8 Jahre

Teure Mobilfunk-Auktion: BNetzA prüft langfristigen Verzicht

Umge­rechnet 51 Milli­arden Euro bezahlten im Jahr 2000 sechs Mitbieter bei der Frequenz­auk­tion. Danach waren die Einnahmen nied­riger. Die nächsten Auktion könnte erst später sein.
Von dpa /

Damit die Handy­netze in Deutsch­land auf lange Sicht deut­lich besser werden, erwägt die Bundes­netz­agentur einen weit­rei­chenden Verzicht auf eine milli­arden­schwere Frequenz­auk­tion. Mitte September hatte die Behörde vorge­schlagen, bishe­rige Mobil­funk-Nutzungs­rechte um fünf Jahre zu verlän­gern. Die Betreiber würden finan­ziell entlastet, weil sie nur nied­rige Gebühren zahlen müssten. Im Gegenzug sollen Deut­sche Telekom, Voda­fone und Telefónica (o2) zu neuen Ausbau­auf­lagen verpflichtet werden. Nun sagte Behör­den­chef Klaus Müller der dpa: „Wir werden auch eine Verlän­gerung um acht Jahre offen prüfen.“ Eine Entschei­dung soll 2024 fallen.

Stei­gende Auflagen an Netz­ver­sor­gung?

Die letzte 5G-Frequenzauktion wurde noch vom damaligen BNetzA-Präsidenten Jochen Homann (rechts) geleitet. Die letzte 5G-Frequenzauktion wurde noch vom damaligen BNetzA-Präsidenten Jochen Homann (rechts) geleitet.
Foto: Picture Alliance/dpa
In Bezug auf die acht Jahre sagte der frühere Verbrau­cher­schützer und Grünen­poli­tiker: „Klar ist aber: Mit der Dauer der Verlän­gerung könnten unsere Anfor­derungen an die Verbes­serung der Versor­gungs­qua­lität steigen.“ Konkreter wurde er nicht.

Anpas­sung der Auktions-Termine

Im Mobil­funk gibt es unter­schied­liche Frequenz­bänder, die bisher zeit­ver­setzt verstei­gert werden. Sie haben verschie­dene Funk­tionen - die nied­rigen Bänder sind mit einer großen Reich­weite gut für das Land und die hohen Frequenzen sind gut für Städte, in denen viele Smart­phone-Nutzer in den Funk­zellen sind und enorme Daten­mengen brau­chen. Ende 2025 laufen die nächsten Lizenzen aus, danach enden die nächsten Nutzungs­rechte im Jahr 2030 und danach wiederum die nächsten im Jahr 2033.

Alles auf einmal?

Würden die Nutzungs­rechte um bis zu acht Jahre verlän­gert, könnten diese drei Lizenz­pakete gut zusammen verstei­gert werden. „Das würde die Auslauf­fristen eines Groß­teils des im Einsatz befind­lichen Mobil­funk­spek­trums harmo­nisieren“, sagt ein O2-Spre­cher.

Netze sind besser, aber auf dem Land hängt es noch

Deutsch­lands Handy­netze sind in den vergan­genen Jahren besser geworden, die Anbieter haben Milli­arden­summen in Anten­nen­stand­orte gesteckt. Mancher­orts hapert es aber noch, vor allem auf dem Land. Hier dringt Müller auf Besse­rungen. Mitte September schlug er eine Ausbau­pflicht vor, der zufolge die Netz­betreiber bis Ende 2028 in dünn besie­delten Gebieten mindes­tens 98 Prozent der Haus­halte mit einer Down­load­rate von 100 Megabit pro Sekunde errei­chen. Bisher gibt es so eine speziell auf das Land zuge­schnit­tene Regel nicht, sie würde die Situa­tion in Dörfern und Ortschaften verbes­sern.

Vorgaben für dünn besie­delte Gebiete

Aller­dings würden nur rund 300.000 Haus­halte von so einer Ausbau­pflicht profi­tieren, wie aus Zahlen der Bundes­netz­agentur hervor­geht: Diese Haus­halte haben in den dünn besie­delten Gegenden, wo weniger als 100 Menschen pro Quadrat­kilo­meter wohnen, bisher gar kein 100-MBit-Netz oder nur Netz von einem oder zwei der drei Anbieter. Wer Pech hat und beim falschen Anbieter ist, hat kein gutes Netz. Für solche Pech­vögel könnte es auf dem Land künftig besser werden, weil jeder Anbieter fast überall sein muss - voraus­gesetzt, der Vorschlag der Netz­agentur wird umge­setzt.

Straßen sollen besser versorgt werden

Außerdem will die Behörde die Handy­ver­bin­dungen an Straßen verbes­sern. Bisher liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, dem zufolge jeder Netz­betreiber bis Ende 2028 alle Bundes­straßen mit 100 MBit/s versorgt haben muss. Sollten die Nutzungs­rechte sogar um acht Jahre verlän­gert werden, könnte auch eine schär­fere Auflage für Land­straßen erlassen werden.

Politik und Netz­betreiber: Zustim­mung

Aus der Politik und von etablierten Netz­betrei­bern kommt Zustim­mung zur Acht-Jahre-Über­legung - das über­rascht nicht, da die Telekom, Voda­fone und o2 davon profi­tieren würden. So eine Verlän­gerung stärke „die Planungs­sicher­heit und damit die Inves­titi­ons­mög­lich­keiten für die ausbau­enden Anbieter“, sagt der o2-Spre­cher.

1&1: Bedarf fair berück­sich­tigen

Für den Neuein­steiger unter den Netz­betrei­bern, 1&1 aus Monta­baur, wäre das hingegen Gegen­wind - er hätte noch lange nur recht wenig eigenes Spek­trum und könnte nicht zukaufen. Er hätte aber zumin­dest Zugang zum 5G-Netz von Voda­fone, wofür er gewis­ser­maßen Miete zahlt. Eine 1&1-Spre­cherin betonte, dass eine Entschei­dung der Netz­agentur „die Bedarfe aller vier Netz­betreiber fair berück­sich­tigen“ müsse.

Verbrau­cher­schützer hoffen auf 1&1

Verbrau­cher­schützer verspre­chen sich von 1&1 Impulse für den Wett­bewerb. „Konkur­renz unter den Anbie­tern durch einen weiteren Netz­betreiber kann zu besseren Ange­boten für die Endkun­dinnen und Endkunden führen“, sagt Felix Flos­bach von der Verbrau­cher­zen­trale NRW und warnt davor, dass 1&1 durch die Entschei­dung der Netz­agentur zusätz­lich unter Druck gesetzt wird. „Ein mögli­cher Kampf der bestehenden Netz­betreiber gegen einen neuen Netz­betreiber darf nicht zum Nach­teil der Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher führen.“

Der SPD-Bundes­tags­abge­ord­nete Johannes Schätzl hält die Acht-Jahre-Verlän­gerung für sinn­voll. Zugleich betont er, dass die Ausbau­pflichten dann deut­lich verschärft werden sollten. Der Libe­rale Rein­hard Houben will sicher­stellen, dass die Mobil­funker die Summen, die sie durch den Verzicht auf eine Auktion einsparen, auch wirk­lich in ihre Netze inves­tieren. Daher seien „harte Auflagen“ nötig, die klar und von Dritten nach­prüfbar seien. „Die Mobil­funk­netz­betreiber müssen die Versor­gungs­ver­pflich­tungen für den länd­lichen Raum und für Verkehrs­wege nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität erfüllen.“

Den wöchent­lichen Netz­ausbau gibt es bei uns.

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