Neues TKG: Erschweren Provider jetzt die Kündigung? (Update)
Berichte über nicht gewährte Kündigungen nach dem neuen TKG
Bild: S Kautz15 - Fotolia.com, Bearbeitung: teltarif.de
Die neuen Regeln für Verbraucherverträge, die seit Dezember gelten, haben für Kunden von Handy- und Internet-Verträgen spürbare Verbesserungen gebracht. Sind beispielsweise die ursprünglichen 24 Monate Mindestvertragslaufzeit um, darf sich der Vertrag nicht mehr stillschweigend um 12 Monate verlängern, sondern nur noch für einen Monat - und das gilt explizit auch für Bestandsverträge.
Nun stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die Provider sich auch daran halten. Der SZ sind Fälle zu Ohren gekommen, in denen Provider sich offenbar nicht an die Regeln gehalten haben.
Bericht nennt insbesondere zwei Provider
Berichte über nicht gewährte Kündigungen nach dem neuen TKG
Bild: S Kautz15 - Fotolia.com, Bearbeitung: teltarif.de
In einem zusätzlichen Kommentar nennt der SZ-Autor beispielhaft mobilcom-debitel und 1&1, bei denen Kunden eine kürzere Kündigungsfrist verweigert worden sein soll. So einfach wie im Gesetz vorgesehen würden die Firmen ihre Kunden nicht gehen lassen, berichtet das Blatt.
Auch Verbraucherzentralen hätten bereits "von zahlreichen Fällen" berichtet, in denen Provider ihre Kunden nicht aus den Verträgen gelassen hätten - zum Teil mit der Begründung, das neue Recht gelte nicht für Bestandsverträge. Das Gesetz ist in dieser Hinsicht klar formuliert. In seinem Kommentar nennt der SZ-Autor dann allerdings auch Fälle, die mit dieser Thematik gar nichts zu tun haben, beispielsweise die skandalösen Vorgänge bei Vodafone mit Verbraucher- und Subventionsbetrug durch Shopbetreiber.
Das Problem mit der vorzeitigen Vertragsverlängerung
Gegenüber teltarif.de gab es seit Dezember keine Berichte von Fällen, in denen Verbrauchern eine Kündigung nach den neuen Regeln des TKG verwehrt worden wäre. Einen Aspekt des SZ-Berichts kann teltarif.de allerdings bestätigen. Einige Provider haben im Oktober und November nochmals bewusst Kunden angerufen und ihnen eine vorzeitige Vertragsverlängerung mit einem neuen 24-Monats-Vertrag schmackhaft gemacht. Haben die Kunden dem zugestimmt, können sie nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist natürlich nicht mehr mit Monatsfrist aus dem Vertrag ausscheiden.
Diese Masche ist nach dem neuen TKG inzwischen übrigens auch nicht mehr möglich, da nun eine Zustimmung des Kunden in Textform zu einem am Telefon geschlossenen Vertrag erforderlich ist, damit dieser überhaupt wirksam wird. Bis Ende November vergangenen Jahres ging das allerdings noch ohne Bestätigung in Textform.
Gleichzeitig beobachtet teltarif.de, dass Provider vermehrt das unsägliche Urteil des OLG Köln ausnutzen, nach dem in Ausnahmefällen doch Vertragslaufzeiten erlaubt sind, die länger als 24 Monate dauern. Entscheidet sich nämlich der Kunde auf eigenen Wunsch vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit für eine vorzeitige Verlängerung seines Vertrags (beispielsweise weil er ein neues Handy möchte), darf der Provider diesen Vertrag sofort an den Ursprungsvertrag anhängen - und das machen die Provider nach dem Urteil nun vermehrt, auch wenn ein voriges Urteil des LG Kiel etwas anderes suggeriert hatte.
Die Konsequenz aus dieser Masche kann eigentlich nur bedeuten, überhaupt keine vorgezogenen Vertragsverlängerungen mehr vorzunehmen. Stattdessen kann man den Vertrag einfach zum Ende der 24 Monate kündigen und wird dann gegebenenfalls sogar noch bessere Konditionen erhalten als bei einem ungekündigten Vertrag. Und wer die Kündigung vergessen hat, kommt anschließend problemlos mit Monatsfrist aus dem Vertrag.
Erste Stellungnahme von 1&1
Auf den Bericht der SZ angesprochen, schrieb uns 1&1:
1&1 hält sich an alle gesetzlichen Vorgaben, insbesondere auch an die des neuen TKG. Mit dem neuen TKG waren erhebliche Umstellungen in den Arbeitsabläufen und Prozessen erforderlich. Bei den neuen Arbeitsabläufen kann es im Einzelfall vorgekommen sein, dass Mitarbeiter im Kundenservice einen individuellen Fehler machten. Ein solcher Fehler ist bedauerlich, bedeutet aber nicht, dass gesetzliche Vorgaben grundsätzlich nicht eingehalten werden. Alle Mitarbeiter des Kundenservice wurden im Vorfeld des Inkrafttretens der TKG- Novellierung intensiv geschult. Darüber hinaus finden die Detail-Schulungen stetig ihre Fortsetzung; auch im Rahmen unserer generellen Schulungsmaßnahmen, die über das komplette Jahr fortlaufend durchgeführt werden.1&1 gesteht also ein, dass es immerhin unbeabsichtigt zu Fehlern bei der Bearbeitung von Kündigungen gekommen sei. Die freenet AG hatte zunächst bis Redaktionsschluss nicht auf unsere Anfrage zu den Anschuldigungen gegenüber mobilcom-debitel geantwortet.
Update 14:40 Uhr: Die Stellungnahme von mobilcom-debitel
Erst nach Erscheinen des obigen Artikels erreichte uns die folgende Stellungnahme der freenet AG, zu der mobilcom-debitel gehört:
Wir hätten sehr gern den im Artikel der Süddeutschen Zeitung beschriebenen Fall intern konkret geprüft. Das Medium war aber leider nicht bereit, uns den tatsächlichen Namen des Kunden und seine Rufnummer zur Identifikation in unserem System zur Verfügung zu stellen.Ende des Updates.Selbstverständlich gilt die mit dem 1.12.2021 in Kraft getretene TKG-Novelle auch für Bestandskunden von mobilcom-debitel. Vorherige Kündigungen hat das Unternehmen rechtmäßig nach der alten Rechtslage behandelt, zumal dies im Hinblick auf den bereits bestätigten Kündigungstermin im Regelfall auch im Kundeninteresse war. mobilcom-debitel als Mobilfunkanbieter kann nicht alle Kunden, die vor dem 1.12.2021 gekündigt haben, proaktiv mit einer wesentlich kürzeren Frist entlassen, wenn die Kunden von einer erst späteren Kündigung und folgenden Deaktivierung Ihres Mobilfunkanschlusses ausgehen. Eine vor der Änderung der Rechtslage ausgesprochene Kündigung ist aber grundsätzlich eine unmittelbar rechtsgestaltend wirkende einseitige Erklärung, die nicht einfach später vom Kunden erneuert oder zurückgenommen werden kann, sondern unmittelbar das Rechtsverhältnis mit Zugang beim Anbieter nach der Rechtslage, die zu diesem Zeitpunkt gilt, verändert.
Das in dem Artikel beschriebene Vorgehen entspricht nicht den Standardvorgaben im Unternehmen. Üblicherweise werden Kunden, die sich nach Wirksamwerden ihrer vor dem 01.12.2021 ausgesprochenen Kündigung noch einmal bei uns melden, um eine frühere Kündigung zu bewirken, auch mit Monatsfrist aus dem Vertrag entlassen.
Insofern gehen wir davon aus, dass der Sachverhalt des Kunden von dem Standardfall abweicht. Uns liegen aktuell keine Informationen zu weiteren Problemen dieser Art vor.
Gern hätten wir den Fall (wie eingangs erwähnt) noch einmal genau geprüft, um uns bei dem Kunden für die – auch aus unserer Sicht – unzufriedenstellende Bearbeitung seines Anliegens zu entschuldigen. Die Mitarbeiter der Kundenbetreuung werden selbstverständlich auch hinsichtlich neuer Vorgaben seitens des TKG umfassend geschult. Leider können wir aufgrund der Tatsache, dass uns die konkreten Informationen zu diesem Fall fehlen keine gezielt individuelle Nachschulungen im Rahmen der Kundenbetreuung veranlassen. Das Unternehmen nimmt – wie richtigerweise in dem Artikel beschrieben - die Sache in jedem Fall zum Anlass, im Rahmen des Qualitätsmanagements die Kundenbetreuung noch einmal ausdrücklich auf diesen Fall zu sensibilisieren.
Wer bei Handy, Internet und Festnetz ungerecht behandelt wird, steht nicht alleine da. Wir erläutern nicht nur, wie man bei der BNetzA, der Verbraucherzentrale oder einem Anwalt Hilfe bekommt, sondern geben auch Tipps zur Selbsthilfe.