Glasfaserausbau: Traumquote für ein Dorf
„Wir hatten ein total unterversorgtes Festnetz und auch ein schlechtes Funknetz“, sagt Heinz Speck, Ortsvorsteher von Zierolshofen, das zur Kreisstadt Kehl gehört, die an der deutsch-französischen Grenze in Nachbarschaft zu Straßburg liegt. Als er vom Förderbescheid für Kehl hörte, griff Speck direkt zum Telefon. „Ich habe immer wieder nachgehakt und gesagt: Von dir habe ich noch keinen Herstellungsauftrag. Bitte schick mir den, damit ich ihn weiterleiten kann an die Telekom.“ Das Ergebnis: eine Vorvermarktungsquote von 96 Prozent. Andernorts sind Netzbetreiber froh, wenn sie 40 Prozent schaffen.
Für den Ausbau in Zierolshofen wurden neben 21 Kilometern Glasfaser auch fünf neue Verteilerkästen auf den Straßen errichtet
Foto: Deutsche Telekom
Zugegeben: Bei nur 280 Einwohnern ist die Mobilisierung der Bevölkerung einfacher als in größeren Städten. Speck ermittelte zudem die Grundstücksverhältnisse, um mit den Eigentümern in Kontakt zu treten. Natürlich wächst auch der soziale Druck. Wer lässt sich schon gerne die Frage gefallen, warum er beim Zukunftsprojekt Glasfaser nicht mitmache? Bei der hiesigen Wirtschaft rannte Speck indes offene Türen ein. „Wir brauchen den Ausbau, damit wir mit unseren Kunden und Lieferanten Videotelefonie oder Videokonferenzen abhalten können“, sagt Martin Ross, der mit seinen Mitarbeitern Möbel für Caravans und Wohnmobile entwirft.
In den bayerischen Orten Roding und Alling reichen der Telekom schon 40 Prozent aus, um Glasfasernetze zu errichten. In Alling läuft die Vorvermarktung noch bis Ende Januar 2022. Im Erfolgsfall erhalten 1300 Allinger in der Kernstadt einen Glasfaseranschluss. In Roding läuft die Vorvermarktung noch bis Mai 2022. Kommt die Telekom hier auf mindestens 40 Prozent, könnte ab 2023 ein Glasfasernetz für 3000 Haushalte gebaut werden.
Highspeed für Gigabitregion Stuttgart und in Niedersachsen
In Uslar (Niedersachsen) sowie in Herrenberg und Rutesheim im Landkreis Böblingen ist die Telekom schon weiter. In Uslar werden ab Frühjahr 2022 über 48 Kilometer Glasfaser verlegt, um 3050 Haushalte anzuschließen. In der zweiten Hälfte des nächsten Jahres rollen dann die Bagger Herrenberg und Rutesheim an. Beide Orte zählen zur Gigabitregion Stuttgart. Die Telekom verzichtet auf die Vorvermarktung, sodass die ersten von insgesamt 7900 Haushalte bereits 2022 mit Gigabit-Speed im Internet surfen sollen.
Im niedersächsischen Rotenburg baut Glasfaser Nordwest ein FTTH-Netz für 9000 Haushalte. Der symbolische Spatenstich erfolgte Mitte November 2021.
Foto: Glasfaser Nordwest
Eine erfolgreiche Vorvermarktung kann derweil der Netzbetreiber htp für die niedersächsischen Orte Beierstedt, Gevensleben und Söllingen vermelden. Teilweise wurden sogar über 50 Prozent erreicht. Im ersten Quartal 2022 will htp mit den Bauarbeiten beginnen und bis Ende 2022 die Glasfaseranschlüsse aktivieren. Darüber hinaus ist htp auch in den Ortsteilen von Gehrden unterwegs. In Lemmie wurde unlängst die Vorvermarktung gestartet. In Northen ist der Tiefbau abgeschlossen und in Lenthe wurde das Hauptnetz komplett verlegt und 90 Prozent der Hausanschlüsse gebaut. In Everloh befindet sich das Hauptnetz im Bau.
Fördergeld bringt Glasfaser zu den Menschen
In Niedersachsen baut auch Glasfaser Nordwest FTTH-Netze. Das Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE will in Rotenburg 9000 Glasfaseranschlüsse realisieren. Der symbolische Spatenstich fand Mitte November 2021 statt. Ab April 2022 sollen die Anschlüsse vermarktet werden. Derweil geht die Stadt Braunschweig davon aus, dass die Telekom ihre Ausbauvorhaben für 30.000 Haushalte noch in diesem Jahr abschließen wird. Im kommenden Jahr soll die Telekom weitere 45.200 Haushalte ans Glasfasernetz anschließen. Außerdem hat die Stadt 625 Adressen ermittelt, die nur mittels Fördergelder ausgebaut werden können. Die Kosten belaufen sich auf insgesamt 4,64 Millionen Euro. Die Hälfte kommt vom Bund. Das Land Niedersachsen schießt 1,16 Millionen Euro zu. Das restliche Viertel investiert Braunschweig selbst.
Freuen sich über hohe Vorvermarktungsquoten, die unter anderem den Start des Glasfaserausbaus in Werdohl ermöglichen(v. l. n. r.): Ralf Engstfeld, Regionalmanager der Deutschen Telekom, Landrat Marco Voge, Bürgermeister Andreas Späinghaus, Kreis-Gigabitkoordinator Matthias Pohl und Bauleiter Christian Mewes
Foto: Robin Vorsmann/Märkischer Kreis
Auf Fördergelder ist auch der Märkische Kreis in Nordrhein-Westfalen angewiesen. Hier entstehen für den Anschluss von 44.650 Haushalte Kosten in Höhe von 60,45 Millionen Euro. „Aktuell sind kreisweit 3302 Anschlüsse buchbar“, sagt Matthias Pohl, Gigabitkoordinator des Kreises. In Altena-Rosmart und in vielen Ortsteilen von Schalksmühle ist der Ausbau bereits komplett abgeschlossen. In Werdohl startete er vor wenigen Tagen. Der Ausbau wird von der Bevölkerung positiv aufgenommen. Die Vorvermarktungsquote liegt im Kreis bei durchschnittlich 93 Prozent. Hier bekommt Zierolshofen echte Konkurrenz.