Editorial: Weg mit den Sicherheitsbedenken!
Elektronische Geräte im Flugzeug künftig auch bei Start und Landung
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Eine Ära geht zu Ende: Vor Start und Landung müssen die Flugbegleiter
im Flugzeug nicht mehr darum bitten, Handy und Laptop auszuschalten.
Die Lufthansa hat jüngst die entsprechende Freigabe für große Teile ihrer
Flotte erhalten, andere Airlines sind schon
so weit oder werden größtenteils folgen. Sicher wird auch künftig gebeten
werden, Laptops während Start und Landung zu verstauen. Aber nicht,
weil die von der Elektronik der Geräte möglicherweise ausgehenden
Störungen eine Gefahr für die Navigations- oder Steuersysteme des Flugzeugs
wären, sondern schlicht und einfach, weil bei einer härteren Landung
der Laptop zum gefährlichen Wurfgeschoss werden könnte, wenn dessen
Eigentümer ihn nicht ausreichend festhält. Das Handgepäck muss bei
Start und Landung sicher verstaut sein, daran führt auch künftig kein
Weg vorbei.
Zwar wird auch weiterhin während Start und Landung darum gebeten werden, den jeweiligen Flugmodus zu aktivieren, aber auch das dient wahrscheinlich eher dazu, ängstliche Passagiere zu beruhigen, als eine Gefahr für die Systemelektronik des Flugzeugs abzuwehren. Denn schon bisher war das Handy-Benutzungs-Verbot - anders als das Taschen-Verstau-Gebot - an Bord kaum durchsetzbar. Im Durchschnitt gibt es pro Flug mehr als einen Fluggast, der trotz Ansage ganz vergisst, sein Gerät auszuschalten, oder der beim Ausschalten die Funktion nicht richtig erwischt und dessen Gerät trotzdem anbleibt.
Von daher sind alle aktuellen Flugzeugmodelle bereits ausführlich Handy-getestet. Würden die Geräte eine Gefahr darstellen, es wäre längst zu entsprechenden Unfällen gekommen. Mysteriöse Abstürze mit ungeklärten Elektronik-Fehlern gab es in den letzten Jahren aber nicht.
Verbote nur noch zum Schutz der Passagiere und Netzwerke
Elektronische Geräte im Flugzeug künftig auch bei Start und Landung
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Dennoch ist es sinnvoll, wenn die Passagiere weiterhin gebeten werden,
bei Start und Landung den Flugzeugmodus zu aktivieren. Immerhin sind
dieses die gefährlichsten Flugphasen, da sollten sie möglichst wenig
abgelenkt sein, falls doch mal etwas passiert. Auch während der
Sicherheitsbelehrung ist es bestimmt nicht sinnvoll, wenn andere
Passagiere dazwischentelefonieren.
In der Phase kurz nach dem Start, kurz, bevor das Signal abreißt, würde ein telefonierendes oder uploadendes Handy zudem recht stark strahlen und im ungünstigsten Fall zahlreiche Basisstationen des Netzbetreibers mit etwa gleicher Signalstärke erreichen. Dieses würde dann in Summe eine recht hohe Signalkapazität belegen, viel höher, als dasselbe Handy am Erdboden für die gleichen Transfers braucht. Ein vergleichbares Problem gibt es natürlich bei Hochhäusern und anderen hohen Bauwerken; dort lässt es sich aber mit Mikrozellen oder Repeatern vor Ort oder gezieltem Design der Antennen der nächstgelegenen Basisstationen abmildern. Es ist bei der Antennenplanung einfacher, ein konkretes Bauwerk an einem bestimmten Ort zu berücksichtigen, als alle möglichen Punkte innerhalb eines Flugkorridors, auf dem die Flugzeuge insbesondere beim Start mit je nach Beladung, Windstärke und Windrichtung stark unterschiedlichem Höhenprofil unterwegs sind.
Aus den genannten Gründen werden auch künftig für Telefon und Internet an Bord von Flugzeugen überwiegend teure Satellitensysteme mit ihren hohen Latenzzeiten eingesetzt werden. Möglicherweise werden künftige Netzverbesserungen es auch erlauben, sich das Signal direkt vom Boden zu holen. Spätestens dann ist man auch am Himmel vor dauerquasselnden Zeitgenossen nicht mehr sicher.