Editorial: Privileg für Vermieter und Kabelnetzbetreiber?
Nebenkostenprivileg auf dem Prüfstand
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Derzeit ringen die Lobbyisten kräftig um das Nebenkostenprivileg: Dieses
erlaubt es Vermietern, die Kosten für den Betrieb einer
Fernseh-Empfangsanlage - in der Regel ist das ein Anschluss an das
Breitbandkabelnetz inklusive der hausinternen Verteilanlage - direkt
mit den Nebenkosten abzurechnen. Diese schon vor Jahrzehnten zur
Beschleunigung des Ausbaus des damals noch analogen Breitbandkabels
eingeführte Regelung hat zunächst einmal einige Vorteile: Für die Mieter
sind die Monatsgebühren bei dieser Variante meist deutlich geringer, als
wenn sie direkt einen eigenen Kabelanschluss beauftragen. Die
Kabelnetzbetreiber brauchen sich hingegen nicht um einzelne Kundenverträge
kümmern, und die Vermieter bekommen dafür, dass sie die Anlage warten,
auch noch etwas vom Umsatz ab.
Leider ist auch die Liste der Nachteile lang. Meist verbieten die Vermieter den Mietern mit dem Hinweis auf den bereits vorhandenen "kostenlosen" Kabelanschluss die Installation privater Satellitenantennen. Wem aber die freien Basisprogramme im Basispaket des Kabelnetzbetreibers nicht ausreichen, der muss dann doch kostenpflichtig Extra-Pakete kaufen oder auf (für Spartensender so gut wie immer) kostenpflichtiges IP-TV zurückgreifen. Dadurch sinkt die Ersparnis im Vergleich zur individuellen Beauftragung des Kabelanschlusses oder verkehrt sich gar ins Gegenteil. Und wer sich sowieso bereits komplett vom linearen Fernsehen verabschiedet hat, der muss den ungenutzten Kabelanschluss dennoch bezahlen.
Am Ende ist das Nebenkostenprivileg also eine Geldumverteilmaschine: Diejenigen, die den Anschluss in der vom Vermieter bereitgestellten Form nicht brauchen, zahlen für die mit, für die genau dieser Anschluss ideal ist. Im Sinne des Wettbewerbs ist das eher nicht, und von daher hat die Monopolkommission schon vor Jahren empfohlen, diese antiquierte Regelung zu streichen. Angesichts einer anstehenden TKG-Novelle soll das jetzt tatsächlich passieren, mit einer fünfjährigen Übergangsfrist bis Ende 2025.
Alternative: Der Vermieter stellt sogar den Internetzugang
Nebenkostenprivileg auf dem Prüfstand
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Nun gehört in Sammelunterkünften die Bereitstellung der Anschlüsse an
die öffentlichen Netze regelmäßig zu den Pflichten des Vermieters:
Wasser, Abwasser, Müllabfuhr oder Fernwärme werden vom Vermieter
bereitgestellt und in den meisten Fällen nach zentralen Umlageschlüsseln
(z.B. nach Wohnfläche) und mitnichten nach individuellem Verbrauch für alle
abgerechnet. Nur bei Fernwärme (aber auch da zu höchstens 60 Prozent) und
Strom ist die Individualabrechnung üblich. Es ist
in Mietwohnungen also normal, dass der Single, der kaum zu Hause
ist, den Wasserverbrauch und die Müllproduktion der Familie nebenan
anteilig mitfinanziert. Da stellt der Kabelanschluss keinen wesentlichen
Systembruch dar, zumal er meist nur wenige Euro im Monat kostet.
In Hotels ist es zudem inzwischen üblich geworden, dass der "Vermieter" nicht nur Fernseher und Kabel-TV, sondern auch einen Internetzugang bereitstellt, dessen Kosten mit dem Zimmerpreis abgegolten sind. Dasselbe gilt für Unterkünfte, die wochen- oder monatsweise vermietet werden. Ein zentral installiertes WLAN hat auch einige Vorteile: Das beginnt schon mit der Kanalaufteilung, die man beim vom Vermieter installierten WLAN so planen kann, dass es möglichst wenig Interferenzen gibt. Die insgesamt zur Verfügung stehende Bandbreite wird auch effizienter ausgenutzt, wenn mehrere Nutzer sich diese teilen, als wenn jeder sich einen Gigabit-Anschluss legen lässt, der dann die meiste Zeit doch brach liegt.
Andererseits ist Ärger vorprogrammiert, wenn rauskommt (oder einfach nur als Gerücht gestreut wird), dass der "Powersauger im Erdgeschoss" den Mietern über ihm die Bandbreite klaut. Auch ist eine heute zeitgemäß aufgebaute Breitbandversorgung möglicherweise schon in drei bis fünf Jahren hoffnungslos veraltet. Für investitionsscheue Vermieter, die nach der initialen Anschaffung des Hauses "ihre Ruhe haben wollen" ist die Übernahme des Breitbandanschlusses für alle Mieter also eher nichts.
Zudem geht der Trend auch bei Mietwohnungen zunehmend zur Einzelabrechnung: Neubauten sind beispielsweise so gut wie immer mit Kalt- und Warmwasserzählern ausgerüstet. Die bereits genannten starken Unterschiede im individuellen TV- und Internet-Bedarf sprechen daher auch hier für eine Einzelabrechnung, die dann am besten nicht vom Vermieter, sondern vom jeweiligen Lieferanten der Dienste vorgenommen wird. Es ist also durchaus im Sinne des Wettbewerbs, das Nebenkostenprivileg auslaufen zu lassen. Und ja, 2025 werden die Kabelnetzbetreiber schon gezwungen sein, den bisherigen "Nebenkostenkunden" ein attraktives Angebot zu machen, wenn sie diese behalten wollen.