BNetzA: Kann die 800-MHz-Auktion verschoben werden?
2025 laufen Frequenz-Lizenzen für 800 MHz aus. Ist eine Verlängerung möglich?
Foto: Picture-Alliance / dpa
Mobilfunk in Deutschland gilt als überteuert. Fragt man die Netzbetreiber, so rechnen sie schnell die absurd teuren Lizenzkosten für Frequenzen vor, das Geld fehlt beim Netzausbau.
Seite langem trommeln Deutsche Telekom, Vodafone Deutschland und Telefónica Germany (besser bekannt als o2) dafür, diese horrenden Lizenzkosten zu vermeiden und in Kürze auslaufende Lizenzen einfach zu verlängern - und sei es gegen die Zusage, endlich massiv die vielen weißen und grauen Flecken des Landes auszubauen.
Auktion vs. Verlängerung
2025 laufen Frequenz-Lizenzen für 800 MHz aus. Ist eine Verlängerung möglich?
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Bis jetzt stand die Rechtslage dem entgegen: Sind Frequenzen knapp, müssen sie versteigert werden. Bei drei Netzbetreibern wäre das noch irgendwie ausgegangen, da sich die drei schon gut eingerichtet haben. Bei aber inzwischen vier Netzbetreibern, wovon einer sein Netz quasi aus dem Nichts aufbauen muss und will, würde das zu einer Bieterschlacht führen, in der Hoffnung, dass einer der vier am Ende entnervt aufgibt.
Dass so etwas funktioniert, beweist das Jahr 2000: Da gingen sechs UMTS-Lizenzgewinner aus dem Saal, wobei die absurd hohen Lizenzkosten (insgesamt 50 Milliarden Euro) am Ende zweien davon das Genick brachen (Mobilcom-Multimedia und Quam): Sie gaben auf, gezwungenermaßen die Lizenzen zurück, und das Geld war weg.
Homann deutet Verlängerung an
Nun könnte Bewegung in die Geschichte kommen. In einem Interview mit der renommierten Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) (Printausgabe) deutete der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann an, dass seine Behörde die auslaufenden Lizenzen verlängern könnte: "Ich kann mir ein Vorgehen vorstellen, die Frequenzen kurzfristig und bedingt zu verlängern und zu einem späteren Zeitpunkt in einem Vergabeverfahren mit weiteren Flächenfrequenzen bereitzustellen. Dabei würde man dann Versorgungsauflagen machen", wird Homann von der Zeitung zitiert.
Begehrte Flächenfrequenzen
Es geht um begehrte und knappe Flächenfrequenzen (mit höherer Reichweite) bei 800 MHz. Deren Lizenzen laufen 2025 aus. Würden diese Lizenzen verlängert, müssten die drei etablierten Lizenzinhaber ihren Netz-Ausbau spürbar verbessern und dem vierten im Bunde ein Angebot machen, das der kaum ablehnen kann. Der vierte im Bunde ist die 1&1-Drillisch, die ein eigenes 4G/5G-Mobilfunknetz aufbauen will.
Noch keine Entscheidung
Noch sei nichts entschieden, betont Homann, es seien noch einige Verfahrensfragen zu klären. Auch aus den Bundesländern kommt die Forderung und Frage, ob und wie eine "rechtssichere Verlängerung" möglich wäre.
1&1 besteht auf Frequenzen
Für 1&1 sei es "zwingend notwendig", neben den vor zwei Jahren ersteigerten Frequenzen auch welche aus dem 800er-Bereich "diskriminierungsfrei" erwerben zu können. Man sehe die Gefahr, dass die drei etablierten Netzbetreiber "in unerlaubter Weise" privilegiert würden.
Markus Haas: "Ein guter Tag"
Für Markus Haas, Chef von Telefónica Deutschland (o2), ist das „ein guter Tag für die Netzversorgung im ländlichen Raum in Deutschland. Die Bundesnetzagentur hat sich öffentlich dazu geäußert, dass sie in Betracht zieht, die in 2025 auslaufenden Nutzungsrechte für die 800 MHz Frequenzen zu verlängern, anstatt sie zu versteigern. Diese Frequenzen sind das Rückgrat für schnelles mobiles Internet in ländlichen Regionen. Deshalb müssen aus Absichten jetzt Taten werden - für die weitere zügige Digitalisierung und die digitale Teilhabe der Menschen abseits der Ballungsräume.“
Und wiederholt sein langjähriges Credo: „Eine Abkehr von überteuerten Auktionen ist längst überfällig. Das haben wir als Telefónica Deutschland / o2 seit Jahren gefordert. Seit dem Jahr 2000 haben Frequenzversteigerungen den Netzbetreibern rund 67 Milliarden Euro an Investitionsmitteln entzogen, die dann für den Netzausbau fehlten.
Die Politik muss nun eine Frequenzplanung entwickeln, die nicht nur die nächsten zwei Jahre betrachtet. Sie muss mindestens eine Dekade oder besser noch weit darüber hinaus reichen und alle Frequenzbereiche berücksichtigen, die in diesem Zeitraum bereitgestellt werden. Denn nur eine zeitlich angemessene Verlängerung, bis weiteres Spektrum für ländliche Regionen verfügbar sein wird, schafft Planungssicherheit für Investitionen in den Netzausbau und wird die Digitalisierung weiter beschleunigen.“
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Es ist zu vermuten, dass im Falle einer Auktionsverschiebung die Rechtsgelehrten bei 1&1 umgehend den Gang zum Kadi antreten werden. Das könnte dazu führen, dass doch versteigert werden muss, und dann ist klar, wie das endet: Alle etablierten Netzbetreiber werden bis an die Zähne bewaffnet bieten, um ihren Bestand an Frequenzen zu sichern. Und 1&1 wird dagegen halten, was am Ende grauenhaft teuer wird. Danach ist kein Geld mehr für einen Netzausbau da.
Die Lösung kann also nur sein, dass Telekom, Vodafone und Telefónica sofort auf 1&1 zugehen und denen benötigte Frequenzen im Rahmen einer freiwilligen Übereinkunft zur Nutzung überlassen, wenigstens bis zum auf später verschobenen gemeinsamen Frequenztermin, wo dann alle Frequenzen zugleich versteigert werden könnten, falls man nicht eine dauerhafte sinnvollere Lösung findet.
Ob das eine gemeinsame Netzgesellschaft wird, die ein gemeinsames Netz für alle betreibt oder ob nur regionale oder nationale Roaming-Abkommen abgeschlossen werden, ob bereits laufende Sender von Telekom, Vodafone oder o2 einfach die Signale von 1&1 mitausstrahlen (MOCN-Verfahren), sei den Betroffenen überlassen.
Aber der Ausbau in der Fläche muss sofort und massiv weitergehen. Das hat indirekt auch ein Urteil des Verfassungsgerichts zum Thema digitale Teilhabe am Unterricht impliziert.
Bleibt die Frage, ob die etablierten Netzbetreiber das schon verinnerlicht haben.
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