Netz 4

1&1 lüftet den Schleier: Erste Details zum Netzstart

Der offi­zielle Start des vierten Netzes von 1&1 soll Mitte 2023 erfolgen. Bis aber alle Bestands­kunden umge­stellt sind, kann es 2 Jahre dauern. Wo die Versor­gung dann möglich ist, bleibt weiter unklar.
Von mit Material von dpa

Was lange speku­liert wurde, nimmt langsam Formen an. Bisher verkauft das Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen 1&1 Handy­ver­träge unter zig verschie­denen Marken­namen. Dabei werden - je nach Vertrag entweder die Netze von o2 oder Voda­fone genutzt (Telekom ist schon länger nicht mehr im Angebot). Für die Nutzung der Netze zahlt 1&1 eine Art von Miete. Genauer, 1&1 erhält als Service-Provider bestimmte Basis-Tarife im besuchten Netz minus einen Groß­han­dels­rabatt, die genaue Details sind geheim.

In Zukunft sollen die rund 11 Millionen Kunden von 1&1 - wo immer möglich - mit "eigenen" Antennen von 1&1 verbunden werden. Doch von Heute auf Morgen wird das nicht passieren. Dennoch sehen Wirt­schafts­experten, die sich in erster Linie für Zahlen inter­essieren, das Milli­arden­vor­haben bereits auf der Ziel­geraden.

Dommer­muth bestä­tigt erneut Details

Das Netz von 1&1 startet zunächst als lokaler Festnetz-Internet-Ersatz und ab Mitte 2023 als Mobilfunknetz. Das Netz von 1&1 startet zunächst als lokaler Festnetz-Internet-Ersatz und ab Mitte 2023 als Mobilfunknetz.
Foto: 1 &1
Der Chef des Tele­kom­muni­kati­ons­unter­neh­mens 1&1, Ralph Dommer­muth, sagte der Deut­schen Pres­seagentur (dpa), dass "ab Mitte 2023" in allen Bundes­län­dern eigene Antennen akti­viert sein werden. Darüber werden die 1&1-Kunden (einschließ­lich Dril­lisch mit seinen zig Submarken) mit dem neuen 4G/5G-Mobil­funk­netz verbunden. Voraus­set­zung ist, dass sie dafür passende Endge­räte haben und sich in Reich­weite eines 1&1-Senders aufhalten. Außerdem müssen ihre SIM-Karten schon umge­tauscht oder umge­schaltet sein.

Keine Details zur Netz­abde­ckung

Doch zur konkret geplanten Netz­abde­ckung beim Start machte Dommer­muth keine genauen Angaben. Die Vorgaben sind klar: Bis Ende 2025 muss das 4G/5G-Netz der Firma ein Viertel der deut­schen Haus­halte errei­chen und bis Ende 2030 die Hälfte. Erneut bestä­tigte Dommer­muth, dass er "diese beiden Ziele früher errei­chen" möchte. „Wir sind mit Voll­dampf im Ausbau.“ Zuvor hatte die Zeitung „Welt am Sonntag“ über den geplanten Start berichtet.

Statt drei jetzt wieder vier Netze

Bisher gibt es in Deutsch­land mit der Deut­schen Telekom, mit Voda­fone und Telefónica (o2) drei "echte" Mobil­funk-Netze - bald soll dann Nummer Vier dazu­kommen. Bran­chen­experten erhoffen sich einen schär­feren Wett­bewerb, der zu einem besseren Preis-Leis­tungs-Verhältnis führen und "dem Verbrau­cher nutzen dürfte."

An den Orten, an denen zunächst noch keine Sender von 1&1 zu empfangen sind, werden die Kunden des Unter­neh­mens auto­matisch mit dem bishe­rigen 4G-Netz von Telefónica (o2) verbunden. Dies regelt ein soge­nannter „National Roaming“-Vertrag, den 1&1 nach inten­siven Verhand­lungen im Früh­jahr 2021 mit Telefónica (o2) abge­schlossen hatte.

1,1 Milli­arden Euro für Frequenzen

Das Netz von 1&1 wird vor allen Dingen bereits bestehende Standorte von Vantage-Towers (Vodafone) nutzen Das Netz von 1&1 wird vor allen Dingen bereits bestehende Standorte von Vantage-Towers (Vodafone) nutzen
Foto: Picture-Alliance / dpa
Schon 2019 hatte das Unter­nehmen aus Monta­baur bei einer Mobil­funk-Auktion der Bundes­netz­agentur erst­mals in seiner Firmen­geschichte eigene Frequenzen ("Spek­trum") erstei­gert für rund 1,1 Milli­arden Euro. Laut den damit akzep­tierten Frequenz­auf­lagen ist die Firma verpflichtet, bis Ende 2022 „1000 Basis­sta­tionen für 5G-Anwen­dungen in Betrieb zu nehmen“, wie es die Regu­lie­rungs­behörde formu­liert hat. Diese Auflage will 1&1 erfüllen. „Dann kann man über unser Netz im Internet surfen und tele­fonieren“, sagt Dommer­muth.

Vorstart schon dieses Jahr

Aber: „Es wird jedoch zu diesem Zeit­punkt noch keine Mobi­litäts­funk­tionen unter­stützen im Sinne von Zell­wech­seln, da dann noch kein Natio­nales Roaming bereit­steht.“ Es handele sich viel­mehr in den ersten Monaten um ein soge­nanntes Fest­netz-Ersatz­pro­dukt, bei dem Mobil­funk über einen W-Lan-Router in einer Wohnung gesendet wird, sagt der Konzern­chef. Handys von anderen 1&1-Kunden, die zufällig vorbei­fahren, werden noch nicht mit dem Netz verbunden - das soll erst ab Mitte 2023 der Fall sein.

Früherer Start nicht möglich

Warum geht es mit dem rich­tigen 5G-Mobil­funk­netz erst im Sommer 2023 und nicht schon Ende 2022 los? Dommer­muth verweist darauf, dass sein Unter­nehmen als Neuein­steiger sehr viel Arbeit vor sich gehabt habe und der Abschluss einer „National Roaming“-Verein­barung vor dem Start des Netz­baus unab­dingbar gewesen sei. „Unsere Kunden benö­tigen bereits in den Jahren des Netz­baus überall Verbin­dung“, sagt der Manager. „Wenn man ein neues Netz errichten würde und die Kunden erst einmal nur an den eigenen Antennen Abde­ckung hätten, würde das nicht funk­tio­nieren - dann hätte man schnell keine Kunden mehr.“

Hohe Baukosten

Der Bau eines neuen Mobil­funk-Netzes ist teuer. Der Frequenz-Erwerb und die verbind­lich getä­tigten Aufträge etwa für Glas­faser­lei­tungen, Antennen und Dienst­leis­tungen sowie die bereits getä­tigten Zahlungen summieren sich bis heute nach den Worten von Dommer­muth auf etwa fünf Milli­arden Euro. Die Gesamt­kosten für das Netz - also inklu­sive der zukünf­tigen Bestel­lungen für weitere Bauphasen - werden nach den Worten des Firmen­chefs noch deut­lich höher ausfallen.

Aufwen­dige Migra­tion

Tech­nisch aufwendig wird auch die soge­nannte "Migra­tion" der 1&1-Kunden, die bisher die Netze von Telefónica (o2) oder Voda­fone nutzen. 1&1 habe mehr als elf Millionen Mobil­funk-Kunden - die Über­tra­gung derer Nummern und das Umschalten oder Umtau­schen der SIM-Karten auf das neue 1&1-Netz werde dauern. Je nach Alter der SIM-Karten kann 1&1 seine Kunden auto­matisch ohne Karten­tausch ins "neue" Netz umschalten oder muss den Kunden eine neue SIM-Karte zuschi­cken, beispiels­weise den Kunden, die aktuell noch im Netz von Voda­fone unter­wegs sind.

Das bedeutet: Bestands­kunden nutzten vorerst weiter ihre gewohnten Netze. „Ihr Umzug auf unser Netz beginnt im Herbst 2023 und soll dann inner­halb eines Zeit­raums von zwei Jahren erfolgen.“

Geschäfts­zahlen vorge­legt

1&1 legte heute Geschäfts­zahlen vor. Im vergan­genen Jahr stieg der Umsatz um 3,2 Prozent auf 3,9 Milli­arden Euro. Berei­nigt um Sonder­effekte erhöhte sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschrei­bungen (Ebitda) um 5,3 Prozent auf 672 Millionen Euro. Bei dem Mutter­kon­zern United Internet ging es eben­falls aufwärts. 2022 soll das Wachstum beider Firmen weiter­gehen.

2022 und 2023 je eine Milli­arde Euro Inves­titionen

Die 1&1-Mutter United Internet will in den kommenden Jahren deut­lich mehr Geld für den Netz­ausbau ausgeben. „Der Höhe­punkt der Inves­titionen ist 2022 noch nicht erreicht. Auch in den kommenden Jahren werden wir erheb­lich in unser Netz inves­tieren“, sagte Mehr­heits­aktionär- und Konzern­chef Ralph Dommer­muth der Finanz-Nach­rich­ten­agentur dpa-AFX. Im laufenden Jahr will der Manager insge­samt bis zu einer Milli­arde Euro ausgeben - das wären mehr als dreimal so viel wie 2021. Rund 400 Millionen Euro sollen in das Netz der Tochter 1&1 fließen.

Nach einer Start­phase mit begrenztem Funk­tions­umfang noch in diesem Jahr sollen 1&1-Kunden ab Sommer 2023 dann theo­retisch deutsch­land­weit ein eigenes Netz haben (wo sie von 1&1 oder o2 versorgt werden).

Beim Konzern­umsatz rechnet United Internet 2022 nun mit etwas mehr als seit Dezember bekannt. So soll der Erlös auf rund 5,85 Milli­arden Euro steigen statt der bislang erwar­teten 5,8 Milli­arden, wie das im MDax notierte Unter­nehmen heute in Monta­baur mitteilte. Das um Sonder­effekte berei­nigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschrei­bungen (Ebitda) soll auf Vorjah­res­niveau bleiben.

Der Konzern­erlös des abge­schlos­senen Jahres wuchs unter­dessen um fünf Prozent auf rund 5,65 Milli­arden Euro, während der 1&1-Umsatz um 3,2 Prozent auf 3,9 Milli­arden Euro zulegte. Berei­nigt um Sonder­effekte stieg das Konzern­ergebnis von United Internet vor Zinsen, Steuern und Abschrei­bungen (Ebitda) um drei Prozent auf 1,26 Milli­arden Euro. Bei der Tochter waren es auf vergleich­barer Basis mit 672 Millionen Euro etwa fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Der Vorstand will den United-Internet-Aktio­nären eine Divi­dende von 50 Cent je Aktie ausschütten, Anteils­eigner von 1&1 sollen 5 Cent bekommen. Die Vorschläge müssen noch bei der Haupt­ver­samm­lung am 18. Mai geneh­migt werden.

Derweilen befürchtet der Bran­chen­ver­band VATM eine falsche Glas­faser-Ausbau­för­derung und fordert den Einsatz von KI bei der Planung.

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