Anga Com

Kooperationen: Was die Telekom noch lernen muss

In diesem Jahr kommen die Experten aus der Breit­band-, Satel­liten- und Kabel­branche nur virtuell zur Anga Com zusammen. Das bedeutet jedoch nicht, das weniger leiden­schaft­lich disku­tiert wird. Das bewies gleich zum Auftakt ein Panel zu den Möglich­keiten von Koope­rationen.
Von Marc Hankmann

Allen Markt­teil­neh­mern ist bewusst, dass es keiner allein schaffen wird, Deutsch­land mit Glas­faser zu versorgen. Wer ein FTTH-Netz baut, benö­tigt einen Markt­anteil von 50 bis 60 Prozent, um rentabel wirt­schaften zu können. Daher muss es Koope­rationen mit anderen Netz­betrei­bern geben. Den Worten von Theo Weirich, Geschäfts­führer des Netz­betrei­bers wilhelm.tel, funk­tio­niert das aber nicht mit der Deut­schen Telekom oder Voda­fone, weil „die Großen zu schnell ihre Stra­tegien wech­seln“, so Weirich auf der Anga Com.

Screenshot Anga Com Nelson Killius von M-net (unten rechts) sieht bei der Telekom noch eine gewisse Lernkurve
MH Media
Dem stimmte Nelson Killius, Spre­cher der M-net-Geschäfs­füh­rung, hingegen nicht unein­geschränkt zu, denn seiner Meinung nach ist die Notwen­dig­keit von Koope­rationen auch bei der Telekom ange­kommen. Er spricht aus Erfah­rung, denn M-net koope­riert mit den Bonnern im FTTC-Bereich. Auf der Anga Com kündigte Killius an, die Part­ner­schaft auch auf den FTTB/H-Bereich ausweiten zu wollen.

Flächen­deckender Flicken­tep­pich

Screenshot Anga Com Nelson Killius von M-net (unten rechts) sieht bei der Telekom noch eine gewisse Lernkurve
MH Media
Und dennoch hakt es an der einen oder anderen Stelle bei den Koope­rationen. „Die Telekom wird sich von dem ehemals weit­gehend flächen­deckenden Infra­struk­tur­eigen­tümer verab­schieden müssen“, ist Killius der Meinung. Es werde viel­mehr ein Flicken­tep­pich aus vielen verschie­denen Netz­eigen­tümern und -betrei­bern geben. „An dieser Stelle hat die Telekom nach meiner Wahr­neh­mung noch eine gewissen Lern­kurve vor sich“, fügt Killius hinzu.

Screenshot Anga Com Online Diskussion Die TKG-Novelle wird von den Marktteilnehmer mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Laut Malte Abel von Vodafone (oben rechts) sollte der Universaldienst die ultima ratio sein.
MH Media
Dido Blan­ken­burg, Vorstands­beauf­tragter für Breit­band­koope­rationen bei der Deut­schen Telekom, wies darauf hin, dass auch das Kartell­recht Koope­rationen erschwert. Er spricht aus der Erfah­rung von 1,5 Jahren Verhand­lungen, bis das Joint Venture Glas­faser Nord­west zwischen der Telekom und dem Ener­gie­ver­sorger EWE stand. „Das Kartellamt gibt sich wirk­lich Mühe, alles im Detail zu verstehen und ist voll­kommen klar darin, dass es Gebiets­ver­abre­dungen nicht zulässt“, sagte Blan­ken­burg auf der Anga Com.

Hoff­nungs­träger EoI, Schreck­gespenst Univer­sal­dienst

Die Hoff­nung der Branche liegt auf dem novel­lierten Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz (TKG). Dort ist das soge­nannte Equi­valence-of-Input-Konzept veran­kert (EoI), demzu­folge ein Dritter die gleiche Leis­tung von einem Anbieter erhalten muss, die er sich selbst zuge­steht. „EoI schafft Vertrauen und das ist die Voraus­set­zung für Koope­rationen“, sagt Matthias Brüning, Leiter Regu­lie­rung und Compli­ance bei der EWE-Tochter EWE TEL.

Tiefbau Bauarbeiter Kabel Glasfaser Graben M-net kooperiert mit der Telekom im FTTC-Bereich, will die Partnerschaft aber auf den FTTB/H-Bereich ausweiten.
M-net
Ansonsten steht die Branche der TKG-Novelle eher mit gemischten Gefühlen gegen­über. Ob es für den Glas­faser­ausbau als Turbo wirkt, muss man noch abwarten. Das gilt auch für das neue Glas­faser-Bereit­stel­lungs­ent­gelt, dass die Umlage der Kabel­anschluss­gebühren auf die Miet­neben­kosten ablösen wird. „Das Bereit­stel­lungs­ent­gelt sehe ich eher skep­tisch“, sagt Malte Abel, Abtei­lungs­leiter Regu­latory Telecoms bei Voda­fone. Kein Wunder, als größter deut­schen Kabel­netz­betreiber profi­tierte gerade Voda­fone vom alten Umla­gesystem.

Einig sind sich die Bran­chen­experten darin, dass die Umset­zungs­zeit knapp bemessen ist. „Daher ist es zu begrüßen, dass die Bundes­netz­agentur bereits jetzt proaktiv auf die Branche zugeht“, sagt Abel. Kritisch wird auch der Univer­sal­dienst gesehen. Er sollte die ultima ratio sein, die eine Mini­mal­ver­sor­gung für die Haus­halte sicher­stellt. „Ansonsten ist der privat­wirt­schaft­liche Ausbau wirk­lich gefährdet, weil für den Univer­sal­dienst Ressourcen vorbe­halten werden müssten“, erklärt Abel. Er plädiert auch dafür, die Ausge­stal­tung dieses Dienstes der Bundes­netz­agentur zu über­lassen. Vieles, was in der TKG-Novelle steht, muss also noch mit Leben gefüllt werden.

Mehr zum Thema Anga Com