Kooperationen: Was die Telekom noch lernen muss
Allen Marktteilnehmern ist bewusst, dass es keiner allein schaffen wird, Deutschland mit Glasfaser zu versorgen. Wer ein FTTH-Netz baut, benötigt einen Marktanteil von 50 bis 60 Prozent, um rentabel wirtschaften zu können. Daher muss es Kooperationen mit anderen Netzbetreibern geben. Den Worten von Theo Weirich, Geschäftsführer des Netzbetreibers wilhelm.tel, funktioniert das aber nicht mit der Deutschen Telekom oder Vodafone, weil „die Großen zu schnell ihre Strategien wechseln“, so Weirich auf der Anga Com.
Nelson Killius von M-net (unten rechts) sieht bei der Telekom noch eine gewisse Lernkurve
MH Media
Dem stimmte Nelson Killius, Sprecher der M-net-Geschäfsführung, hingegen nicht uneingeschränkt zu, denn seiner Meinung nach ist die Notwendigkeit von Kooperationen auch bei der Telekom angekommen. Er spricht aus Erfahrung, denn M-net kooperiert mit den Bonnern im FTTC-Bereich. Auf der Anga Com kündigte Killius an, die Partnerschaft auch auf den FTTB/H-Bereich ausweiten zu wollen.
Flächendeckender Flickenteppich
Nelson Killius von M-net (unten rechts) sieht bei der Telekom noch eine gewisse Lernkurve
MH Media
Und dennoch hakt es an der einen oder anderen Stelle bei den Kooperationen. „Die Telekom wird sich von dem ehemals weitgehend flächendeckenden Infrastruktureigentümer verabschieden müssen“, ist Killius der Meinung. Es werde vielmehr ein Flickenteppich aus vielen verschiedenen Netzeigentümern und -betreibern geben. „An dieser Stelle hat die Telekom nach meiner Wahrnehmung noch eine gewissen Lernkurve vor sich“, fügt Killius hinzu.
Die TKG-Novelle wird von den Marktteilnehmer mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Laut Malte Abel von Vodafone (oben rechts) sollte der Universaldienst die ultima ratio sein.
MH Media
Dido Blankenburg, Vorstandsbeauftragter für Breitbandkooperationen bei der Deutschen Telekom, wies darauf hin, dass auch das Kartellrecht Kooperationen erschwert. Er spricht aus der Erfahrung von 1,5 Jahren Verhandlungen, bis das Joint Venture Glasfaser Nordwest zwischen der Telekom und dem Energieversorger EWE stand. „Das Kartellamt gibt sich wirklich Mühe, alles im Detail zu verstehen und ist vollkommen klar darin, dass es Gebietsverabredungen nicht zulässt“, sagte Blankenburg auf der Anga Com.
Hoffnungsträger EoI, Schreckgespenst Universaldienst
Die Hoffnung der Branche liegt auf dem novellierten Telekommunikationsgesetz (TKG). Dort ist das sogenannte Equivalence-of-Input-Konzept verankert (EoI), demzufolge ein Dritter die gleiche Leistung von einem Anbieter erhalten muss, die er sich selbst zugesteht. „EoI schafft Vertrauen und das ist die Voraussetzung für Kooperationen“, sagt Matthias Brüning, Leiter Regulierung und Compliance bei der EWE-Tochter EWE TEL.
M-net kooperiert mit der Telekom im FTTC-Bereich, will die Partnerschaft aber auf den FTTB/H-Bereich ausweiten.
M-net
Ansonsten steht die Branche der TKG-Novelle eher mit gemischten Gefühlen gegenüber. Ob es für den Glasfaserausbau als Turbo wirkt, muss man noch abwarten. Das gilt auch für das neue Glasfaser-Bereitstellungsentgelt, dass die Umlage der Kabelanschlussgebühren auf die Mietnebenkosten ablösen wird. „Das Bereitstellungsentgelt sehe ich eher skeptisch“, sagt Malte Abel, Abteilungsleiter Regulatory Telecoms bei Vodafone. Kein Wunder, als größter deutschen Kabelnetzbetreiber profitierte gerade Vodafone vom alten Umlagesystem.
Einig sind sich die Branchenexperten darin, dass die Umsetzungszeit knapp bemessen ist. „Daher ist es zu begrüßen, dass die Bundesnetzagentur bereits jetzt proaktiv auf die Branche zugeht“, sagt Abel. Kritisch wird auch der Universaldienst gesehen. Er sollte die ultima ratio sein, die eine Minimalversorgung für die Haushalte sicherstellt. „Ansonsten ist der privatwirtschaftliche Ausbau wirklich gefährdet, weil für den Universaldienst Ressourcen vorbehalten werden müssten“, erklärt Abel. Er plädiert auch dafür, die Ausgestaltung dieses Dienstes der Bundesnetzagentur zu überlassen. Vieles, was in der TKG-Novelle steht, muss also noch mit Leben gefüllt werden.