Breitband

VDSL: Ein Phantom wird besichtigt

Vielversprechende Zukunftstechnologie oder Milliardengrab?
Von Marie-Anne Winter

Wie schon geschrieben besteht das VDSL-Netz aus einer Kombination des herkömmlichen, Kupferkabel-basierten Telefonnetzes mit Glasfaserkabeln. Ziel ist, die Vorteile beider Technologien miteinander zu verbinden: Kupferkabel sind robust und leicht zu verlegen, während Glasfaserkabel sehr hohe Bitraten zulassen. Will etwa der Endkunde den VDSL-Anschluss vom Arbeits- ins Wohnzimmer umziehen, kann er die dafür benötigten Kabel und Telefondosen überall erwerben und selber montieren.

Doch haben Kupferkabel das Problem der Dämpfung: Je höher die Frequenz, desto kürzer die maximale Leitungslänge, nach der die Signale sich "totgelaufen" haben. Denn bei höheren Frequenzen werden über den so genannten Skineffekt die stromleitenden Teilchen (die Elektronen) in einen immer dünneren Bereich am Rand des Kupferdrahtes gedrängt. Bei 30 MHz, der höchsten von VDSL benutzten Frequenz, wird effektiv nicht einmal mehr ein Zehntel des typischen Telefonkupferkabels mit 0,8 Millimeter Durchmesser genutzt. Der Widerstand steigt, die maximale Reichweite, über die noch ein vernünftiges Signal beim Empfänger garantiert werden kann, sinkt. Bessere Kabel würden den Skineffekt zwar mindern, doch würden diese eine aufwändige Neuverlegung erforderlich machen. VDSL-Multifunktionsschrank

Hinzu kommt dann noch das Problem des Übersprechens: Jedes Kupferkabel wirkt auch wie eine Sende- und Empfangsantenne. Je höher die Frequenz, desto stärker auch hier der Effekt. VDSL-Signale aus benachbarten Kabeln, die im selben Strang laufen, können sich somit gegenseitig überlagern. Im schlimmsten Fall kann das VDSL-Modem aus dem "Stimmen-Wirrwarr" nicht mehr das Signal herausfiltern, das für es selber bestimmt ist.

Komponenen für Glasfasernetze sind teuer

Über eine hauchdünne Glasfaser können hingegen noch viel, viel höhere Bitraten ohne Verstärker über Dutzende oder gar hunderte von Kilometern übertragen werden, und das ohne Übersprechprobleme. Stand der Technik sind hier 10 000 bis 40 000 MBit/s, nochmals vielfach höhere Bitraten sind durch Einsatz verschiedenfarbigen Lichts oder künftig auch durch bessere Transceiver mit nur einer Farbe möglich. Doch Glasfasern sind wahrhaft spröde Zeitgenossen: Einmal zu stark geknickt, und die Faser ist gebrochen und muss aufwändig mit Spezialgerät gespleißt werden. Dasselbe gilt, wenn man zwei Kabel miteinander verbinden will. Wegen niedrigerer Stückzahlen sind auch die Sende- und Empfangseinheiten ("Transceiver") an den beiden Faserenden teuer. Aus den genannten Gründen wird bei VDSL das Glasfasernetz nur bis zum Verteilerkasten gebaut; der Endkunde kommt damit nicht in Berührung.

Um die für VDSL vorgesehenen Bitraten von 25 MBit/s bis in der Spitze 200 MBit/s zu erreichen, wird ein breites Frequenzband zwischen 300 kHz und 30 MHz verwendet. Dieses wird wie schon bei "normalem" ADSL bzw. ADSL2+ in viele schmale Trägerbänder unterteilt - bei VDSL sind es 4 096. Das Verfahren heißt "Discrete Multitone Transmission", kurz DMT. Für jeden dieser "Kanäle" wird einzeln die Qualität gemessen und dann die jeweilige Bitrate festgelegt. Die Bitrate wird bei Bedarf auch während des Betriebs laufend angepasst.

Aufgrund der vorgenannten Kabeleigenschaften gilt: Je länger das Kabel, desto mehr der hohen Kanäle werden nur eine geringe Bitrate oder gar keine Übertragung mehr zulassen. Somit bleibt VDSL auch bei hohen Kabellängen (einige Kilometer) einsetzbar, nutzt dann aber praktisch nur noch dieselben Frequenzkanäle und erreicht nur geringfügig bessere Gesamtbitraten wie ADSL(2+). Über einen Frequenzplan legt der Betreiber fest, welche Kanäle bevorzugt verwendet werden, oder welche überhaupt nicht zum Einsatz kommen dürfen. So ist es beispielsweise möglich, bewusst hohe Frequenzen zu bevorzugen, um Störungen und Wechselwirkungen mit "herkömmlichem" ADSL(2+) auf ein Minimum zu reduzieren. Erhöht sich die Dichte der VDSL-Kunden, könnte die wieder verstärkte Nutzung auch der niedrigen Frequenzen vorteilhaft sein, um die Störungen zwischen VDSL-Kunden untereinander zu verringern.

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