Markus Haas: Lasst uns die Frequenzen - wir bauen 5G aus
Die Diskussion über den fehlenden Netzausbau im Land ("weiße Löcher") schwelt weiter. Gleichzeitig droht eine teure Auktion von reichweitenstarken Frequenzen bei 800 oder 900 MHz, die dem Markt erneut Geld für den Ausbau entziehen würde, von der Politik aber als notwendig gesehen werden könnte, um dem vierten Netzbetreiber eine Chance zu geben.
Markus Haas, Chef von Telefónica Deutschland (o2), ist einer der dienstältesten Manager der Branche. Im Interview mit der Wochenzeitung WELT am Sonntag hat er einige interessante Vorschläge gemacht, die in der Szene für Aufmerksamkeit sorgen.
Netzausbau vs. Frequenzauktion
Markus Haas verspricht: Wenn die Frequenzen verlängert werden, will o2 all seine Stationen mit 5G ausrüsten
Bild: picture alliance / dpa
Schon bei der Jahrestagung des BREKO hatte der Vertreter der Monopolkommission klargemacht, dass man dort keinen Zusammenhang zwischen Netzausbau und teuren Frequenzauktionen sehe.
Dem widerspricht Haas deutlich. Länder wie Schweden, Norwegen, Finnland oder die Schweiz hätten aufgrund günstigerer Frequenzkosten deutlich besser ausgebaute Netze.
Sollte die Bundesnetzagentur die bestehenden Frequenznutzungsrechte aber verlängern, wäre o2 bereit, im Gegenzug "5G an der Milchkanne anzubieten, also wirklich flächendeckend jede Station mit 5G aufzurüsten und überall verfügbar zu haben".
Teure Versteigerungen schlucken Geld für Netzausbau
Dass so viele Funklöcher noch nicht gestopft wurden, liegt für Haas an den teuren Frequenzversteigerungen und den sehr langen Genehmigungsfristen für Antennenstandorte. Wenn das gelöst werde, wären Telefónica (o2) in der Lage, schnell auszubauen. Und er fügt hin zu: "Und wer diese Auflagen nicht erfüllt, muss mit Strafen rechnen."
Für Haas würden diese drei Punkte dazu führen, dass es dann auch klappt.
Flächenfrequenzen für 1&1?
Auf die Frage von WELT-Redakteur Thomas Heuzeroth, woher die Flächenfrequenzen für den vierten Anbieter kommen sollten, nannte Haas den Frequenzbereich 600 MHz, wo aktuell noch die Fernsehsender des DVB-T2 Netzes funken, außerdem drahtlose Mikrofone für Fernsehproduktionen, Theater und im Veranstaltungsbereich (sogenannte "Kulturfrequenzen").
Haas ist der Ansicht, dass die DVB-T2-Technologie kaum noch genutzt werde. Über ein "harmonisiertes Nutzerkonzept" könnten TV-Zuschauer ihre Programme künftig per 5G auf Tablet oder Smartphone empfangen und sicher bliebe auch Platz für drahtlose Mikrofone, darauf ging Haas aber nicht näher ein.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Es bleibt dabei: Sündhaft teure Frequenzauktionen haben dem Markt unnötig viel Geld entzogen. Die Fusion von E-Plus und o2 ist eine Spätfolge der absurd teuren UMTS-Versteigerung aus dem Jahre 2000. Die Politik sollte das Angebot der etablierten Netzbetreiber annehmen und zackige Ausbauverpflichtungen vorgeben, die erfüllt werden müssen - andernfalls sollten die Anbieter schmerzhaft zur Kasse gebeten werden, um "Durchmogeln" zu vermeiden.
Die Mobilfunknetzbetreiber sollten den Vorschlag der Bundesnetzagentur aufgreifen und zügig eine gemeinsame Netzbetreibergesellschaft für GSM starten. Dadurch würden sicher Frequenzen auf 900 MHz frei. Und die etablierten Netzbetreiber müssten verpflichtet werden, dem vierten Anbieter 1&1 Frequenzen bei 700-900 MHz zur Verfügung zu stellen, beispielsweise über nationales Roaming oder über die MOCN-Funktion, gerne unter Aufsicht der Bundesnetzagentur.
Man muss Herrn Haas genau lesen: Er verspricht nicht den flächendeckenden Netzausbau des Landes, sondern die flächendeckende Nachrüstung seiner bereits gebauten oder geplanten Sendestationen mit 5G. Aber das wäre mal ein Anfang und man sollte ihn beim Wort nehmen.
Digital-Minister Wissing muss massiven Druck auf die Bundesländer ausüben, damit anstehende Sendemast-Neubauten genauso schnell gebaut und genehmigt werden können, wie ein neues Automobilwerk in Brandenburg. Beispielsweise mit Mustergenehmigungen, die einen Aufbau einer normierten Sendestation sofort erlauben und erst im Nachgang von Bundesnetzagentur oder Bauämtern geprüft würden, sofern wirklich notwendig. Das brächte uns wirklich weiter.
Sollte am Ende wieder eine teure Auktion stattfinden, wird sich das politisch gewünschte Ziel von vier Netzbetreibern kaum länger halten lassen. Dann haben wir vielleicht künftig vielleicht zwei bis drei Netze, mit allen Vor- und Nachteilen. Und günstiger würde mobiles Telefonieren und Surfen dadurch auch nicht.
In einer weiteren Meldung geht es um BNetzA: 5G erreicht fast 80 Prozent der Fläche Deutschlands.