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Gericht: Polizei darf E-Mail-Account nicht ewig beschlagnahmen

Ähnliche Entscheidung auch bei Sicherstellung von Festplatten
Von Marc Kessler

E-Mail-Account beschlagnahmt Im konkreten Fall "kaperte" die Polizei
einen E-Mail-Account
Montage: teltarif.de
Die Polizei darf den E-Mail-Account eines Beschuldigten nicht unnötig lange beschlagnahmen - und dem Betroffenen so die Möglichkeit nehmen, wichtige berufliche und private Kommunikation zu führen. Das hat das Amtsgericht Düsseldorf (Az.: 150 Gs 1337/12, Beschluss vom 10.09.2012) entschieden, wie Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei WBS berichtet.

Im konkreten Fall hatte die Polizei einen E-Mail-Account beschlagnahmt, weil der Besitzer angeblich E-Mails mit kinder­porno­graphischen Anhängen erhalten haben sollte. Der Nutzer erklärte sich zunächst mit der Auswertung seines E-Mail-Kontos einverstanden und teilte den Beamten auch seinen Benutzernamen und sein Passwort mit.

Polizei änderte die Zugangsdaten und gab Account nicht wieder frei

E-Mail-Account beschlagnahmt Im konkreten Fall "kaperte" die Polizei
einen E-Mail-Account
Montage: teltarif.de
Was der Betroffene nicht ahnte: Die Polizei änderte die Benutzerdaten für den E-Mail-Account, so dass für den Nutzer kein Zugang mehr möglich war. Auch nach der Auswertung des Mail-Kontos - die knapp drei Wochen später beendet war - weigerte sich die Polizei, den Account freizugeben.

Daraufhin wandte sich der Beschuldigte an einen Rechtsanwalt, der für seinen Mandanten Beschwerde beim Düsseldorfer Amtsgericht einlegte - und das mit Erfolg. Zwar sei die Beschlagnahme selbst rechtmäßig erfolgt, so die Richter. Allerdings sei diese Rechtmäßigkeit nach erfolgter Auswertung erloschen - daher hob der Amtsrichter die Beschlagnahme auf.

Auch Festplatten dürfen nicht zu lang verwahrt werden

Ähnlich hatte bereits das Amtsgericht Reutlingen im Dezember vergangenen Jahres geurteilt (Az.: 5 Gs 363/11, Beschluss vom 05.12.2011), als es um die Beschlagnahme von Festplatten ging. Seinerzeit hatte die Polizei bei einem EDV-Berater vier Festplatten aufgrund des Verdachts eines Steuerdelikts mitgenommen.

Hiergegen wehrte sich der Betroffene und forderte die Herausgabe seiner Datenträger. In der Folge entschied auch das Amtsgericht Reutlingen, dass die Beschlagnahme zwar zu Recht erfolgt sei, aber die Verhältnis­mäßigkeit gewahrt werden müsse. Dies bedeute, dass die Auswertung so schnell wie möglich erfolgen und die Festplatten dann wieder ausgehändigt werden müssen. Die Reutlinger Richter hielten im konkreten Fall drei Werktage für angemessen.

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