Breitbandausbau

Breitband: Deutschland und Österreich hinken hinterher

Der Breit­band­ausbau gilt als essen­ziell für Deutsch­land und auch für Öster­reich. Und doch geht es nur schlep­pend voran. In Wien verrieten die Verant­wort­lichen warum.
Aus Wien berichtet Wolfgang Korne

Jedes Jahr lädt das Consul­ting-Unter­nehmen SBR-net die Verant­wort­lichen der Breit­band­zentren von Deutsch­land und Öster­reich zu einem Erfah­rungs­austausch. Das dies­jährige siebte Treffen fand am Donnerstag in Wien statt. Es stand unter dem Motto „Stra­tegien für den Breit­band­ausbau“.

Nur lang­same Bewe­gung in Rich­tung mehr Band­breite

Ernst-Olav-Ruhle, SBR-net Consulting: "Deutschland und Österreich hinken hinterher." Ernst-Olav-Ruhle, SBR-net Consulting: "Deutschland und Österreich hinken hinterher."
Bild: teltarif.de/Korne
Zum Start der Veran­stal­tung machte SBR-net Geschäfts­führer Ernst-Olav Ruhle eine Bestands­aufnahme. Danach hinken sowohl Öster­reich, wie auch Deutsch­land bei den Glas­faser­anschlüssen im inter­natio­nalen Vergleich deut­lich hinterher. So liegt der Anteil der Grund­stücke, die Glas­faser vor der Grund­stücks­grenze liegen haben (FTTP) in Öster­reich gerade Mal bei 13 Prozent, in Deutsch­land sind es sogar nur 9 Prozent. In länd­lichen Gebieten sind diese Werte sogar noch deut­lich kleiner. Zum Vergleich: Der EU-Schnitt der 28 Länder beträgt 30 Prozent, die balti­schen Staaten melden hier Werte von deut­lich über 70 Prozent. Litauen liegt mit 88 Prozent an der Spitze.

„Während überall sonst die Anschluss­zahlen für super­schnelles Breit­band stark nach oben gehen, sehen wir in Deutsch­land und Öster­reich nur eine lang­same, schritt­weise Verla­gerung zu höheren Band­breiten“, sagt Ruhle. Gleich­zeitig gehören die beiden Länder auch zu denen mit den geringsten Inves­titionen. „Das gibt doppelten Grund zur Sorge.“

Thüringen: 50 MBit/s reichen - für den Moment

Cordelius Illgmann, Thüringen: "Deutschland ist kein Entwicklungsland in Sachen Breitband." Cordelius Illgmann, Thüringen: "Deutschland ist kein Entwicklungsland in Sachen Breitband."
Bild: teltarif.de/Korne
Für Corde­lius Ilgmann, Abtei­lungs­leiter für Wirt­schafts­politik, Tourismus und Digi­tale Gesell­schaft, beim Thüringer Minis­terium für Wirt­schaft, Wissen­schaft und Digi­tale Gesell­schaft ist die schwache Entwick­lung beim Glas­faser­ausbau erstmal kein Grund für Hektik. „Deutsch­land ist kein Entwick­lungs­land“, meint er. „Der Bestand ist vor allem dank Breit­band­kabel gut.“

In Thüringen haben 89 Prozent aller Haus­halte Zugang zu einem Inter­netzu­gang mit 50 MBit/s und mehr. Ziel sei eine flächen­deckende Versor­gung. „Das reicht für einen ruhigen Über­gang auf Glas­faser“, glaubt er.

Eine Meinung, der in der auf den Vortrag folgenden Diskus­sion entschieden wider­spro­chen wurde. Man dürfe sich jetzt nicht zurück­lehnen und noch länger warten, hieß es da. Und 50 MBit/s seien schon heute für viele Power-User zu langsam.

Immerhin: Thüringen will alle Gewer­bege­biete bis 2022 per Glas­faser anschließen, Bildungs- und Forschungs­einrich­tungen sollen den Zugang bis 2023 erhalten. Bis 2025 soll es konver­gente Gigabit-Netze in jeder Gemeinde geben. Thüringen setzt dabei nicht nur auf Glas­faser, sondern auch auf Mobil­funk, Fest­netz und Kabel.

Förder­programme in Deutsch­land und Öster­reich

Öster­reich-Ziel: bis 2030 flächen­deckendes Angebot an Gigabit-Anschlüssen

In Deutsch­land wie auch in der Alpen­repu­blik gibt es Initia­tiven, die die beiden Länder beim Breit­band­ausbau voran­bringen sollen. In Öster­reich heißt sie Breit­band­stra­tegie 2030. Sie soll bis Ende 2020 ein flächen­deckendes Angebot von ultra­schnellen Anschlüssen mit mindes­tens 100 MBit/s bringen. Bis Ende 2020 soll zudem 5G in allen Landes­haupt­städten starten, Öster­reich soll so 5G-Pilot­land werden. Ende 2023 soll 5G dann entlang der Haupt­verkehrs­verbin­dungen verfügbar sein. Und 2030 soll es ein flächen­deckendes Angebot mit Gigabit-Anschlüssen geben.

Hehre Ziele, deren Zeit­plan aber unter Druck ist, wie auch Alfred Ruzicka vom zustän­digen Bundes­minis­terium für Verkehr, Inno­vation und Tech­nologie (BMVIT) einräumt. Vor allem die Regie­rungs­krise habe den Plan ins Stocken gebracht. Frag­lich sei aber auch, wie schnell sich die 5G-Technik entwi­ckele. Insbe­sondere bei den Endge­räten sieht er noch mögliche Engpässe.

Wien hat nur 3,5 Mio. Förder­gelder kassiert.

Geför­dert wird der Ausbau durch die soge­nannte Breit­band­milli­arde, die die Bundes­länder abrufen können. Dabei sind einige der Bundes­länder deut­lich geschickter: So hat etwa das Land Nieder­öster­reich einen Anteil von rund 140 Millionen Euro erhalten, Ober­öster­reich sogar 158 Millionen. Nach Vorarl­berg sind sechs Millionen Euro geflossen, Schluss­licht ist Wien mit nur 3,5 Millionen Euro.

Für Deutsch­land knapp vier Milli­arden Förde­rung bewil­ligt

Auch in Deutsch­land gibt es entspre­chende Initia­tiven, die aber keine ganz so konkreten Ziele formu­lieren. So spricht die Zukunfts­initia­tive Gigabit Deutsch­land ledig­lich davon, bis 2025 eine Gigabit-fähige konver­gente Infra­struktur für Deutsch­land schaffen zu wollen. Insge­samt sind für den Breit­band­ausbau knapp vier Milli­arden Euro bewil­ligt worden.

Neben Glas­faser ist 5G in beiden Ländern ein wich­tiges Vehikel auf dem Weg in die Breit­band­zukunft. Wie Öster­reich will auch Deutsch­land hier eine Vorrei­terrolle spielen. In der BMVI-Stra­tegie sind deshalb unter anderem Konzept­förde­rungen für 50 Pionier­regionen vorge­sehen. Für einen unbü­rokra­tischen Aufbau sollen Small Cells ohne baurecht­liche Geneh­migung errichtet werden können. Die entspre­chenden Stand­orte sollen von Bund, Länder und Gemeinden samt Infra­struktur gegen mode­rates Entgelt zur Verfü­gung stellen, auch die Bahn soll mithelfen, Stand­orte zu finden.

Erfolge in der Stei­ermark, Probleme in Nieder­sachsen

Stei­ermark: Run auf Glas­faser­anschlüsse

Herbert Jöbstl, Steiermark: "Wir arbeiten eng mit den Gemeinden zusammen" Herbert Jöbstl, Steiermark: "Wir arbeiten eng mit den Gemeinden zusammen"
Bild: teltarif.de/Korne
Die Bundes­länder bekommen – zumin­dest in Öster­reich - viel Frei­raum für Initia­tiven und gehen dabei bisweilen auch Öster­reich typisch oft ein wenig hemds­ärmelig vor. So hat beispiels­weise die Stei­rische Breit­band- und Digi­talin­frastruk­turge­sell­schaft sbidi damit begonnen, selbst Glas­faser zu legen und nutzt dazu eine eigens dafür konzi­pierte Maschine. Ziel ist es, jedes Grund­stück in der Stei­ermark mit Gigabit-Internet zu versorgen.

Mini­mierung des Verle­gungs­aufwands

Grund­lage ist ein spezi­elles Planungs­tool, das auch einen Aufgra­bungs­kataster enthält. So soll der Aufwand bei der Verle­gung mini­miert werden. Für die Behörde mit gerade mal 2,7 Mitar­beitern über­nimmt die Stra­ßenab­teilung die Verle­gung. Und weil auch immer die Gemeinden mit im Boot sitzen, gibt es kaum Reibungs­verluste.

Zustim­mung der Gemeinden notwendig

Verlegt wird das Kabel nur in Gemeinden, bei der die Bevöl­kerung mindes­tens 40 Prozent Zustim­mung zu dem Projekt signa­lisiert. Dies wird durch eine Unter­schrift doku­mentiert, mit der sich der Grund­stücks­eigen­tümer verpflichtet, den Anschluss in abseh­barer Zeit auch zu nutzen. Dann kostet dieser nur 300 Euro, wer sich nicht verpflichtet, zahlt für die Verle­gung 600 Euro.

Noch kein Betreiber im Boot

Aller­dings: So ganz recht­lich bindend ist die Unter­schrift nicht. Schließ­lich gibt es noch keinen Betreiber für das in Landes­besitz verblei­bende Netz und damit auch keine genauen Kondi­tionen. „Ich glaube aber nicht, dass viele abspringen. Wir haben derzeit einen regel­rechten Run“, sagt sibidi Leiter Herbert Jöbstl. Für den Haus­anschluss ist der Eigen­tümer bei dem Projekt selber verant­wort­lich. Sibidi gibt dabei aber weitest­gehende Unter­stüt­zung.

Nieder­sachsen: Schwie­rige Bedarfs­erhe­bung

Peer Beyersdorf, Niedersachsen: "Bisweilen ist bereits die Bedarfserhebung schwierig." Peer Beyersdorf, Niedersachsen: "Bisweilen ist bereits die Bedarfserhebung schwierig."
Bild: teltarif.de/Korne
In Deutsch­land hakt der Ausbau bisweilen schon bei der Bedarfs­fest­stel­lung. Peer Beyers­dorf, Geschäfts­führer Breit­band­zentrum Nieder­sachsen-Bremen: „Die Markt­erkun­dungs­verfahren, die die Förder­fähig­keit von Gebieten fest­stellen sollen, liefern immer wieder schlechte Ergeb­nisse. Da vergessen Netz­betreiber Projekte zu erwähnen, die sie gerade fertig­gestellt haben. Andere tauchen ein zweites Mal auf, obwohl sie bereits im letzten Jahr hätten erle­digt sein müssen“, beklagt er sich. „Selbst die Daten aus dem Katas­teramt sind bisweilen nicht zu gebrau­chen.“ In der Folge ist ein tatsäch­licher Bedarf nur schwer zu ermit­teln.

WLAN-Förde­rung bringt nichts

Er findet es auch proble­matisch, dass es bei den neuen Projekten keine genauen Kalku­lationen für das Projekt mehr einge­reicht werden müssen. „Das war eigent­lich als Schritt zum Büro­kratie-Abbau gedacht, aber mögli­cher­weise gibt es dafür jetzt bei manchem Antrag­steller ein böses Erwa­chen, weil die Kosten deut­lich höher liegen als erwartet.“ Keine guten Worte findet er auch für die WLAN-Förde­rung WIFI-4EU. „Das ist viel zu kompli­ziert und bringt wenig.“

Auch Gerhard Mack, CTO von Voda­fone Deutsch­land, hält gene­rell nichts von WLAN. Er bezeichnet es sogar als "crap" zu deutsch: Mist. teltarif.de berich­tete.

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