Dumping

Editorial: Kann die Telekom zu billig sein?

In Köln bietet die Telekom bis zu 37 Prozent Rabatt für die volle Mindestlaufzeit von zwei Jahren: Ist das noch legal oder schon Behinderung der Konkurrenz? Und wie kann sich letztere wehren?
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Kann die Telekom zu billig sein? Kann die Telekom zu billig sein?
Bild: telekom.de
Verkehrte Welt: Alle reden davon, dass der Konkurrenzkampf der Tk-Unternehmen zu Preissenkungen führen soll, und dann klagt ein Wettbewerber darüber, dass die Telekom ihre Anschlüsse in Köln zu billig abgibt? Statt 39,95 Euro pro Monat, dem regulären Preis für Magenta Zuhause M, bietet die Telekom den Festnetzanschluss mit 50 MBit/s schnellem Internetzugang in Köln teils schon für 24,95 Euro im Monat an - für die volle Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten. Sollte der Wettbewerber nicht zufrieden damit sein, dass der intensive Wettbewerb zwischen dem erfolgreichen Regionalanbieter Netcologne und der Deutschen Telekom in Köln zu sehr niedrigen Preisen geführt hat und die Telekom zumindest in Köln wohl kaum mehr Geld verdient?

Nun, erstmal zur Klärung vorweg: Der Kläger ist anscheinend nicht Netcologne selbst, die zwar sicher ein Interesse daran hätten, die Telekom bei den Anschlusspreisen auf Abstand zu halten. Die Klägerin ist aber Mitglied im Anbieterverband Breko, aus dem Netcologne schon vor eigenen Jahren ausgetreten war. Stattdessen hatte Netcologne zusammen mit anderen Regionalcarriern, die stark in den Aufbau eigener Netze investieren, den Bundesverband Glasfaser gegründet. Dieser kämpft allerdings ebenfalls für höhere Entgelte, insbesondere auf Vorleistungsebene.

Tatsächlich sind die Wünsche des Buglas von der Bundesnetzagentur in den letzten Jahren erhört worden: Die Entgelte für Festnetz-Vorleistungen wie die Teilnehmeranschlussleitung wurden eher erhöht als gesenkt. Die Folge: Macht die Telekom nun ein besonders günstiges Angebot an die Verbraucher wie in Köln, schließt sich die Preis-Kosten-Schere: Die Vorleistung - zum Beispiel der Bitstrom-Zugang - kostet dann (fast) genauso viel oder sogar mehr als das Endkundenprodukt. Wettbewerber, die nicht wie die Telekom oder Netcologne ein eigenes Netz betreiben, sondern Vorleistungen bei der Telekom oder Netcologne einkaufen müssen, haben dann keine Chance mehr zu bestehen.

Wettbewerb soll sein, auf vielen Ebenen

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Nun ist es erklärtes Ziel der Deregulierung, dass Wettbewerb auf dem Tk-Markt nicht nur zwischen Unternehmen stattfindet, die alle Stufen der Wertschöpfungskette selber betreiben und kontrollieren, sondern auch auf den einzelnen Stufen der Kette. Ein Anbieter, der den Betrieb der Tk-Infrastruktur nicht oder zumindest nicht besser beherrscht als der führende Anbieter, aber zum Beispiel bei Kundenakquise, Rechnungsstellung und der Erbringung des Service besser aufgestellt ist als dieser, soll dennoch eine Chance haben. In Köln hat er sie aber derzeit nicht.

Der zweite Grund, das Kölner Preisdumping der Telekom zu kritisieren, ist, dass es wahrscheinlich dazu dient, den Kölner Konkurrenten Netcologne kleinzuhalten. In anderen Großstädten wie Berlin oder Hamburg, wo die Telekom aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte die Anschlüsse eigentlich ähnlich günstig anbieten können müsste wie in Köln, bietet sie dennoch keinen so günstigen Preis. Somit entsteht der Verdacht, dass die Telekom bewusst Gewinne aus den anderen Großstädten verwendet, um Verluste in Köln zu kompensieren. Würde die Telekom in Köln hingegen ihre normalen Preise verlangen, würde Netcologne noch mehr Marktanteile gewinnen und folglich noch einen viel höheren Gewinn erwirtschaften. Im für die Telekom schlimmsten Fall könnte Netcologne diese Gewinne dann verwenden, um ihr Erfolgsmodell auf weitere Städte mit nur schwacher oder fehlender lokaler Telekom-Konkurrenz auszudehnen.

Die Bundesnetzagentur wird aus den genannten Gründen entscheiden müssen, wie sie mit der in Köln geschlossenen Preis-Kosten-Schere umgeht. Sie könnte zu dem Ziel kommen, dass aus Gründen, die in den Kölner Gegebenheiten liegen, dort Festnetz-Tk-Dienste besonders günstig angeboten werden können. Vielleicht können Leerrohre sehr günstig von der Stadt gemietet werden, vielleicht ist die Siedlungsstruktur für den Bau eines Festnetzes besonders günstig, vielleicht ist die Zahl der Anschlüsse im Vergleich zur Gesamtzahl an Einwohnern besonders hoch. Sollte es solche Kölner Besonderheiten geben, dann müsste die Bundesnetzagentur den Vorleistungspreis in Köln absenken. Ist das nicht der Fall, würde die Bundesnetzagentur wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass die Telekom in Köln unter den eigenen Kosten anbietet. Dann müsste sie die Telekom zur Preiserhöhung zwingen.

Egal, wie herum die Entscheidung ausfällt: Wichtig ist, dass sie zügig erfolgt. Große Teile der Regulierung wurden in den vergangenen Jahren so umgestellt, dass statt einer Vorab-Genehmigung von Entgelten nur noch eine nachträgliche Missbrauchsaufsicht stattfindet. Letztere ist aber nur dann ausreichend, wenn im Fall des Missbrauchs - wie er in Köln zu vermuten ist - schnell eingegriffen wird!

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