Glasfaserausbau: Das Potenzial der Luftverkabelung
Wird von alternativen Verlegemethoden gesprochen, ist in der Regel Trenching gemeint. Dabei wird die Glasfaser nicht so tief unter Straßen, Gehwege und Gärten gelegt wie etwa die Rohre für die Gas- oder Wasserversorgung. Daher spricht man auch von mindertiefen Verlegemethoden. Das Problem: Wenn Arbeiten an den tieferen Rohren notwendig werden, muss man irgendwie an der Glasfaser vorbei, ohne sie zu beschädigen.
Ganz abgesehen davon, ist der Tiefbau der teuerste Kostenpunkt im Breitbandausbau. Je länger die Strecke, desto höher die Kosten, wenn die Lichtwellenleiter (LWL) ins Erdreich sollen. Das muss aber nicht sein, denn es gibt Alternativen wie etwa die Luftverkabelung. „Für den Breitbandausbau sehen wir insbesondere in den ländlichen Regionen die Mitnutzung von vorhandenen Mittelspannungs-Freileitungen als Option, mit geringem Aufwand in Bezug auf Genehmigungen, Bauzeiten und Kosten den LWL-Ausbau zu unterstützen“, sagt Peter Fischer.
Das Glasfaserkabel wird hier um die Stromleitung gewickelt. Dadurch wird weder die Daten- noch die Stromübertragung beeinträchtigt.
Foto: AFL
Fischer ist Regional Sales Director für den deutschsprachigen Raum und die Niederlande bei AFL Telecommunications, einem Anbieter für Erdkabelvarianten und Luftkabeltechnologien. Bei der Luftverkabelung werden Glasfaserkabel über die vorhandenen Überlandleitungen des Stromnetzes mitgeführt. Dabei kann zum Beispiel ein Phasenseil der Stromleitung ausgetauscht werden, sodass die LWL-Leitung von außen nicht sichtbar ist. Oder sie wird um ein bestehendes Leiterseil gewickelt.
Weniger Genehmigungen, kürzere Bauzeiten, geringere Kosten
Das Glasfaserkabel wird hier um die Stromleitung gewickelt. Dadurch wird weder die Daten- noch die Stromübertragung beeinträchtigt.
Foto: AFL
Besondere Maßnahmen zur Trennung von Daten- und Stromübertragung sind nicht notwendig. Da Standard-Singlemode-Fasern eingesetzt werden, gibt es auch bei den Bandbreiten keine Einbußen. „Mit Ausnahme der Energiefreileitungen in den höheren Spannungsebenen wurde die oberirdische Verlegung bisher nicht intensiver genutzt, da beim Breitbandausbau in der Vergangenheit die ländlichen Regionen bisher nicht besonders im Fokus waren und vielen Planern die verfügbaren Technologien nicht bekannt sind bzw. waren“, erklärt Fischer, warum die Luftverkabelung in Deutschland bislang ein Schattendasein führt.
Insbesondere in ländlichen Regionen kann die Luftverkabelung den Glasfaserausbau voranbringen. Es fallen keine Genehmigungen an, die Bauzeit ist kürzer und auch die Kosten sind geringer.
Foto: AFL
Im Ausland sieht das anders aus. Laut Fischer wurden seit 1982 über 30000 Kilometer Luftkabel in 52 Ländern installiert. „Allein in Frankreich wurden bisher mehr als 5000 Kilometer verbaut, Tendenz steigend“, erklärt der AFL-Vertriebler. In Deutschland gibt es zwischen 20000 und 30000 Kilometer Mittelspannungsfreileitungen. „Je nach Situation vor Ort können LWL-Luftkabel neben der technischen Eignung, nicht notwendigen Genehmigungen und kurzen Bauzeiten auch eine wirtschaftlich interessante Option sein“, sagt Fischer. „So gesehen kommt man sicher auf ein Potenzial von einigen Tausend Streckenkilometern.“
Luftverkabelung bis an den Ortsrand
In Deutschland nutzt enviaTEL die Luftverkabelung zur Querung des Elb-Deiches. Der Deich darf auf der sächsischen Seite aufgrund seiner Bodenbeschaffenheit und einer möglichen Flutgefahr nicht durchbohrt werden. Deshalb griff enviaTEL als erster Netzbetreiber in Deutschland auf die SkyWrap®-Technologie von AFL zurück. "Die Luftkabelverlegung war ein voller Erfolg und die neue Technologie hat bewiesen, dass sie für schwierige Szenarien bestens geeignet ist", teilt enviaTEL mit.
Abgesehen von solchen Spezialeinsätzen ermöglicht die Luftverkabelung generell in ländlichen Regionen die Überbrückung der „vorletzten Meile“, also der Strecke bis zum Ortsrand – speziell dort, wo die geografische Lage, Genehmigungen, Bauzeiten oder Kosten die erdgebundenen Technologien unwirtschaftlich oder sogar unmöglich machen. Im Ort wird das Netz dann wieder „normal“ gebaut. „Am Gesamtnetzwerk wird die oberirdische Verlegung daher zwar einen relativ kleinen Anteil darstellen, erschließt jedoch ländliche Regionen, die sonst nicht erreicht werden könnten“, ergänzt Fischer.
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