Verbotszeichen

Editorial: "Sie dürfen jetzt wieder telefonieren"

Handy-Nutzung im Flugzeug
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Traditionell gibt es in Flugzeugen zwei Warnzeichen: "Bitte anschnallen" und "Bitte nicht rauchen". Während das Anschnallenzeichen nur während der besonders kritischen Phasen wie Start und Landung oder dem Durchfliegen von Turbolenzgebieten leuchtet, bleibt das Rauchverbotszeichen inzwischen auf praktisch allen Flügen die ganze Zeit an. Letzteres aus gutem Grund: Passivrauchen schädigt nachgewiesenermaßen die anderen Passagiere. Zudem birgt der zum Rauchen nötige Umgang mit offenem Feuer an Bord immer eine gewisse Unfallgefahr, selbst dann, wenn dadurch verursachte Abstürze selten sind (Verdacht auf Feuer durch eine Zigarette gab es beispielsweise bei Unfällen 1973 und 1983 [Link entfernt] , sowie 1985) selten sind.

Da an den Rauchverboten in großen Passagiermaschinen so schnell keine Änderung zu erwarten ist, könnten es künftig statt der ein- und ausschaltbaren Verbotszeichen auch einfache Aufkleber tun. Die Leuchtzeichen könnten dann für einen anderen Zweck recycelt werden: Das Handyverbot. Denn dieses befindet sich auf dem Rückzug.

Als vor ca. zwei Jahrzehnten der Siegeszug der portablen digitalen Elektronikgeräte begann (z.B. Gameboy, portable CD-Spieler, erste Laptops) machten Piloten wiederholt die Elektronik im Passagierraum für merkwürdige Fehlfunktionen der Bordelektronik verantwortlich, beispielsweise falsche Anzeigen der Navigationsgeräte. Schließlich reagierten die Fluggesellschaften und Luftfahrtbehörden, und verboten den Gebrauch sämtlicher Elektronik. Die Flugzeughersteller mühten sich hingegen, ihre Flugzeuge gegen interne und externe Störquellen abzusichern. Im Zweifelsfall kann nämlich ein 100 000-Watt-Sender am Boden, durch dessen Strahl das Flugzeug fliegt, viel mehr Störsignale induzieren, als ein von einem Fluggast mitgebrachtes Gerät mit seinen wenigen Watt maximaler Batterieleistung.

Nach und nach fielen die Verbote wieder. Zuerst wurden alle die Geräte, die weder CD-Spieler noch -Laufwerk enthalten und keine Antenne haben, auf Reiseflughöhe wieder erlaubt. Inzwischen sind auch CD und DVD bei den meisten Fluggesellschaften wieder "salonfähig" geworden. Und selbst bei den Antennen bröckelt das Verbot. So arbeitete das Flugzeug-Internet Connexion by Boeing per Wireless LAN. Die Abschaltung erfolgte zum letzten Jahreswechsel nicht wegen Sicherheitsbedenken, sondern aus wirtschaftlichen Gründen.

Handys noch unter Bann

Die strengsten Regelungen gelten derzeit noch für Handys: Diese müssen den ganzen Flug über ausgeschaltet bleiben. Am Boden, so lange die Triebwerke noch nicht oder nicht mehr laufen bzw. die Türen geöffnet sind, erlauben hingegen immer mehr Fluggesellschaften deren Benutzung. Doch auch hier schwinden die Bedenken und starten erste Tests mit Flugzeugen, in denen die Geräte zugelassen sind. Spezielle Relaisstationen leiten die Signale weiter. Nur unterhalb von 3 000 Meter, bei Start und Landung, müssen die Handys weiterhin aus bleiben. Am Boden dürfen sie dann wieder angeschaltet werden. Damit auch alle Passagiere die Regeln kapieren, gibt es die einschaltbaren Handyverbotszeichen.

Bleibt die Frage, wie die Fluggäste sich fühlen. Einige werden ob der Nutzung des Handys mit seinen starken Strahlen sofort um ihre Sicherheit fürchten. Andere könnten sich einfach belästigt fühlen, noch stärker als im Zug, da man im Flugzeug dichter beieinander sitzt. Andere Passagiere werden hingegen froh sein, im Flugzeug nicht mehr von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Gerade dann, wenn man sich nicht so gut fühlt, mag ein Telefonat mit einem Angehörigen etwas entspannten. Geschäftlich Reisende sind hingegen froh, wichtige Dinge noch besprechen zu können.

Folglich könnten die Fluggesellschaften, die die Handynutzung erlauben, einen Rückgang oder eine Zunahme der Passagierzahlen erleiden, je nachdem, welcher Effekt überwiegt. Dann würde der Einbau der teuren Technik in weitere Maschinen sofort gestoppt. Ebenso ist denkbar, dass sich Fluggesellschaften auch dadurch untereinander stärker abgrenzen, dass sie Handynutzung verbieten bzw. erlauben, und so auch unterschiedliche Passagiergruppen ansprechen.

Am Schluss entscheiden also die Kunden - zumindest auf den Flugstrecken, die von mehreren Fluggesellschaften zu vergleichbaren Preisen bedient werden.

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