Themenspezial: Verbraucher & Service Wegwerfgesellschaft

Teure Reparaturen: Handy-Neukauf ist oft günstiger

Neue Handy­dis­plays und andere Repa­raturen von Elek­tro­geräten sind heute im Vergleich zum Neupreis oft teuer. Viele Geräte werden dann wegge­worfen. Ein "Recht auf Repa­ratur" soll Abhilfe schaffen.
Von mit Material von dpa

Defekte Handys und viele andere Geräte sollen künftig besser repa­riert werden können. Verbrau­cher­schutz-Minis­terin Steffi Lemke (Grüne) hatte das bereits ange­kün­digt - die Verbrau­cher­zen­tralen drücken bei dem geplanten "Recht auf Repa­ratur" nun aufs Tempo. Die Chefin des Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­bands, Ramona Pop, hofft auf einen "echten Fort­schritt", wie sie gegen­über der Deut­schen Presse-Agentur (dpa) in Berlin sagte. Wie eine Umfrage zeigt, scheuen viele Handy­nutzer wegen hoher Kosten eine Repa­ratur.

Recht auf Repa­ratur im Koali­tions­ver­trag

Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat die neue Bundesregierung aufgefordert, das geplante Recht auf Reparatur rasch umzusetzen Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat die neue Bundesregierung aufgefordert, das geplante Recht auf Reparatur rasch umzusetzen
Bild: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow
Das Vorhaben eines "Rechts auf Repa­ratur" ist im Koali­tions­ver­trag der Ampel­par­teien veran­kert und umfasst mehrere Punkte. Lemke hatte dies als "wich­tigen Schritt aus der Wegwerf­gesell­schaft" ange­kün­digt. Aus Sicht von Pop müssen bestimmte Voraus­set­zungen gegeben sein. So müsse schon beim Kauf die Lebens­dauer eines Produktes absehbar sein.

Handy-Repa­ratur oft teuer

Der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band hat ermit­telt, dass sich Handys oft nur teuer repa­rieren lassen. Für gängige Repa­raturen müssen Nutzer recht tief in die Tasche greifen, insbe­son­dere bei güns­tigeren Modellen, wie die Erhe­bung des Verbandes zeigt, die der Deut­schen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

Für die Studie waren 345 Repa­ratur-Ange­bote geprüft worden. Für einen Display-Austausch werden demnach bei güns­tigen Modellen 42 Prozent bis 73 Prozent des Neupreises fällig. Bei Modellen über 600 Euro kostet dies weniger als die Hälfte des Neupreises.

Tatsäch­lich lassen viele ihr defektes Handy nicht repa­rieren. Laut einer forsa-Umfrage im Auftrag der Verbrau­cher­zen­tralen sagten 47 Prozent der befragten Smart­phone-Besitzer, an deren Gerät in den vergan­genen 24 Monaten ein Defekt aufge­treten war, dieses nicht repa­rieren zu lassen. Von ihnen gab knapp die Hälfte an, dass dies zu teuer gewesen wäre.

Für die tele­foni­sche vzbv-Befra­gung befragte forsa 1500 in Privat­haus­halten in Deutsch­land lebende deutsch­spra­chige Personen ab 18 Jahre, vom 18. bis 21. Juli 2022: "Haben Sie das defekte Smart­phone repa­rieren lassen, zum Beispiel vom Händler, vom Hersteller oder in einer spezia­lisierten Werk­statt? Oder haben Sie die Repa­ratur selbst durch­geführt?"

Für den Markt­check zu Handy­repa­ratur­kosten wurden die Online-Neupreise von ausge­wählten Smart­phones mit den Repa­ratur­preisen für Display- und Akku­schäden bei diesen Modellen in Bezug gesetzt.

Repa­rier­bar­keits-Index

Für ein "Recht auf Repa­ratur" nannte Pop wie bereits zuvor Lemke einen Repa­rier­bar­keits-Index als zentral. Die Verbrau­cher­schüt­zerin sagte: "Andere Länder wie Frank­reich gehen voran." Mit dem fran­zösi­schen Repa­ratur-Index könnten Verbrau­cher Geräte danach beur­teilen, wie gut sie repa­rierbar seien. "Das wäre für Deutsch­land nicht nur denkbar, sondern auch wünschens­wert."

Denn viele wünschten sich, dass die Geräte länger halten, sagte Pop. Die Produkte sollten nicht kurz nach dem Ende der Gewähr­leis­tung kaputt gehen, wie das häufig der Fall sei. "Immer mehr Menschen sagen: Ich muss ja nicht sofort neu kaufen, nur weil etwas kaputt gegangen ist", sagte Pop. "Wir sehen aber auch, dass relativ hohe Repa­ratur­kosten viele dann doch abschre­cken."

Repa­ratur-Bonus

Pop hat einen weiteren Vorschlag: "Denkbar wäre, dass man ein Recht auf Repa­ratur mit einem Repa­ratur-Bonus zusam­men­bringt, um die teils hohen Kosten ein Stück weit aufzu­fangen." Natür­lich über­lege man gerade bei Geräten, die viel­leicht nicht ganz so teuer gewesen seien, ob man nicht doch lieber neu kaufen solle. "Mit einem Repa­ratur-Bonus würde die Repa­ratur unter­stützt", sagte Pop. "Der würde bei bestimmten Repa­ratur­leis­tungen dann ausge­zahlt."

Ein "Recht auf Repa­ratur" sei zeit­gemäßer denn je. "Durch die Störung von Liefer­ketten ist nicht mehr jedes Produkt ständig verfügbar." Repa­ratur statt Neukauf könne auch eine beträcht­liche finan­zielle Entlas­tung in Zeiten hohen Infla­tion mit sich bringen.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Eine Schwach­stelle bei jeden Smart­phone ist das Display. Auch wenn man noch so aufpasst, irgend­wann fällt das gute Stück runter und die "Spider-App" ziert das Display­glas. Das Display kann danach noch funk­tio­nieren oder auch bald oder sofort aussteigen.

Ein wesent­licher Kosten-Faktor sind die Lohn­kosten und die Tech­niker sollen ja ange­messen entlohnt werden. Die Idee des Repa­ratur-Bonus klingt gut. Denkbar wäre, dass der Hersteller ein vergüns­tigtes Ersatz­gerät stellt, wenn der Kunde im Gegenzug sein defektes Gerät an den Hersteller zurück­gibt. Da die Kunden­daten nicht nur auf dem Handy, sondern oft auch in einer Cloud gespei­chert sind, wäre das für viele Kunden (jedoch nicht alle) ein gang­barer Weg.

Mögli­cher­weise könnten beim Hersteller auch Gebraucht­geräte wieder aufge­arbeitet werden, was sich dann aufgrund der größeren Stück­zahlen reali­sieren ließe oder sie werden notfalls gleich optimal recy­celt. Klar: Wenn das Handy neu 1000 Euro gekostet hat, sind 150 Euro Repa­ratur­kosten kein Thema, bei 100 Euro Kauf­preis schon. Wichtig ist, dass die Smart­phone-Hersteller verstehen, dass es (mindes­tens) 3 bis 5 Jahre lang Soft­ware-Updates geben muss. Sicher: Neue Funk­tionen brau­chen neue, schnel­lere Prozes­soren.

Ein Hersteller, der sich schon länger soft­ware­seitig auch um Bestands­geräte kümmert ist Apple. Inzwi­schen hat auch Samsung diese Botschaft verstanden und liefert Sicher­heits­updates noch im glei­chen Monat der Bekannt­gabe aus. Das sollte auch bei vielen weiteren Herstel­lern Schule machen.

Die Verbrau­cher­ver­bände haben Disney wegen AGBs, die unde­finierte Preis­erhö­hungen erlauben, verklagt.

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