Glasfaser: Millionen & Kooperationen für schnelles Internet
Die TNG Glasfaser aus Kiel ist hauptsächlich in Norddeutschland aktiv und hat bislang 90.000 Privat- und Geschäftskunden mit Glasfaser versorgt. In den nächsten vier Jahren will TNG für 500.000 Haushalte Glasfaseranschlüsse in Regionen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen mit überwiegend ländlichem und vorstädtischem Profil bauen. Dafür erhält der Netzbetreiber, der sich mehrheitlich im Besitz der Intermediate Capital Group befindet, von einem internationalen Bankenkonsortium unter der Führung der NORD/LB und der KfW IPEX-Bank 325 Millionen Euro. Zum Konsortium zählen auch ING, HCOB, NIBC und Kommunalkredit.
Während sich TNG auf den ländlichen Raum fokussiert, startet in Essen ein neuer Marktteilnehmer mit einem neuen Open-Access-Modell. Die metrofibre fungiert als Projektentwicklungsgesellschaft, die in Joint Ventures mit Kommunen und Investoren rein privatwirtschaftlich finanzierte Glasfasernetze bauen will. Durch das Joint-Venture-Modell sichern sich Städte über eine Beteiligung Mitspracherechte bei den Ausbauplänen. Die metrofibre koordiniert den Netzausbau, vermarktet und vertreibt die passive Infrastruktur an Internet Service Provider (ISP). Die ISP schalten ihre eigene Aktivtechnik auf, sorgen für die notwendige Backbone-Anbindung und stellen auf dieser Basis die Internetprodukte für die Kunden bereit. Den Betrieb des passiven Netzes übernimmt metrofibre.
Das Gründerteam von metrofibre will mit Joint Ventures den Glasfaserausbau in Städten beschleunigen (v. l. n. r.): Beiratsmitglied Andreas Kindt, Beiratsvorsitzender Arndt Rautenberg, dessen Sohn und metrofibre-Geschäftsführer Christopher Rautenberg und Hai Cheng, ebenfalls Beiratsmitglied
Foto: Jochen Rolfes
„Der Glasfaserausbau in Deutschland geht viel zu schleppend voran“, sagt Arndt Rautenberg, Vorsitzender des Beirats und Mitgründer von metrofibre. „Staatliche Subventionen führen dabei zu der absurden Situation, dass viele Dörfer etwa in Schleswig-Holstein oder in Bayern bald eine höhere FTTH-Anschlussquote aufweisen als die meisten Großstädte. Das wollen wir ändern.“ "Wir" sind unter anderem Rautenbergs Söhne Christopher und Moritz sowie Andreas Kindt und Hai Cheng. In Essen wollen sie unter dem Namen ruhrfibre ab dem kommenden Frühjahr 150.000 FTTH-Anschlüsse in P2P-Netzarchitektur bauen. Jeder angeschlossene Haushalt soll dabei mit einem Glasfaserpaar versorgt werden. Partner von metrofibre und der Stadt Essen ist der Investor DIF Capital Partners.
Open Access zwischen Vodafone und Deutsche Glasfaser
Ebenfalls über ein Open-Access-Modell haben sich Vodafone und Deutsche Glasfaser geeinigt. Beide haben eine sogenannte Wholesale-Kooperation über eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren geschlossen. Dadurch erhält Vodafone ab dem Herbst 2023 bundesweit Zugang zum FTTH-Netz der Deutschen Glasfaser und kann auf diesem seine Produkte anbieten. Vodafone kann damit laut Angaben beider TK-Unternehmen perspektivisch bis zu sechs Millionen zusätzliche Haushalte erreichen.
Freuen sich über die Vereinbarung zum Glasfaserausbau in Kaufbeuren (v. l. n. r.): Peter Igel (Breitbandpate, Abteilungsleiter Wirtschaftsförderung, Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Büro des Oberbürgermeisters), Daniel Frank (Regio-Manager Telekom Deutschland), Thilo Kurtz (Fachreferent Telekom Technik) und Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse
Foto: Peter Igel
Aufs Tempo drückt auch die Telekom, die für das kommende Jahr zwischen 2,5 und drei Millionen FTTH-Anschlüsse bauen wird. In diesem Jahr waren es zwei Millionen. Bis 2024 sollen es dann mehr als zehn Millionen FTTH-Anschlüsse sein. Dazu gehören auch 30.840 Haushalte und 5410 Unternehmensstandorte in Berlin Friedrichshain und Kreuzberg sowie 25.200 Glasfaseranschlüsse in Kaufbeuren, 19.000 Ludwigshafener Haushalte oder 30.000 Haushalte in Meerbusch. Außerdem hat die Telekom mit den Stadtwerken Sindelfingen eine Ausbauvereinbarung für 24.000 Haushalte geschlossen, die bis Ende 20230 mit Glasfaser versorgt werden sollen.
M-net und goetel sorgen für Gigabit-Speed
Angesichts dieser Ausbauprojekte mutet es etwas veraltet an, wenn der ehemalige Staatsmonopolist gleichzeitig mit Vectoring das Kupfernetz ausbaut. So können zum Beispiel in Erfurt, Wuppertal, Salzgitter oder Berlin nun insgesamt über 1,5 Millionen Haushalte mit maximal 250 MBit/s im Internet surfen – und damit sicherlich schneller als vor dem Ausbau.
In Lutzingen entsteht ein Glasfasernetz. Daran beteiligt sind Sandra Stiedl (M-net), Tobias Mießl (miecom), Bürgermeister Christian Weber und Jürgen Schuster von der Corwese GmbH (v. l. n. r.).
Foto: M-net
Mit Vectoring haben dagegen M-net oder goetel eher weniger am Hut. Ende November 2022 verkündete M-net die Kooperationsvereinbarung zum FTTH-Ausbau mit dem regionalen Netzbetreiber miecom-Netzservice und der Gemeinde Lutzingen im Landkreis Dillingen an der Donau. Die Bauarbeiten für den Anschluss von 370 Gebäuden starten im ersten Quartal 2023 und werden rund zwölf Monate in Anspruch nehmen. Dagegen hat goetel die Bauarbeiten in Lenne und Wangelnstedt im niedersächsischen Landkreis Holzminden abgeschlossen und startet nun in der Nachbargemeinde Holzen. Sobald goetel das Netz aktiviert, können die Holzener mit bis zu 2 GBit/s im Internet surfen.