Internet per DSL: Um schneller zu werden, wird es langsamer
Als Laie fragt man sich, warum die Bundesnetzagentur die Wettbewerber nicht dazu verdonnern kann, die Telekom sofort zu beliefern, damit es zu keinerlei Unterbrechungen kommt. Die Bundesnetzagentur antwortete uns dazu recht ausführlich:
„Die 2016 geänderte Regulierungsverfügung (Vectoring II-Entscheidung) ermöglicht der Telekom Deutschland GmbH bzw. ihren Wettbewerbern die Aufrüstung der HVt-Nahbereiche mit VDSL-Vectroring.Bis dahin war jedem Netzbetreiber einschließlich der Telekom Deutschland GmbH die Beschaltung der TAL (Teilnehmeranschlußleitung) am HVt (Hauptverteiler, meist die bisherige Telekom-Vermittlung) mit VDSL-Technik gestattet. Mangels eines exklusiven Nutzungsrechts kam der Einsatz der Vectoring-Technik nicht in Betracht.
In der Vectoring II-Entscheidung ist nun geregelt, unter welchen Bedingungen die Telekom Deutschland GmbH die KVz (Kabelverzweiger) im Nahbereich mit VDSL-Vectoring nutzen können. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist es, dass das Nutzungsrecht der anderen Netzbetreiber, am HVt VDSL-Technik einzusetzen, beendet wird. Dies setzt voraus, dass das ausbauende Unternehmen den anderen Netzbetreibern weiterhin ein Angebot mit VDSL2-Vectoring-Produkten ermöglicht.
Soweit also ein Wettbewerber ausbauberechtigt ist, kann die Telekom Deutschland GmbH ab dem Kündigungstermin ihres Nutzungsrechts ihre VDSL-Endkunden nur noch über ein VDSL-Vectoring-Vorleistungsprodukt des Wettbewerbers anbieten. Dieses wird in der Regel über den näher zum Endkunden gelegenen KVz realisiert, so dass die (mögliche) Datenrate des Anschlusses wegen der verkürzten Kupferleitung und dem Einsatz der VDSL-Vectoring-Technik sich deutlich verbessert.“
Lange Vorlaufzeiten
Die Bundesnetzagentur hat festgelegt: „Der Wettbewerber muss ein Jahr vor der tatsächlichen Beendigung des VDSL-Nutzungsrecht der Telekom Deutschland GmbH und anderer am HVt aktiver Wettbewerber ankündigen und die Migration zum Kündigungstermin ermöglichen.“
Was ist, wenn es Streit gibt?
Auch daran haben die Regulierer gedacht: „Sofern die Telekom Deutschland GmbH der Ansicht ist, dass der vom Wettbewerber angebotene Produktvertrag nicht den Vorgaben der Bundesnetzagentur entspricht, steht ihr die Möglichkeit offen, die kritisierten Regeln im Rahmen eines Nachweisverfahrens bei der Bundesnetzagentur vorzulegen und überprüfen zu lassen. Auf diese Weise wird abgesichert, dass eine interessengerechte Ausgestaltung des Vorleistungsprodukts erfolgt. Soweit erforderlich, muss also das ausbauberechtigte Unternehmen sein Angebot nachbessern.“
Alles streng geregelt
Die Vorleistungsentgelte der Telekom Deutschland GmbH (für den VULA [Virtual Unbundled Local Access] und den Layer 2-Bitstrom) unterliegen der Genehmigungspflicht. Am 31.07.2017 (VULA) und 08.03.2018 (Layer 2-Bitstrom) wurden die aktuell geltenden Entgelte von der Bundesnetzagentur genehmigt.
Des Pudels Kern
Wenn ein privater Anbieter bei der Telekom einkauft, ist alles streng geregelt. Umgekehrt aber nicht. Sprich: „Die Entgelte der ausbauberechtigten Wettbewerber unterliegen nicht der Genehmigungspflicht. Sie sind aber Teil der ggfs. in einem Nachweisverfahren überprüfbaren Vorleistungsbedingungen.“
Der von uns ebenfalls befragte VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten) präzisierte die Frage nach den regulierten Preisen: „Nicht wirklich, aber analog zur Standardangebot-Vorgabe: Sie sollen im Wesentlichen den der Telekom gemachten Vorgaben entsprechen.“
Ganz klar: Da ist Streit vorprogrammiert. Wenn der Telekom der Einkaufspreis "zu teuer" erscheint, muss erst mal verhandelt und später vielleicht sogar geschlichtet werden. Das kann dauern. Die Kunden dürfen es ausbaden.
Der umgekehrte Fall ist nicht genau genug geregelt
Offenbar hat der Gesetzgeber oder Regulierer übersehen, den speziellen umgekehrten Fall klar zu regulieren, wo Wettbewerber die Telekom beliefern müssen. Womit der Regulierer (indirekt) der Telekom Argumente liefert, nach einer Erhöhung der regulierten Preise für die Zukunft.
Die Telekom könnte der „Vectoring Falle“ vielleicht durch das Verlegen eigener Glasfasern direkt bis zum Kunden entgehen. Ob sich das am Ende noch rechnet, steht auf einem anderen Blatt.
Informierte Telekom-Kunden müssen abwägen, ob sie darauf warten wollen, dass die Telekom schnelles Internet beim Vorlieferanten einkaufen kann oder will, oder ob diese Kunden direkt zum lokal ausbauenden Unternehmen wechseln. Reibungslos sind beide Varianten leider nicht.