Interview

o2: "Investieren bis 2022 vier Milliarden Euro ins Netz"

Die neuen o2-Tarife und der 5G-Netz­ausbau stehen aktuell bei Telefónica im Fokus. Unter anderem darüber spre­chen wir mit Dr. Verena Grundke, Leiterin B2C Customer Marke­ting bei Telefónica Deutsch­land.
Von Björn König

Foto: Telefónica Deutschland Dr. Verena Grundke leitet das B2C Customer Marketing bei Telefónica Deutschland
Foto: Telefónica Deutschland
Der 5G-Ausbau steht aktuell bei Telefónica im Mittel­punkt. Dafür nehmen die Münchener viel Geld in die Hand, bis 2022 sollen insge­samt vier Milli­arden Euro in das o2-Netz fließen. Auch zum Thema Neben­kos­ten­pri­vileg bei Kabel­anschlüssen sowie den poli­tisch umstrit­tenen Lauf­zeiten von Tele­kom­muni­kati­ons­ver­trägen hat der Netz­betreiber eine klare Posi­tion. Darüber spre­chen wir mit Dr. Verena Grundke, Leiterin B2C Customer Marke­ting bei Telefónica Deutsch­land.

teltarif.de: Frau Dr. Grundke, bislang hatten Kunden die Qual der Wahl. Inter­net­zugang über DSL, Kabel, Glas­faser oder das Mobil­funk­netz. Bei o2 gibt es nun alle Optionen aus einer Hand und das zum glei­chen Preis. Warum war es Ihnen wichtig, ein solches Angebot auf den Markt zu bringen?
Verena Grundke: Wir wollen dem Kunden den Zugang zur digi­talen Welt so einfach wie möglich machen. Bei uns findet der Kunde alle verfüg­baren Zugangs­tech­nolo­gien, und das auf einen Blick. Durch unsere Part­ner­schaften und in Kombi­nation mit unserem mobil­funk­basierten HomeSpot als Fest­netz­ersatz erreicht o2 perspek­tivisch mehr Haus­halte mit schnellem Breit­band als irgendein anderer Anbieter. Wir sind prak­tisch ein One-Stopp-Shop über alle Tech­nolo­gien. Wir haben dafür auch die Tarif­struktur radikal verein­facht. Inter­essierte müssen nicht mehr mühsam auf unter­schied­lichen Seiten die verschie­denen Tarife pro Tech­nologie verglei­chen. Die meisten Kunden sind auch deut­lich weniger tech­nolo­gie­getrieben als allge­mein ange­nommen. Wie unsere jüngste Studie zeigt, ist es der Mehr­heit egal, ob sie zuhause über DSL, Kabel, Glas­faser oder 4G/5G surft. Es zählt viel­mehr ein stabiles und schnelles Internet zum bezahl­baren Preis. Deshalb entlasten wir auch hier die Kunden. Online wie offline schlagen wir ihnen zudem die für sie opti­male Tech­nologie für ihr Zuhause-Internet vor.

Foto: Telefónica Deutschland Dr. Verena Grundke leitet das B2C Customer Marketing bei Telefónica Deutschland
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teltarif.de: Leider haben die neuen o2 my Home-Tarife auch ein Manko: Die kosten­lose Flat­rate in alle Mobil­funk­netze fiel ersatzlos weg. Dies wurde von einigen Kunden kriti­siert. Warum kam es zu dem Schritt?
Verena Grundke: Markt­stan­dard in diesem Tarif­seg­ment ist eine Telefon-Flat­rate ins deut­sche Fest­netz. Diesen liefern alle o2 my Home Tarife. Das Angebot ist aber im Sinne des Kunden flexibel. Für einen sehr fairen Preis kann er eine Tele­fonie-Flat­rate in alle deut­schen Mobil­funk­netze hinzu­buchen.

teltarif.de: Das Kabel­netz ist im Gegen­satz zu DSL oder Glas­faser ein Shared Medium. Mit anderen Worten: Alle Kunden teilen sich die Band­breite. Voda­fone hatte hier mit Kapa­zitäts­pro­blemen zu kämpfen und will nun Inves­titionen für Glas­faser in sein Kabel­netz umwidmen. Mit zusätz­lichen o2-Kunden wird es noch enger. Wie wollen Sie gewähr­leisten, dass alle Ihre Kunden egal über welchen Zugangsweg die gleiche Netz­qua­lität bekommen?
Verena Grundke: Wir sind schon aufgrund der vertrag­lichen Verein­barungen sicher, dass unsere Partner uns stabil leis­tungs­starke Fest­netz­infra­struk­turen bereit­stellen. Das gilt für Kabel genauso wie für DSL und Glas­faser. Außerdem schlagen wir unseren Kunden die beste Tech­nologie für ihre Bedürf­nisse vor. Im o2 Shop und an der Hotline beraten sie hierzu geschulte Mitar­beiter. Auf dem o2 Portal und in der "Mein o2" App gibt ein digi­tales Tool Hilfe­stel­lung bei der Produkt­wahl. Die Kunden haben dabei natür­lich das letzte Wort. Bevor­zugen sie eine bestimmte Tech­nologie, stellen wir diese gerne bereit, sofern sie an ihrem Wohnort verfügbar ist.

teltarif.de: Unab­hängig von tech­nischen Fragen wird beim Kabel­netz aktuell über das soge­nannte "Neben­kos­ten­pri­vileg" disku­tiert. Sollten Vermieter nach Ihrer Ansicht weiterhin anfal­lende Kosten für den Kabel­anschluss über die Neben­kosten auf Mieter umlegen dürfen?
Verena Grundke: Das Neben­kos­ten­pri­vileg ist eine Rege­lung aus den 80er Jahren. Ziel war seiner­zeit, die Kabel­anschlüsse zu verbreiten. Dieses Ziel ist mitt­ler­weile längst erreicht. Zugleich gibt es zahl­reiche Ange­bote für den Fern­seh­emp­fang, die erheb­lich güns­tiger sind. Wir bieten beispiels­weise TV übers Internet für fünf Euro pro Monat an – mit über 100 deutsch­spra­chigen Sendern. Aber Mieter, die ihren Kabel­anschluss zwangs­weise über Neben­kosten bezahlen müssen, werden so ein Produkt trotz des güns­tigen Preises niemals bestellen. Das bedeutet, dass der Wett­bewerb auf dem Fern­seh­markt durch das Neben­kos­ten­pri­vileg klar einge­schränkt wird. Niemand will doppelt bezahlen. Deshalb ist es aus unserer Sicht absolut gerecht­fer­tigt, das Neben­kos­ten­pri­vileg langsam aber sicher auslaufen zu lassen.

teltarif.de: Der Glas­faser­ausbau ist bei Telefónica ein großes Thema. Gemeinsam mit der Allianz haben Sie ein Joint Venture gegründet, um Haus­halte direkt mit FTTH-Anschlüssen zu versorgen. Doch auch ein flächen­deckender 5G-Ausbau ist schon eine erheb­liche Heraus­for­derung, welche mit hohen Inves­titionen verbunden ist. Zumal es ja auch im 4G-Netz noch Lücken gibt, die versorgt werden müssen. Wäre es nicht sinn­voller, sich zunächst auf eine Tech­nologie zu konzen­trieren?
Verena Grundke: Wir als Telefónica Deutsch­land / o2 fokus­sieren uns weiter auf den Mobil­funk­ausbau. Bis 2022 inves­tieren wir insge­samt vier Milli­arden Euro in den Ausbau unseres o2 Netzes. Und das mit Erfolg, wie die letzten Netz­tests und hier insbe­son­dere das "Sehr gut" des "connect"-Maga­zins gezeigt haben. Das war auch für die Marke o2 ein Meilen­stein. Unser o2 Netz ist auf Augen­höhe mit den anderen Netz­betrei­bern. Eine leis­tungs­starke 4G- und 5G-Versor­gung ist auch wichtig für unseren o2 HomeSpot. Von diesem profi­tieren Kunden insbe­son­dere auch dort, wo kein schnelles Fest­netz verfügbar ist. An der Glas­faser­gesell­schaft "Unsere grüne Glas­faser" (UGG) betei­ligen wir uns als deut­sche Gesell­schaft ledig­lich mit einem Minder­heits­anteil, um am erwar­teten Geschäfts­erfolg zu parti­zipieren. In erster Linie werden wir Kunde der UGG, um wiederum unsere Kunden mit schnellem Glas­faser­netz in der Breite versorgen zu können. Grund­sätz­lich gilt: Beim Fest­netz­angebot setzen wir auf starke natio­nale Partner wie die Deut­schen Telekom, Voda­fone oder Tele Columbus, aber auch auf regio­nale Anbieter wie vitro­con­nect/EWE TEL, wilhelm.tel und zukünftig UGG. Über deren Infra­struktur und unser o2 Netz reali­sieren wir unsere o2 my Home Produkte.

teltarif.de: Zwar wird viel über die Notwen­dig­keit von Glas­faser gespro­chen, Fakt ist jedoch auch: Die meisten Inter­net­nutzer in Deutsch­land gehen weiterhin über DSL ins Netz, und das wird sich so schnell auch nicht ändern. Hier ist aber bei Band­breiten um 250 MBit/s in der Regel Schluss. Welche Rolle spielt DSL für Privat­kunden in der weiteren Stra­tegie von Telefónica?
Verena Grundke: DSL bleibt mittel­fristig eine wich­tige Zugangs­tech­nologie, da der Glas­faser­ausbau in Deutsch­land Zeit braucht. Und DSL-Band­breiten reichen weiterhin komfor­tabel für alle Anwen­dungen aus. Man sollte nicht vergessen, dass es noch viele Gegenden in Deutsch­land gibt, in denen für das Zuhause-Internet nur deut­lich gerin­gere Geschwin­dig­keiten zur Verfü­gung stehen

teltarif.de: Wett­bewerber wie 1&1 setzen beim Thema Glas­faser auf Open Access-Modelle. Dies kann die Verfüg­bar­keit von FTTH deut­lich erhöhen und vorhan­dene Glas­faser­netze besser auslasten. Werden o2 Privat­kunden künftig unab­hängig vom eigenen Ausbau bundes­weit Glas­faser über Koope­rati­ons­partner bekommen?
Verena Grundke: Auch wir setzen auf Open Access-Modelle, damit möglichst viele o2 Kunden profi­tieren. Die UGG steht übri­gens in beson­derer Weise für Open Access, denn sie wird die ausge­bauten Glas­faser­anschlüsse ausschließ­lich via Whole­sale anbieten.

teltarif.de: Ein anderes, aber ebenso aktu­elles poli­tisches Thema sind derzeit Vertrags­lauf­zeiten bei Tele­kom­muni­kati­ons­ver­trägen. Die Justiz­minis­terin will diese auf maximal ein Jahr begrenzen, das Wirt­schafts­minis­terium war zunächst dagegen. Bei o2 ist das sicher­lich kein beson­deres Thema, da Sie ohnehin bereits alle Verträge mit flexi­bler Lauf­zeit anbieten. Dennoch, wie bewerten Sie die Debatte?
Verena Grundke: Es stimmt, bei uns hat der Kunde immer die Wahl. Wir sind davon über­zeugt, dass dies zu mehr Kunden­zufrie­den­heit führt. Unserer Erfah­rung nach entscheidet sich der Groß­teil der o2 Kunden für Tarife, die 24 Monate laufen. Sie schätzen die Preis­sta­bilität über zwei Jahre und profi­tieren gerne davon, dass sie durch den Paket­preis bei den Endge­räten sparen. Deshalb ist es wichtig, solche Tarife weiterhin anbieten zu können. Wer aber lieber flexibel bleiben möchte, erhält bei uns als einzigem Netz­betreiber im deut­schen Markt auch Verträge, die sich monat­lich kündigen lassen. Dies gilt sowohl für den Fest­netz- als auch den Mobil­funk­bereich. Daher ist die geplante Ände­rung aus meiner Sicht unnötig und wir hoffen, dass es letzt­lich einen guten Kompro­miss im Gesetz geben wird.

teltarif.de: Die Deut­sche Telekom setzt mit MagentaEINS Plus auf ein All-Inclu­sive Paket aus DSL-Anschluss und unli­mitierter Mobil­funk­flat­rate zu einem Preis­punkt ab 80 Euro. Für Telekom-Verhält­nisse ist das durchaus ein Schnäpp­chen, jedoch dürfte man bei Einzel­buchung im o2-Netz noch güns­tiger fahren. Einen Tarif mit unli­mitierter Daten­flat­rate gibt es bei Ihnen schon ab unter 30 Euro und auch beim DSL-Anschluss kann man für den glei­chen Preis einsteigen. Planen Sie weiterhin entspre­chende Kombi­nati­ons­ange­bote?
Verena Grundke: Wir haben bereits einen konver­genten Tarif, den o2 my All in One, für knapp 80 Euro. Kunden können damit auch bis zu zehn mobile Endge­räte mit unbe­grenztem Daten­volumen betreiben. Hinzu kommen, wie Sie sagen, die einzelnen unli­mitierten Tarife mit verschie­denen Band­breiten, die zum Teil noch güns­tiger sind. Konver­gente Ange­bote spielen für unsere stra­tegi­schen Tarif­über­legungen weiterhin eine große Rolle. Aktuell nutzen bereits etwa 60 Prozent unserer Mobil­funk­kunden ein zweites o2 Produkt, und viele profi­tieren von unserem flexi­blen Kombi­vor­teil auf das zweite Produkt. Diese Zahl wollen wir stei­gern, indem wir unseren Kunden weitere smarte Lösungen für ihren kompletten digi­talen Alltag liefern. Kombi­nati­ons­ange­bote sind ein guter Hebel, dieses Ziel zu errei­chen.

teltarif.de: Abschlie­ßend noch eine Frage zum Thema o2 TV: Ihr Koope­rati­ons­partner waipu.tv hat kürz­lich ein attrak­tives Pay TV-Paket an den Start gebracht. Bekommen auch Ihre Fest­netz- und Mobil­funk­kunden das erwei­terte Sender­angebot?
Verena Grundke: Ja, aber wir gehen einen etwas anderen Weg. Erst einmal machen wir unseren o2 TV Kunden ein beson­deres Angebot für die Winter­zeit. Bis einschließ­lich 2. Februar 2021 ist das neue Pay-TV-Paket mit 46 Sendern für alle frei zugäng­lich. Anschlie­ßend führt es aber dann nicht als fester Bestand­teil des TV-Ange­bots zu einem höheren Grund­preis. Die o2 TV Preise bleiben gleich. Das Pay-TV-Paket ist flexibel zur o2 TV Option hinzu­buchbar. Das kostet monat­lich 6,99 Euro und lässt sich nach der Mindest­ver­trags­lauf­zeit von einem Monat täglich kündigen.

teltarif.de: Frau Dr. Grundke, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Dr. Verena Grundke
Dr. Verena Grundke ist seit 20 Jahren vor allem in der Tele­kom­muni­kations-Indus­trie tätig. Zunächst als Unter­neh­mens­bera­terin bei BCG, danach Deut­sche Telekom (Zentrum Whole­sale) und seit Mai 2018 bei Telefónica Germany / o2. Dort zeichnet sie verant­wort­lich für das B2C Customer Marke­ting (o2 und Blau, Mobil­funk und Internet@Home, Neu- und Bestands­kunden). Die gebür­tige West­fälin hat an der West­fäli­schen Wilhelms-Univer­sität Münster studiert und ihre Disser­tation zum Thema Konsu­men­ten­bud­gets für Mobil­funk­dienste am Lehr­stuhl für Marke­ting an der Univer­sität Hohen­heim abge­legt. Sie lebt in München, ist verhei­ratet und hat zwei Kinder.

In einem weiteren Inter­view spra­chen wir mit Telefónica-Bereichs­leiter Markus von Böhlen über o2 TV.

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