der Bundes­regie­rung in Jena in einem Podcast des Digi­tal­ver­bandes Bitkom. "Da kann man sehr viel richtig machen, man kann aber auch einiges falsch machen", sagte der Vize­kanzler. Beim 16. Digital Gipfel der Bundesregierung in Jena geht es um eine Bestandsaufnahme und um Künstliche Intelligenz Beim 16. Digital Gipfel der Bundesregierung in Jena geht es um eine Bestandsaufnahme und um Künstliche Intelligenz
Foto: Picture Alliance/dpa

Posi­tions­papier der Bundes­regie­rung

Am Montag wurde auch ein Posi­tions­papier der Bundes­regie­rung zusammen mit den Regie­rungen von Italien und Frank­reich zur KI-Regu­lie­rung bekannt, das sich an die spani­sche Rats­prä­sident­schaft der EU richtet. In dem Papier wird zwar allge­mein die Notwen­dig­keit einer KI-Regu­lie­rung befür­wortet. Das KI-Gesetz solle aber nur die Anwen­dung von KI regeln und nicht die Tech­nologie als solche. "Dieser risi­koba­sierte Ansatz ist notwendig und dient dazu, Inno­vation und Sicher­heit gleich­zeitig zu bewahren." Spanien hatte am 1. Juli den Vorsitz im Rat der Euro­päi­schen Union für die zweite Jahres­hälfte 2023 über­nommen.

Beste Verkehrs­vor­schriften aber kein Verkehr?

Habeck sagte: "Wenn man das über­regu­liert, haben wir die besten Verkehrs­vor­schriften, aber keinen Verkehr auf der Straße. Das darf nicht passieren." Neben einer ange­mes­senen KI-Regu­lie­rung mache sich die Bundes­regie­rung dafür stark, Inves­titionen der Privat­wirt­schaft in Digi­tal­tech­niken zu ermög­lichen. Deutsch­land müsse im Risi­koka­pital-Bereich eine "rich­tige Welle auslösen", damit Unter­nehmen entweder eigene Geld­geber aufspüren oder Geld­geber die geeig­neten Unter­nehmen finden können.

Innere Träg­heit des aufge­bauten Systems

Habeck räumte ein, dass es bei der Digi­tali­sie­rung der Verwal­tung in Deutsch­land noch Defi­zite gebe. Als Ursache machte der Minister "die innere Träg­heit eines aufge­bauten Systems, die man über­winden muss" aus. "Irgend­jemand glaubt halt, dass der Staat noch immer die Papier­form braucht in irgend­wel­chen Anträgen oder um das doku­men­tieren zu können." Die Parteien der Ampel-Koali­tion seinen sich aber einig darin, diese Defi­zite zu über­winden.

1000 Teil­nehmer

Auf dem Digital-Gipfel der Bundes­regie­rung disku­tieren rund 1000 Teil­nehmer aus Politik, Wirt­schaft, Wissen­schaft und der Zivil­gesell­schaft über eine Umset­zung der digi­talen Trans­for­mation. Unter anderem geht es darum, ob und wie Künst­liche Intel­ligenz die Verwal­tung effi­zienter und bürger­freund­licher machen kann.

BREKO: Mehr Digi­tali­sie­rung, schnel­lere Geneh­migungs­ver­fahren

Zum Digi­tal­gipfel meldet sich auch der Bundes­ver­band Breit­band­kom­muni­kation (BREKO) zu Wort. Die Bundes­regie­rung solle endlich Maßnahmen für einen schnellen und nach­hal­tigen Glas­faser­ausbau umsetzen, denn „flächen­deckende Glas­faser­netze bilden die zukunfts­sichere Grund­lage für die digi­tale Trans­for­mation von Wirt­schaft und Gesell­schaft. Nur durch den umfas­senden Einsatz digi­taler Tech­nolo­gien kann Deutsch­land die Ener­gie­wende erfolg­reich meis­tern und somit seinen Verpflich­tungen zum Klima­schutz nach­kommen."

Die Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen seien sich dieser großen Verant­wor­tung bewusst und wollten die Glas­faser­infra­struktur so schnell wie möglich flächen­deckend ausrollen. Damit der Glas­faser­ausbau weiter schnell voran­komme, appel­liert die Branche an die Bundes­regie­rung, für stabile und inves­titi­ons­freund­liche Rahmen­bedin­gungen zu sorgen.

Wichtig seien dafür insbe­son­dere schnelle und digi­tale Geneh­migungs­ver­fahren. Hierfür hätten Bund und Länder im gemein­samen „Pakt für Planungs- Geneh­migungs- und Umset­zungs­beschleu­nigung“ wich­tige Akzente gesetzt, die im laufenden Gesetz­gebungs­ver­fahren zum Tele­kom­muni­kations-Netz­ausbau-Beschleu­nigungs­gesetz aufge­griffen werden müssen.

BREKO: Doppel­ausbau verschwendet Ressourcen

Und zum wieder­holten Mal fordert die Branche, eine wirk­same Maßnahme gegen den "stra­tegi­schen und ressour­cen­ver­schwen­denden Doppel­ausbau von Glas­faser­netzen" durch das markt­beherr­schende Unter­nehmen Deut­sche Telekom zu ergreifen. Dazu hatte der BREKO bereits einen konkreten Vorschlag unter­breitet.

Im BREKO sind über 470 Mitglieds­unter­nehmen vertreten, die auf Glas­faser setzen und nach eigenen Angaben "für mehr als die Hälfte des Ausbaus von Glas­faser­anschlüssen" in Deutsch­land verant­wort­lichs sein. Die mehr als 240 im Verband orga­nisierten Tele­kom­muni­kations-Netz­betreiber versorgten sowohl Ballungs­räume als auch länd­liche Gebiete mit "zukunfts­sicheren" Glas­faser­anschlüssen, wofür sie im Jahr 2022 4 Mrd. Euro inves­tiert hätten.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Gipfel­treffen sind wichtig, weil dort in entspannter Atmo­sphäre Ideen geschmiedet und Weichen gestellt werden können.

Es ist vernünftig, bei der Künst­lichen Intel­ligenz ein paar Regeln einzu­ziehen, beispiels­weise eine Mittei­lung an den Kunden, wenn KI im Spiel ist und eine Begrün­dung, warum die KI so entschieden hat, wie sie entschieden hat und schließ­lich ein "Not-Aus" oder ein "Over­ride", womit offen­sicht­liche "Fehl­ent­schei­dungen" der KI von realen Menschen umgangen oder gestoppt werden können.

Was den Glas­faser­ausbau betrifft, bedarf es eines Gipfels zwischen der Führungs­elite der Deut­schen Telekom und den führenden Verbänden wie BREKO, BUGLAS, VATM etc. Hinter verschlossen Türen, wie bei einer Papst­wahl. Die Betei­ligten dürfen erst dann wieder raus, wenn es klare Verein­barungen gibt, wie das Land gemeinsam ausge­baut werden kann, in Koope­rationen oder Joint Ventures, wenn das Thema "Open Access" endlich in tech­nisch klar verbind­liche Regeln, die dann auch mit einem Preis­schild versehen werden müssten, gegossen wird.

Künftig soll es für den Kunden vor Ort egal sein, wer da baut, weil jeder Glas­faser-Verleger verpflichtet wird, sofort auch Kunden anderer Anbieter ohne Vertrags- oder Anbie­ter­wechsel anzu­schließen. Soll heißen: Wenn XY-Tel baut, müssen Telekom-Kunden das zu ihren gewohnten Tarifen der Telekom weiter nutzen können. Wo die Telekom baut, kann XY-Tel sofort mit der Vermark­tung der Telekom-Fasern zu eigenen Tarifen und Kondi­tionen beginnen. Ausreden darf es da nicht mehr geben. Der Überbau wäre über Nacht Geschichte.

Die Verbän­defor­derung an die Politik, die Telekom bis zum Still­stand auszu­bremsen, ist an Irrea­lität nicht zu über­bieten. Oder wird sie nur als Alibi gebraucht, weil viele Konkur­renten längst bemerkt haben, dass sie es gar nicht schaffen werden? Das wäre in der Tat fatal.

Wer nicht zügig baut, muss mit Bußgel­dern rechnen. Die Bundes­netz­agentur greift wohl jetzt durch.

Mehr zum Thema Politik