Nach über 170 Jahren: Post beendet Telegramm-Dienst
Abbildung eines historischen Telegramms
Bild: picture alliance / dpa
In der Geschichte der Kommunikation hielten sich bisher nur wenige Techniken so lange wie der Brief oder das Festnetz-Telefon. Zu den Nachrichtendiensten, die seit länger als 170 Jahren existieren, gehört auch das Telegramm, das viele jüngere Zeitgenossen nur noch aus älteren Filme kennen.
Doch auch nach der Einstellung des Auslands-Telegramm-Dienstes zum 31. Dezember 2000 betrieb die Deutsche Post das Inlandstelegramm bis jetzt noch weiter, das zuletzt mindestens 12,90 Euro für 160 Zeichen ohne schickes Deckblatt gekostet hatte. Doch nun stellt die Deutsche Post auch das Inlandstelegramm zum Jahresende ein, wie paketda.de unter Berufung auf einen Sprecher der Post berichtet.
Abbildung eines historischen Telegramms
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Kurze Geschichte des Telegramms
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert war das Telefon noch nicht weit verbreitet, da es entweder keine oder nur schlecht ausgebaute Telefonnetze gab. Und der Briefversand dauerte im Inland mehrere Tage, ins Ausland mehrere Wochen oder gar Monate. Seit dem Altertum experimentierte die Menschheit immer wieder mit schnelleren Wegen der Nachrichtenübermittlung über Rauch-, Feuer- und Lichtzeichen. Allerdings wurden auf diesem Weg in der Regel nur zuvor verabredete Botschaften übermittelt. Die Übermittlung von frei formulierbaren Botschaften blieb lange ein Traum.
Christoph Ludwig Hoffmann erfand im Jahr 1782 die optische Telegrafie, die kurze Zeit später während der französischen Revolution durch den französischen Techniker Claude Chappe weiterentwickelt wurde. Die Zeichenübermittlung erfolgte mit Hilfe von schwenkbaren Signalarmen, die meist gut sichtbar auf einer Anhöhe, einem Berg oder Turm aufgestellt waren. Der Karlsruher Mathematiker Johann Lorenz Bökmann sandte über optische Telegrafen am 22. November 1794 dem Markgrafen Karl-Friedrich von Baden eine Nachricht in das wenige Kilometer entfernte Durlach. Damals hießen die übermittelten Nachrichten übrigens noch nicht "Telegramm", sondern "Depesche".
Weitere Verbreitung durch elektrische Telegrafie
Optische Telegrafenlinien setzten sich in den darauffolgenden Jahrzehnten in zahlreichen deutschen Regionen durch, bis sie von einer revolutionären Neuheit wieder abgelöst wurden. Nach diversen Experimenten mit elektrischer Nachrichtenübermittlung gelang Wilhelm Weber und Carl Friedrich Gauß 1833 die erste elektrische telegrafische Nachrichtenübertragung in Göttingen. Wegweisend für die Codierung der Nachrichten war dann das seit 1837 von Samuel Morse entwickelte Morsealphabet
Die erste deutsche Regelung für einen Auslandstelegrammdienst trat am 1. Oktober 1850 in Kraft, nachdem sich Preußen, Österreich, Bayern und Sachsen in einem Vertrag auf Regeln für die Telegrafie in den beteiligten Staaten verständigt hatten. Seit dieser Zeit begann man auch mit der Verlegung von Unterseekabeln.
Ab 1897 entwickelten Guglielmo Marconi und Ferdinand Braun die kabellose Telegrafie per Funk. Auch nach dem seit 1926 entwickelten Fernschreiber (Telex) und später dem Fax wurden und werden Telegramme immer noch auf Papier dem Empfänger durch einen Boten zugestellt. 1990 erlebte das Telegramm in Deutschland nochmals einen Boom, da durch die fehlenden Telefonnetze zwischen den beiden deutschen Staaten kaum eine schnelle Kommunikation möglich war.
Einstellung zum Jahresende
Der in der Post, telefonisch oder im Internet aufgegebene Text wird elektronisch zu einer Post in der Nähe des Empfängers übermittelt und dann wieder in Papierform per Bote zugestellt.
Die Telegramm-Aufgabe der Post im Internet ist noch geschaltet, es kann als endgültig letztes Zustelldatum der 31. Dezember ausgewählt werden. Ein letztes Telegramm kann dort auch mit Schmuckblatt gegen einen Aufpreis von 4,20 Euro zusätzlich zum regulären Preis von 12,90 Euro versandt werden. Per Telefon kann das Telegramm unter der Rufnummer 0228-97272210 montags bis freitags von 08:00 bis 18:00 Uhr und samstags von 08:00 bis 14:00 Uhr aufgegeben werden.
In der Regel erfolgt die Zustellung der Telegramme, die innerhalb der Annahmezeiten aufgegeben werden, am folgenden Tag. Die Post bot auch die Möglichkeit, einen CSV-Upload zu nutzen und mehrere Telegrammtexte gebündelt als Dateien hochzuladen. Das bot sich insbesondere dann an, wenn der Auftraggeber beispielsweise inhaltsgleiche Telegramme an verschiedene Empfänger gesammelt einliefern wollte. Ab 50 Telegrammen pro Einlieferung gewährte die Post dann einen Preisrabatt.
Ein Minitelegramm darf bis zu 160 Zeichen bzw. ein Maxitelegramm bis zu 480 Zeichen lang sein. Sollte der Text länger sein, zahlt der Absender für je 200 weitere Zusatzzeichen je 5,25 Euro. Die maximale Länge des Telegramms darf 1280 Zeichen nicht überschreiten. Sollte der Zusteller an der Haustür des Empfängers niemanden antreffen, wird das Telegramm in den Briefkasten eingeworfen. Die Sonn- und Feiertagszustellung wurde nur bis 2019 angeboten.
Inzwischen haben SMS, E-Mail und Messengerdienste das Telegramm überflüssig gemacht.