Markus Haas: In 7 Wochen beginnt Jahrzehnt des Mobilfunks
Haas betonte, dass er im Herzen Mobilfunker sei. Er habe "Lust darauf, Deutschland zu gestalten. Die aktuellen Klimaziele sind ohne Mobilfunk gar nicht leistbar. Ohne Vernetzung geht nichts." Wenn zum Beispiel Maschinenfuhrparks über Nacht ausgeschaltet werden sollen, um Energie zu sparen und die Umwelt zu schonen, braucht man Netze, die das organisieren können.
Moderne Sendestationen sind energiesparender im Vergleich zu 10 Jahren früher, aber Datenverbrauch steigt. Dabei ist 5G eindeutig effizienter pro übertragenem GB.
Mobilfunk wurde stiefmütterlich behandelt
Markus Haas sieht ein Jahrzent des Mobilfunks voraus.
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Haas räumte ein, dass Mobilfunk zeitweise stiefmütterlich behandelt wurde, der Mobilfunk sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Doch es bedürfte auch noch viel Überzeugungsarbeit, wie Mobilfunk funktioniert und dass dafür Sendestationen notwendig sind. Der massive Netzausbau sei Teil der Lizenauflagen und bestimmte Regionen seien nur gemeinsam mit den Wettbewerbern realisierbar. Deswegen hatten Telekom, Vodafone und Telefónica verabredet, zusammen 6000 Sendetürme in schwierigen Regionen zu bauen.
Haas plädierte dafür, die Planungsverfahren massiv zu verkürzen. Die aktuellen Lizenzen für 800 MHz sollten ohne Ausschreibung verlängert werden, nur so sei 4G flächendeckend und in den Städten 5G realisierbar.
Weiße Flecken gleich mit 4G
Beim Neuaufbau sollen weiße Flecken mit 4G in der Fläche versorgt werden. Ausbauziel sind unbewohnte Flächen, die eine hohe Durchgangsrate von Nutzern haben, etwa Reiserouten. Dabei werde jeder Anbieter im Rahmen der Kooperation "gleich viel" bauen. 1&1-Drillisch sind noch nicht dabei, aber herzlich eingeladen, mitzubauen.
Beim 5G Ausbau wollen die Mobilfunker Planungssicherheit haben. Bis Sommer 2020 sollte klar sein, wo gebaut werden kann, die Standorte stehen im Prinzip bereits fest.
Die konkreten Netzausbaupläne von o2 will Haas am Kapitalmarkt-Tag veröffentlichen, dort werde auch das Thema 5G im Mittelpunkt stehen. Haas ist überzeugt, das mit 5G auch neue innovative Tarife kommen werden. "Künftige 5G-Tarife werden in direktem Wettbewerb zu Festnetz stehen."
Langfristig 600 MHz für Mobilfunk
Langfristig sieht Haas den in den USA bereits nutzbaren Bereich 600 MHz auch für den Mobilfunk in Deutschland kommen. Dort funken derzeit noch die Rundfunkanstalten über DVB-T2. Aber: "Ein DVB-T3 wird es definitiv nicht geben". Bis dahin dürfte auch Klarheit über die praktische Realisierung des 5G-Rundfunk bestehen.
Wie gefährlich ist 5G?
Viele Mitmenschen haben beim Stichwort "5G" ein mulmiges Gefühl. Wie "gefährlich" ist 5G? Haas dazu: "Ich kennen keine einzige Studie mit erhöhtem Risiko" , dafür gäbe es jede Menge populistische Berichte. "Dabei haben wir schon vor 15 Jahren über die gleichen Ängste diskutiert." Damals seien Studien mit den grünen Umweltministern wie Jürgen Trittin gemacht worden. Und ganz klar: "Wir unterschreiten die WHO-Grenzwerte deutlich." Die aktuelle Forschung nehme die Netzwerkhersteller in die Pflicht, Telefonica arbeitet aktiv im Informationszentrum Mobilfunk (IZMF) mit.
Wie sicher ist 5G?
Bei 5G steht die Frage nach der "Sicherheit" von Herstellern wie Huawei im Raum. Haas will keine Single Vendor Lösung (also nur ein Lieferant), er braucht mindestens zwei verschiedene, um beispielsweise Liefer-Engpässe ausgleichen zu können. "Wir wollen eine faktenbasierte Diskussion. Huawei hat sich nie was zu schulde kommen lassen. Die einzigen, die unser Netz ausschalten können, sind unsere Techniker. Es ist aber auch klar: Die Hersteller genießen einen gewissen Vertrauensvorsprung. Wer vertrauen verspielt, muss den Markt verlassen." Haas erwartet, dass die Bundesregierung ihre besonnene Linie beibehält, solange es keine neue Fakten gibt.
Am Rande bemerkt: Beobachtern fällt schon länger auf, dass zum Thema Huawei eine "gesteuerte Diskussionen" stattfindet, wobei andere Staaten Druck auf Deutschland ausüben. Aber selbst die USA konnten keine Fakten liefern, dass Huawei verbotene Dinge tue. Ein Szenekenner zu teltarif.de: "Frau Merkel wurde nicht über ein Huawei-Netz abgehört."
Industrie kann selbst entscheiden
Im übrigen, so Haas weiter, könne jeder Industrie(familien)betrieb beim Ausrollen von 5G-Campus-Netzen selbst entscheiden, welchen Hersteller er bevorzuge. Daimler (Mercedes Benz) hat sich beispielsweise für Ericsson entschieden.
Ende von 3G: So schnell wie möglich
Wie geht es mit 3G (UMTS) weiter: Wir erwarten die Abschaltung von 3G "so schnell wie möglich", einen konkreten Termin nannte er noch nicht. Derzeit seien noch viele Kunden auf 3G-only unterwegs. "Aber 4G wird 3G überholen und M-VoLTE (Mobiles Telefonieren über LTE) ist einfach von der Sprachqualität deutlich besser. Mit der Abschaltung von 3G wird auch 2G auf den Prüfstand gestellt werden. Derzeit sind noch Großkunden wie Toll Collect in 2G tätig. Hier muss es eine Lösung geben."
MIG: Bund hat keine eigenen Frequenzen
Die von der Bundesregierung ins Spiel gebrachte Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) sieht Haas skeptisch. "Bei den Bundesliegenschaften hat keiner wirklich Durchgriff, da macht jeder was er will. Die Bundesanstalt für Digitalfunk (BDBOS, Behördenfunk) hat in 10 Jahren 400 Sendestationen aufgebaut. Das bauen wir in sechs Monaten. Den Netzausbau machen wir lieber selbst. Wir müssen dabei schnell sein und können nicht auf Bund warten." Der Bund wolle wohl als Ultima ratio selbst aufbauen. Aber eigene Sendefrequenzen hat der Bund nicht.
Haas sieht die MIG eher als Instrument zur Beratung und Fokussierung. Sie sei wohl im bayrischen Ort Seeon (wo zum Jahreswechsel die CSU Landesgruppe tagt) erfunden, aber niemals richtig durchdacht worden. Die Politik habe das Projekt inzwischen "heruntergedampft", die Gesellschaft werde sich um die Koordinierung der Standorte kümmern.
Politik lernt: Keine Versteigerung mehr?
Aus den letzten Auktionen habe die Politik gelernt. "Kein Politiker will eine neue Versteigerung", findet Haas, die "Bevölkerung hat es auch verstanden". Zu nächsten Frequenz-Vergabe werde eine ganz neue Regierung ganz neue Regeln ausarbeiten. Im europaweiten Vergleich war nur die 5G-Versteigerung in Italien noch teurer. Die höchste Summe wurde in Deutschland vor 19 Jahren für die 3G-Lizenzen bezahlt: 500 Euro pro Person.
Kein Behördenfunk über o2
Beim Ausbau des Behördenfunks war über ein "Behörden-Slice" auf 5G diskutiert worden. Das wäre ein Netz im Netz, dass gegen andere Nutzer abgeschottet ist. o2 will daran nicht teilnehmen, weil man dafür die eigenen Kunden zu stark einschränken müsste.
Auch ein eigenes Betriebssystem für Handys werde Telefónica nicht entwickeln. "Wir hatten Windows Mobile und Firefox OS gepusht, aber die Kunden wollten es nicht."
Als einziger Mobilfunkanbieter hat Telefónica noch das eigene mobile Bankangebot "o2banking" am Start, das von der Fidor-Bank realisiert wird. Die Fidor-Bank steht derzeit wohl zum Verkauf, aber o2 hat keine Absicht, sich eine Bank zu kaufen ("Das ist viel zu viel Regulierung drin").
Weniger Messepräsenz?
Vor vielen Jahren nahm VIAG Interkom, der Vorläufer von o2, erfolgreich an großen Messen wie der CeBIT (wurde eingestellt) und der Berliner IFA ("Funkausstellung") teil. "Wir prüfen das jedes Jahr", versprach Haas, stellte aber die Frage: "Sind solche Messen denn heute noch zeitgemäß?"
Gesetz eigentlich nicht notwendig
Das geplante Gesetz gegen lange Vertragslaufzeiten findet Haas als nicht notwendig, denn "es gibt heute schon die freie Auswahl, ob monatlich, jährlich oder länger. Erfolgreich ist sein "Handykredit auf 3 Jahre", denn neue Smartphones werden immer teurer. Bei einem Durchschnittseinkommen von 2900 EUR (brutto) in Deutschland würden immer mehr Kunden die Kreditlösung wählen. Wir machen 250 Millionen Euro mehr Umsatz mit Handys als Vodafone. Seit zwei Jahren gelten die Finanzvorschriften von IFRS15 und jetzt müssen Handys extra ausgewiesen werden. o2 peilt einen Hardwareumsatz von etwa 1 Milliarde Euro an. Mit dem o2You Programm ist o2 auf alle Änderungen vorbereitet.