Themenspezial: Verbraucher & Service Webradio

Ältere WLAN-Radios bald ohne Funktion?

Reciva hat sein WLAN-Radio-Portal abge­schaltet. Eine Hintertür gibt es für die Kunden aber noch. Aber auch bei WLAN-Radios mit Fron­tier-Nuvola-Chip­satz kann es zu Problemen kommen.
Von

Probleme bei WLAN-Radios Probleme bei WLAN-Radios
Foto: teltarif.de
In den kommenden Wochen könnten unzäh­lige ältere WLAN-Radios ihre wich­tigste Funk­tion verlieren: den Empfang von Hörfunk­pro­grammen via Internet. Schon Ende vergan­genen Jahres hatte Reciva ange­kün­digt, seine Webradio-Platt­form abzu­schalten. Der zunächst geplante Termin 31. Januar 2021 wurde zunächst um drei Monate verschoben. Auch der dann als Abschalt­datum kommu­nizierte Termin 30. April verstrich, ohne dass das Reciva-Portal deak­tiviert wurde.

Ende vergan­gener Woche zog der Platt­form-Betreiber aber den Stecker. Auf der früheren Login-Seite [Link entfernt] zum Portal findet sich nur noch ein Hinweis zur Abschal­tung. Das bedeutet aller­dings noch nicht, dass die WLAN-Radios mit Reciva-Chip­sätzen nicht mehr funk­tio­nieren, wie sich im kurzen Test der teltarif.de-Redak­tion zeigte. Die Empfangs­geräte lassen sich nach wie vor nutzen. Ledig­lich die Favo­riten bzw. das Hinzu­fügen eigener Streams funk­tio­niert auf den ersten Blick nicht mehr.

So funk­tio­niert der Zugang zum Portal noch

Probleme bei WLAN-Radios Probleme bei WLAN-Radios
Foto: teltarif.de
Über das für den früheren WLAN-Radio-Hersteller DNT gebran­dete Portal [Link entfernt] steht der volle Funk­tions­umfang weiterhin zur Verfü­gung. Hier finden sich bislang auch keine Hinweise zu einer mögli­chen Abschal­tung und ein Blick auf die Liste zuletzt hinzu­gefügter Programme zeigt, dass die Daten­bank nach wie vor gepflegt wird. Das lässt eine kurz­fris­tige voll­stän­dige Abschal­tung des Portals unwahr­schein­lich erscheinen.

Inter­net­radio-Empfänger mit Reciva-Chip­satz werden schon seit vielen Jahren nicht mehr herge­stellt. Die Geräte unter­stützen noch heute nicht mehr gebräuch­liche Audio­for­mate wie Windows Media und Real Audio. Dafür fehlt der AAC+-Stan­dard, der von vielen Radio­sta­tionen als Ergän­zung zu MP3 einge­setzt wird. In den USA ist es sogar bei vielen Hörfunk­pro­grammen üblich, ganz auf AAC+ zu setzen. Diese Stationen klingen mit Empfän­gern wie den DNT IPdio oder dem Sangean WFR-20 wie ein Mittel­wel­len­signal, obwohl der Stream eigent­lich HiFi-Qualität hat.

Nicht jedes Radio spielt jeden Stream

Ein weiteres Problem betrifft auch die WLAN-Radios mit Chip­sätzen von Fron­tier Nuvola: Immer mehr Hörfunk­pro­gramme verbreiten ihre Streams über verschlüs­selte HTTPS-Verbin­dungen. Während der Google-Chrome-Browser diese Verschlüs­selung mitt­ler­weile erfor­dert, um die Streams wieder­zugeben, können viele WLAN-Radios mit HTTPS-Verbin­dungen nichts anfangen. Streams betrof­fener Radio­sta­tionen sind mit den Empfän­gern nicht zu hören.

Der Königsweg für die Programm­ver­anstalter ist wohl, HTTP- und HTTPS-Streams glei­cher­maßen anzu­bieten. Ob das alle Anbieter auch länger­fristig machen, bleibt abzu­warten. Zu befürchten ist, dass der HTTP-Stan­dard sukzes­sive ausläuft, zumal HTTPS-Verbin­dungen brow­ser­basiert, in Smart­phone-Apps und auch mit vielen Smart Spea­kern problemlos nutzbar sind. WLAN-Radios könnten so wiederum entwertet und länger­fristig zu Elek­tro­schrott werden.

Mehr zum Thema WLAN-Radio