Sensibel

Weniger Stress? WLAN nachts aus in Ravensburg & Wangen

Es gibt Menschen, die glauben Strah­lung von WLAN-Sendern fest­stellen zu können. Um diese Gruppe zufrie­den­zustellen, werden einige öffent­liche WLANs nachts ausge­schaltet.
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Auf Wunsch von strah­len­sen­siblen Bürger­initia­tiven schalten die Städte Wangen (Allgäu) und Ravens­burg (unser Bild) ihr öffent­liches WLAN nachts aus. Darüber berich­teten die Schwä­bische Zeitung, der öffent­lich-recht­liche Radio- und TV-Sender SWR und das Online-Portal heise.de.

WLAN erzeugt Stress

Die Strahlen-Kritiker, wie der Verein diagnose:funk, feiern das als Sieg. In einer Pres­semit­tei­lung erklärt diagnose:funk, dass WLAN-Strah­lung "oxida­tiven Zell­stress" erzeugen könnte, ferner Erbgut-Schäden auslösen und Krebs fördern. Zwei neue Studien würden "diese kommu­nal­poli­tische Vorsor­gepo­litik unter­mauern und bestä­tigen".

Im Tier­expe­riment konnte lang­fris­tige WLAN-Bestrah­lung zu "oxida­tivem Zell­stress" führen. Das bedeutet, dass Sauer­stoff­radi­kale in den Zellen z.B. die Erbsub­stanz DNA angreifen können. Als Folge stellten die Wissen­schaftler auch vermehrt Krebs bei den Tieren fest. Dabei kamen aber Sende­leis­tungen zum Einsatz, wie sie im realen WLAN-Betrieb niemals auftreten. Für diagnose:funk hemme die "WLAN-Strah­lung" krebs­unter­drü­ckende Reak­tionen des Körpers und fördere die krebs­pro­movie­rende Wirkung.

Schlechtes Gedächtnis

Und nicht nur das: WLAN-Strah­lung würde Lernen und Gedächtnis verschlech­tern, die Frucht­bar­keit schä­digen und Krebs auslösen. Oxida­tiver Zell­stress könne aber auch durch das Pestizid Glyphosat oder durch Fein­staub ausge­löst werden. „Wir alle wollen ruhig schlafen und gesund leben“, erklärt Jörn Gutbier, Vorsit­zender von diagnose:funk, und findet es daher "richtig, wenigs­tens nachts das WLAN abzu­schalten".

Ravens­burg und Wangen vorbild­lich?

Was Ravens­burg und Wangen hier vormachten, sei vorbild­lich für andere Kommunen. Auch zu Hause sei es möglich, das WLAN nachts abzu­schalten: "Am einfachsten per Tasten­druck am Router. Wer nicht jeden Abend daran denken will, kann in den Einstel­lungen des WLAN-Routers per Zeit­steue­rung die Abschal­tung auto­mati­sieren." Dann bekomme der Körper wenigs­tens eine nächt­liche Verschnauf­pause, um sich vom WLAN-Stress zu erholen.

diagnose:funk empfiehlt insge­samt, das WLAN komplett durch Verka­belung zu ersetzen, wo immer dies möglich sei: Mit USB-LAN-Adap­tern lassen sich Smart­phones, Tablets, Laptops und andere Geräte per LAN-Kabel am Router anschließen. Das garan­tiert eine unter­bre­chungs­freie und schnel­lere Verbin­dung ins Internet und verschaffe dem Körper zu Hause Erho­lung.

Als Alter­native zum WLAN per Funk empfiehlt diagnose:funk die Licht­technik, die eine kabel­lose Daten­über­tra­gung erlaubt und eine Entwick­lung des Fraun­hofer Hein­rich-Hertz-Insti­tuts ist. Erste Schulen würden diese Tech­nologie ("LiFi") bereits erfolg­reich einsetzen, im Handel ist sie derzeit aber noch kaum erhält­lich.

Viele Studien

Wer sich durch die Studien durch­arbeiten möchte: Frucht­fliegen wurden auf 2,45 GHz (typi­sche WLAN-Frequenz) bestrahlt. Kann Hoch­fre­quenz "die miR-34a-vermit­telte Regu­lie­rung von Uhr-Genen in einer Darm­krebs­zell­linie (DLD1)" beein­flussen?

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wenn es kein (kosten­loses) WLAN gibt, kann das wirk­lich Stress erzeugen. Beson­ders, wenn man kein ausrei­chendes Daten­volumen in seinem Mobil­funk­ver­trag hat. Die städ­tischen WLANs sind meist in öffent­lichen Gebäuden oder bedingt auf belebten Plätzen empfangbar, da soll nachts "Ruhe" sein und viel­leicht spart es auch ein biss­chen Strom. Der strah­len­sens­bile Bürger wird die Abschal­tung ansonsten sicher nicht bemerken, außer in seinem subjek­tiven "Gefühl".

Aber auch die diagnose:funk hat Recht: Den eigenen Computer oder Laptop über ein klas­sisches Ethernet-LAN-Kabel zu verbinden, ist eine sehr gute Idee. Diese Kabel-Verbin­dungen sind oft schneller und stabiler. Nur muss dazu der Router passend im Raum stehen und per Kabel für den Computer oder Laptop auch erreichbar sein.

Oft ist die WLAN-Funk­ver­bin­dung in der Wohnung viel zu schlecht. Da wären geschickt verteilte WLAN-MESH-Repeater ein Option, was natür­lich die Strah­lung scheinbar "erhöht", genauer es verbes­sert sie und das ist dann auch stress­freier.

Beim (nächt­lichen) Abschalten des WLANs ist Vorsicht geboten. Wenn der Router im Haus auch wich­tige Dinge wie z.B. Heizungs­ther­mostate, Rauch­melder oder Einbruch­melde-Systeme per Funk versorgt, wären diese Funk­tion dann nachts auch unter­bro­chen - mit unge­wollten "Neben­wir­kungen".

Die Idee des Bundes­amtes für Strah­len­schutz (BfS) ist besser: Wer meint, sensibel auf Strah­lung zu reagieren, kann seine Endge­räte wie Handys oder Tablets nachts ausschalten oder weiter weg legen. Wenn Sie nachts schlecht schlafen können, kann das viel­leicht auch an einer zu hohen Raum­tem­peratur oder schlechter Luft liegen.

Der Deut­sche Bundestag hat fest­gestellt, dass eine Risi­kobe­wer­tung von Hoch­fre­quenz nicht möglich ist.

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