Breitband

VDSL: Ein Phantom wird besichtigt

Vielversprechende Zukunftstechnologie oder Milliardengrab?
Von Marie-Anne Winter

Auch aufgrund der schwierigen politischen Lage dürfte der VDSL-Netz-Ausbau zumindest teilweise langsamer als geplant vorangeschritten sein. Die deutsche Bundesregierung will das VDSL-Netz der Telekom aus der Regulierung herausnehmen, das entsprechende Gesetz wurde bereits durch den Bundesrat bestätigt. Brüssel sieht in dem neuen Gesetz allerdings einen Verstoß gegen entsprechende EU-Vorgaben und bereitet dementsprechend ein Vertragsverletzungsverfahren vor. Auch die USA sollen wegen des Marktschutzes für die Deutsche Telekom über eine Klage bei der Welthandelsorganisation nachdenken.

Die Telekom ihrerseits drohte bereits mehrfach mit einem Investitionsstopp, sofern ihr Highspeed-Netz nicht aus der Regulierung herausgenommen werde. Das Unternehmen hat sich mit seinen Forderungen weitgehend durchsetzen können. Doch auch die Wettbewerber denken ihrerseits über entsprechende Schritte nach - denn wenn ihnen der Zugang zu den kundennahen Kabelverzweigern (KVZ) am Straßenrand verweigert werde, würden sich Investitionen ins eigene Netz für sie nicht mehr rechnen.

Ein weiteres Argument der Wettbewerber ist, dass mit VDSL auch nur Dienste möglich seien, die schon per ADSL2+ oder Fernsehkabel realisiert werden können. Damit sei VDSL auch kein "neuer Markt", der mit einer entsprechenden Herausnahme Regulierung geschützt werden könne. Das sieht die EU-Kommission ähnlich. Vorteil bei ADSL2+ ist, dass dieser Standard auf die bisherige DSL-Infrastruktur aufgesetzt werden kann. Mit ADSL2+ sind Datenraten bis zu 25 MBit/s möglich, allerdings werden derzeit nur Anschlüsse mit geringeren Geschwindigkeiten vermarktet. Anbieter wie 1&1, AOL, Arcor oder HanseNet haben zunächst auf 16-MBit/s-Anschlüsse gesetzt, auch Versatel ist nach einem Versuch mit 20-MBit/s-Zugängen wieder auf 16-MBit/s zurückgegangen.

Lange Leitung zur Zielgruppe

Techniker beim Aufbau des VDSL-Netzes Insofern kann man sich schon fragen, was mit VDSL dann noch so viel besser werden soll, dass die Kunden sich auf Triple-Play-Angebote stürzen werden, nur weil sie mit einer noch neueren (und teureren) Technologie realisiert werden. Denn die Technik ist in den Kunden in der Regel gleichgültig - die Nutzer sind viel mehr an der einfachen Handhabung, an gutem Service, an interessanten und nützlichen Diensten und natürlich einem guten Preis-Leitungs-Verhältnis interessiert. Das gilt sicherlich auch für die Zielgruppe, die die Telekom für ihre Angebote im Auge hat - sofern diese überhaupt erreicht wird. Denn in den grünen Randlagen der Ballungsgebiete, in denen sich vor allem Besserverdiener und Familien bevorzugt niederlassen, ist VDSL häufig nicht verfügbar. Noch extremer ist die Situation auf dem flachen Land, wo der Weg in die nächste Videothek oder gar ins Kino noch viel weiter ist - hier können die Kunden in der Regel gar nicht von den tollen neuen Multimedia-Angeboten per VDSL oder auch nur von DSL profitieren.

Insgesamt sind die Angebote für ein breites Publikum auch noch zu teuer, die Spar-Variante der Telekom, das T-Home-Classic-Paket ohne VoIP-Flatrate, kostet derzeit rund 35 Euro monatlich - zusätzlich zum Telefonanschluss. Eine Übersicht der schon bestehenden Triple-Play-Angebote haben wir bereits Ende Oktober zusammengestellt. Dort werden auch Triple-Play-Angebote berücksichtigt, die über ADSL2+ oder über das Fernsehkabel realisiert werden.

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