Mobilfunkauktion

Telekom, Vodafone & o2: Keine weiteren Mobilfunkauktionen!

Wenn Vertreter der Tele­kom­muni­kati­ons­branche mit dem Thema Funk­löcher konfron­tiert werden, verweisen sie mitunter achsel­zuckend auf den Staat: Der habe sie kräftig zur Kasse gebeten, anstatt ihnen das Geld für den Netz­ausbau zu lassen. Könnte man das nicht ändern?
Von dpa /

Die 5G-Frequenz-Auktion vor zwei Jahren endete bei 6,55  Milliarden Euro Die 5G-Frequenz-Auktion vor zwei Jahren endete bei 6,55  Milliarden Euro
Bild: dpa
Zwei Jahre nach einer milli­arden­schweren Mobil­funk-Auktion machen sich Deutsch­lands große Tele­kom­muni­kati­ons­kon­zerne für eine Regel­ände­rung stark, um einen besseren Netz­ausbau zu ermög­lichen.

Anstatt Spek­trum - also Funk­fre­quenzen für die Über­tra­gung von Daten und Tele­fonie - zu verstei­gern und den Firmen dadurch Geld zu entziehen, sollte die derzei­tige Vermie­tung von 800-Mega­hertz-Frequenzen einfach verlän­gert werden, fordern Telefónica, die Deut­sche Telekom und Voda­fone. Dann würden nur Gebühren fällig und die Netz­betreiber müssten weniger Geld zahlen. "Das gäbe uns Planungs­sicher­heit und würde uns Inves­titionen erleich­tern", sagt Telefónica-Deutsch­land­chef Markus Haas.

Anlass: Reform des Tele­kom­muni­kati­ons­gesetzes

Die 5G-Frequenz-Auktion vor zwei Jahren endete bei 6,55  Milliarden Euro Die 5G-Frequenz-Auktion vor zwei Jahren endete bei 6,55  Milliarden Euro
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Anlass der Forde­rung ist die Reform des Tele­kom­muni­kati­ons­gesetzes - hierin sollte nach Auffas­sung der Firmen die Möglich­keit veran­kert werden, die Frequenz­nut­zung zu verlän­gern. Für nächsten Mitt­woch ist hierzu ein Abstim­mung im Wirt­schafts­aus­schuss des Bundes­tags geplant.

Unter Experten gibt es Ableh­nung zu der Forde­rung. Der Verzicht auf Auktionen hätte keine sicheren Vorteile für die Verbrau­cher, sagt Torsten Gerpott von der Univer­sität Duis­burg-Essen. "Denn es ist über­haupt nicht sicher­gestellt, dass die Betreiber die einge­sparten Finanz­mittel auch tatsäch­lich in den heimi­schen Netz­ausbau stecken - mögli­cher­weise versi­ckert das Geld in einem ganz anderen Teil ihres globalen Geschäfts." Die Frage der Sinn­haf­tig­keit von Auktionen ist prak­tisch so alt wie dieses Jahr­hun­dert: Bei der ersten großen Mobil­funk­auk­tion im Jahr 2000 legten damals sechs Firmen umge­rechnet rund 50 Milli­arden Euro auf den Tisch. Im Nach­hinein erwies sich das als viel zu viel. Zwei der Firmen verschwanden schnell von der Bild­fläche und auch bei den anderen war die Schul­den­last so schwer, dass zu wenig Geld für einen schnellen umfas­senden Netz­ausbau - damals noch im 3G-Stan­dard (UMTS) - ausge­geben wurde.

Bei späteren Auktionen zahlten die Netz­betreiber zwar deut­lich weniger, dennoch flammte die Debatte immer wieder auf. Im Jahr 2019 erstei­gerten die Deut­sche Telekom, Voda­fone und Telefónica für zusammen 5,5 Milli­arden Euro Spek­trum für ihre 5G-Netze - auch diese Milli­arden­kosten waren aus ihrer Sicht unnötig.

Nach der Auktion ist vor der Aktion

Nach der Devise "Nach der Auktion ist vor der Auktion" gewinnt die Debatte nun wieder an Fahrt. Telefónica-Manager Markus Haas verweist darauf, dass Verstei­gerungen immer Unsi­cher­heit mit sich brächten. Es sei betriebs­wirt­schaft­lich frag­würdig, jetzt in Stand­orte zu inves­tieren, an denen man ab 2026 bestimmte Frequenzen viel­leicht gar nicht mehr nutzen dürfe, sollte man das dafür notwen­dige Spek­trum bei der Auktion nicht bekommen, sagt Haas. Auktionen seien ein Brems­klotz für Inves­titionen. "Wir könnten vor allem im länd­lichen Bereich noch schneller ausbauen, wenn wir schon bald Planungs­sicher­heit bekämen bei den 800-Mega­hertz-Frequenzen."

Haas verwies auf ein Rechts­gut­achten eines Bonner Profes­sors, demzu­folge der Bund mit der derzeitig geplanten Reform gegen einen Euro­päi­schen Kodex und somit gegen EU-Recht verstoßen könnte - weil ein Verzicht auf die Auktion gar nicht möglich wäre. In anderen EU-Staaten würden Frequenzen ohne Auktion vergeben. Auch die Telekom fordert "Verlän­gerungs­lösungen". Voda­fone betont, dass jeder Euro nur einmal ausge­geben werden könne: "Für ein Stück Papier - oder leis­tungs­starke Netze, die Deutsch­land den Weg in eine digi­tale Zukunft ebnen."

Die Verlän­gerungs­for­derung der drei altein­geses­senen Netz­betreiber hat noch einen Haken: Der heißt 1&1 Dril­lisch. Die Toch­ter­firma von United Internet setzt gerade an, zum vierten deut­schen Netz­betreiber zu werden und hat für ihr erstes eigenes Spek­trum im Jahr 2019 rund 1,1 Milli­arden Euro bezahlt - dies in deut­lich höheren Bändern, die sich für Städte eignen, aber für die Flächen­ver­sor­gung auf dem Land subop­timal sind.

Daher will Dril­lisch bei der nächsten Auktion nach­legen und sich mit weiterem Spek­trum einde­cken. Würde die Verstei­gerung abge­blasen, würde der Neuein­steiger in die Röhre gucken. Zwar hätte Dril­lisch über Telefónica weiterhin Zugang zu nied­rigeren Frequenz­bän­dern zur Flächen­abde­ckung, ist hierbei aber abhängig vom Wett­bewerber.

Benach­tei­ligung für 1&1 Dril­lisch?

Entspre­chend heftig ist das Kopf­schüt­teln bei 1&1 Dril­lisch bezüg­lich der Verlän­gerungs­for­derung. Man sei "zwin­gend darauf ange­wiesen, im Rahmen der anste­henden Frequenz­ver­gaben Zugang zu den wich­tigen Flächen­fre­quenzen zu erhalten", teilt Dril­lisch mit. Eine bloße Verlän­gerung von Frequenz­nut­zungs­rechten wäre "eine nicht zu recht­fer­tigende, offen­kundig rechts­wid­rige Privi­legie­rung von Deut­scher Telekom, Voda­fone und Telefónica und gleich­zeitig eine erheb­liche, nicht aufhol­bare Benach­tei­ligung für 1&1 Dril­lisch".

Eben­falls kühl reagiert die für die Frequenz­ver­gabe zustän­dige Bundes­netz­agentur auf das Ansinnen der drei großen Netz­betreiber. "Auktionen sind und bleiben der beste Weg, knappe Frequenzen wett­bewerbs­offen zu vergeben und Chancen für poten­zielle Neuein­steiger zu eröffnen", sagt Behör­den­chef Jochen Homann.

Die Deut­sche Telekom bietet aktuell einen IoT-Akti­onstarif an. Details dazu lesen Sie in einer weiteren News.

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