Problem

SIM-Karten abgefangen und missbraucht - dann Schockrechnung

Wenn SIM-Karten von Verbrechern abgefangen und dann missbraucht werden, ist der Schaden oft hoch. Selbst wenn der Provider für die Schockrechnung aufkommt, hat der Kunde Ärger damit. Was tun die Provider gegen SIM-Diebstahl?
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Nach Erfahrungen der teltarif.de-Redaktion gibt es einige Möglichkeiten, einen derartigen Missbrauch von geklauten SIM-Karten zu unterbinden, die zum Teil auch von Anbietern in Deutschland so praktiziert werden. Die teltarif.de-Redakteure bestellen ab und zu testweise SIM-Karten bei Providern und kennen daher das Prozedere bei einigen Anbietern:

  • aktivierte SIM und PIN werden in zwei getrennten Briefen versandt
  • nicht aktivierte SIM und PIN in einem Brief. Der Kunde aktiviert die SIM dann entweder per Anruf mit zuvor festgelegtem Kundenkennwort oder im zuvor angelegten Kundencenter mit E-Mail-Login. Denn Kundenkennwort und E-Mail kennen die Diebe in der Regel nicht, wenn der Anbieter nicht so unvorsichtig ist, diese Angaben auf den Brief zu drucken (Ausnahme: die Diebe kennen den Kunden)
  • aktivierte SIM und PIN als versichertes Paket mit Trackingnummer versenden, ggf. mit persönlicher Übergabe und PostIdent-Verfahren
  • am besten wäre natürlich: nicht aktivierte SIM und PIN in zwei getrennten (versicherten) Sendungen, anschließende Aktivierung durch den Kunden

Wirksame Sicherungsmaßnahmen beim SIM-Karten-Versand Wirksame Sicherungsmaßnahmen beim SIM-Karten-Versand
Bild: teltarif.de
1&1 muss sich hier also die kritische Frage gefallen lassen, was das Unternehmen zukünftig gegen einen derartigen Missbrauch machen wird beziehungsweise, warum etablierte Sicherheitsvorkehrungen trotz Warnung des Kunden unterblieben sind. Im weiteren Verlauf des Artikels werden wir allerdings sehen, dass auch andere Provider und nicht nur 1&1 sich diese Frage stellen lassen müssen. 1&1 nahm gegenüber unserer Redaktion zu der Sache wie folgt Stellung:

Wir können bestätigen, dass Ihr Leser von einem SIM-Karten-Diebstahl betroffen war. Im Vergleich zum Gesamtvolumen an SIM-Karten, die wir versenden, ist der Anteil der Schadensfälle bei uns verschwindend gering. Grundsätzlich ist es so, dass Kunden sich sofort bei uns melden können, wenn sie merken, dass ihre SIM-Karte nicht angekommen ist. Die Einzelfälle werden von uns anschließend sehr sorgfältig geprüft. Stellt sich dann tatsächlich heraus, dass es sich um Diebstahl mit Missbrauch handelt, finden wir eine kulante Lösung für unsere Kunden. So auch bei Ihrem Leser. Bei dem überwiegenden Teil gestohlener Karten verzeichnen wir kurze Zeit nach Auslieferung ein massives Telefonieaufkommen ins Ausland. In der Nutzung auffällige Mobilfunkkarten, beispielsweise mit einer übermäßigen Anzahl an Auslandseinwahlen, werden von unseren Systemen automatisch erkannt und die Karte zum Schutz des Kunden vorläufig gesperrt. Bestätigt sich ein Kartendiebstahl, stellen wir umgehend Strafanzeige bei der Polizei wegen Diebstahl sowie Betrug. Bei Ihrem Leser, unserem Kunden, haben wir uns für die Unannehmlichkeiten entschuldigt und zusätzlich ein Guthaben von 100 Euro hinterlegt sowie einen Freimonat für seinen 1&1 All-Net-Flat Tarif.

Wie kommen die Diebe an die SIM und was wollen sie damit?

Das größte Problem bei einem SIM-Kartenversand im Briefumschlag besteht darin, dass man die darin befindlichen Karten meist leicht ertasten kann - davon sind auch Giro- und Kreditkarten betroffen. Allerdings wird bei letztgenannten die PIN in der Regel separat versandt. Mit etwas Fingerspitzengefühl lässt sich darüber hinaus ertasten, dass es sich um eine vorgestanzte SIM-Karte zum Herausbrechen handelt.

Am einfachsten haben es die Verbrecher, wenn sie einen Mitarbeiter bei der Post haben. Diesen könnte man beispielsweise im Gebiet eines Mobilfunkunternehmens platzieren oder anwerben. Wenn dann der Provider noch so unvorsichtig ist, seinen Namen oder sein Logo auf den Briefumschlag zu drucken, dürften das die Diebe als direkte Einladung verstehen. Dabei helfen auch halbgare Verschleierungstaktiken nur wenig: Wer sich auch nur ansatzweise in der Mobilfunk-Welt auskennt, weiß, dass beim Absender "Logistikzentrum Montabaur" und ertastbarer Karte mit ziemlicher Sicherheit eine 1&1-SIM-Karte im Umschlag steckt.

Über den finanziellen Schaden haben wir bereits bei unserer Schilderung des Falls gesprochen und es ist lobenswert, dass 1&1 bei auffällig vielen Auslandstelefonaten in einem kurzen Zeitraum auf einer neuen SIM die Karte sperrt. Zu vermuten ist allerdings, dass die Diebe mit den gestohlenen SIM-Karten nicht gerade bei Freunden in Afrika anrufen und zwanglos über das Wetter plaudern. Vermutlich werden mit Hilfe der SIM-Karten Verbrechen vorbereitet oder gar ausgeübt.

Wenn dann noch die bekannte Rufnummer eines deutschen Handy-Kunden auf den mit der SIM verbundenen Vertrag portiert wurde, kann dies ganz schnell ein schlechtes Licht auf den unschuldigen Kunden in Deutschland werfen. Ob die Diebe ein Interesse daran haben, die Rufnummernübermittlung zu unterdrücken, darf bezweifelt werden - in unserem Fall waren sie sogar so dreist, den Inhaber der Nummer zurückzurufen.

Zu laufenden Ermittlungen hat 1&1 uns und dem Kunden bislang nichts mitgeteilt. Bei der Staatsanwaltschaft Koblenz war bis Mitte Dezember laut teltarif.de-Recherchen keine Anzeige eingegangen. Auch das Bundeskriminalamt teilte uns auf Anfrage Mitte Dezember mit, dass zum geschilderten Sachverhalt keine Erkenntnisse vorliegen.

Auf der vierten und letzten Seite unseres Berichts beschreiben wir, wie drei andere von uns befragte Provider den SIM-Karten-Versand handhaben und welche Sicherungsmaßnahmen sie ergreifen - und zwar Vodafone, Drillisch und die Freenet Group.

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