Appell

o2: Hohe Lizenzkosten fehlen beim Netzausbau

Das kommende Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz (TKG) sorgt für Aufre­gung in der Branche. Viele Spieler sehen die Gefahr, dass das neue Gesetz das Gegen­teil von dem erreicht, was eigent­lich gewollt ist.
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Valentina Daiber, Vorständin Recht und Corporate Affairs bei Telefónica Deutschland plädiert für mehr Netzausbau und weniger Lizenzkosten Valentina Daiber, Vorständin Recht und Corporate Affairs bei Telefónica Deutschland plädiert für mehr Netzausbau und weniger Lizenzkosten
Foto: Telefónica Deutschland
Das kommende Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz (TKG) sorgt für Aufre­gung in der Branche. Täglich kommen neue Pres­semit­tei­lungen, worin mit bewe­genden Worten die Gefahr beschrieben wird, dass das neue Gesetz das Gegen­teil von dem erreicht, was eigent­lich gewünscht wird.

Valen­tina Daiber nimmt für o2 Stel­lung

Valentina Daiber, Vorständin Recht und Corporate Affairs bei Telefónica Deutschland plädiert für mehr Netzausbau und weniger Lizenzkosten Valentina Daiber, Vorständin Recht und Corporate Affairs bei Telefónica Deutschland plädiert für mehr Netzausbau und weniger Lizenzkosten
Foto: Telefónica Deutschland
Valen­tina Daiber, seit 1999 bei VIAG-Interkom und heute Vorständin Recht und Corpo­rate Affairs bei Telefónica Deutsch­land (o2) schreibt unter anderem:

"Wenn wir eines brau­chen, um als Wirt­schafts­standort in Zukunft erfolg­reich zu sein, dann ist es eine erst­klas­sige Infra­struktur für Tele­kom­muni­kati­ons­leis­tungen. Die Corona-Pandemie hat uns zuletzt deut­lich vor Augen geführt, wie essen­ziell wichtig die Digi­tali­sie­rung für die gesamte Volks­wirt­schaft ist. Die Krise hat uns aber auch bewiesen, dass unsere Netze besser sind als ihr Ruf. Sie haben den Stress­test bestanden. Trotz aller Hemm­nisse der Vergan­gen­heit. Aber klar: Unsere Infra­struktur könnte noch um ein Viel­faches besser sein. Dazu müssen wir nur jetzt die rich­tigen Weichen stellen."

Sätze, welche die meisten sofort unter­schreiben können.

TKG muss an EECC ange­passt werden

Die Neure­gelung des TKG ist notwendig geworden, weil Deutsch­land den "Euro­päi­schen Kodex für Elek­tro­nische Kommu­nika­tion (EECC)", eine Art Euro-TKG in deut­sches Recht über­führen muss. Dafür muss das Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz grund­legend über­arbeitet werden.

Daiber appel­liert an die Politik, aus der Vergan­gen­heit die rich­tigen Lehren ziehen und "nicht einfach so weiter­zuma­chen wie bisher". Sie ist der festen Über­zeu­gung, dass ein recht­licher Rahmen die beste digi­tale Infra­struktur bauen ließe, ohne weiße Flecken.

Geld muss in Netze fließen

Ihre Lösung ist bestechend einfach: "Geld muss in die Netze fließen".

Damit greift die studierte Juristin ein Thema auf, was die Branche seit gut zwanzig Jahren beschäf­tigt. In dieser Zeit habe der Staat dem TK-Markt durch Frequenz­auk­tionen insge­samt mehr als 65 Milli­arden Euro entzogen, das Geld wäre besser in den Netz­ausbau inves­tiert worden.

Konkret fordert sie, aufzu­hören, der Tele­kom­muni­kati­ons­indus­trie Milli­arden Euro für ein Stück Papier zur Frequenz­nut­zung zu entziehen. Dann könne man nicht Jahre später fest­stellen, dass die Netze schlecht sind.

Das sei ledig­lich die Konse­quenz aus dem Aukti­ons­ver­fahren, da der Branche dann das Geld beim Ausbau fehle. Die Unter­nehmen der Branche könnten jeden Euro nur einmal inves­tieren. Entweder in den Erwerb ihrer „Licence to operate“ oder in den Ausbau. Beides gehe nicht. "Deshalb brau­chen wir drin­gend einen Kurs­wechsel."

Der Gesetz­geber hätte mit der TKG-Novelle die Möglich­keit, eine neue Rich­tung einzu­schlagen. Aber anstatt jetzt auf alter­native Verfahren bei der Frequenz­ver­gabe zu setzen, wolle die Bundes­regie­rung weiter Auktionen als bevor­zugtes Modell fest­schreiben. Und das, obwohl der euro­päi­sche Gesetz­geber mehr Flexi­bilität bei Verga­bever­fahren erlaube.

Dabei zeigten Studien, dass Länder mit nied­rigen Lizenz­gebühren über eine deut­lich bessere Netz­ver­sor­gung als Länder mit hohen Lizenz­gebühren verfügen. Beispiels­weise hat Frank­reich die Frequenzen ledig­lich gegen Ausbau­zusagen verlän­gert.

Gegen­über den 65 Milli­arden Euro, die der Staat bei Auktionen einge­nommen habe, würden nun fünf Milli­arden durch einen Infra­struk­tur­fonds "zumin­dest teil­weise" zurück an die Branche gegeben.

Einfa­cher und schneller wäre es gewesen, die Inves­titi­ons­mittel der Netz­betreiber von Anfang an in den Netz­ausbau anstatt in die Staats­kasse zu lenken. Denn nur mehr Inves­titionen in den Ausbau oder die Verbes­serung der tech­nolo­gischen Infra­struktur würden zu besseren Netzen führen.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Valen­tina Daiber spricht ein wich­tiges Thema an. Das Geld, was in Blät­tern von Papier für Lizenzen verschwindet, ist erst mal "weg", weil dafür nichts mehr gebaut werden kann.

Nun gibt es aber in den großen Unter­nehmen viele Anteils­eigner (Share­holder), denen eine flächen­deckende Versor­gung relativ "egal" ist, sie inter­essieren sich eher für Rendite. Wie kann man also wirksam verhin­dern, dass das für Lizenzen künftig gesparte Geld gleich an die Share­holder und nicht direkt in den Netz­ausbau fließt?

Es muss auch in Zukunft eine starke Regu­lie­rungs­behörde geben, die ausrei­chend Druck aufbauen kann, damit ordent­lich versorgt wird. Gerade o2 ist ein gutes Beispiel: Dank des Drucks aus Bonn und vermut­lich auch durch einen neuen tatkräf­tigen Technik-Chef hat o2 neue Kräfte entfes­selt, die den längst fälligen Netz­ausbau massiv beschleu­nigt haben.

Dieser Netz­ausbau muss immer und immer wieder auf den Prüf­stand. Echter Netz­ausbau muss sich für den Anbieter unterm Strich lohnen.

Der Chip-Netz­test beweist: o2 hat sich beim Netz­ausbau gewaltig gestei­gert, insge­samt liegt aber die Telekom weit vorne.

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