Vorgaben

Beirat der Bundesnetzagentur: Keine Frequenzauktion

Der Beirat der Bundes­netz­agentur hat es bemer­kens­wert formu­liert: Eine teure Frequenz­auk­tion soll es nicht geben, sondern Anreize für besseren, z.T. gemein­samen, Netz­ausbau und Nutzung sollen geschaffen werden.
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Heute hat der Beirat der Bundes­netz­agentur getagt. Der Beirats­beschluss zu Tages­ord­nungs­punkt 2b ("Zukünf­tige Frequenz­ver­gaben") ist bemer­kens­wert, die Voll­ver­sion" ist im Internet abrufbar.

Beirat begrüßt Posi­tions­papier der Netz­agentur

Der Beirat begrüßte das Posi­tions­papier der Bundes­netz­agentur zur Frequenz­ver­gabe 2025. Die Bundes­netz­agentur müsse in der Lage sein, Verga­bemo­delle und -bestim­mungen gegen­ein­ander abzu­wägen. Die anste­hende Frequenz­ver­gabe sieht der Beirat als "entschei­dend für eine flächen­deckende, wett­bewerbs­ori­entierte Mobil­funk­ver­sor­gung in Deutsch­land" an.

Ganz klar plädiert der Beirat für die Inves­titi­ons­sicher­heit für Mobil­funk­netz­betreiber: Die Sicher­stel­lung und der Ausbau der Mobil­funk­ver­sor­gung soll gegen­über mone­tären Einnahmen aus einer Frequenz­ver­gabe bevor­zugt werden. Das sind klare Worte. Heute hat der Beirat der Bundesnetzagentur Bemerkenswertes beschlossen Heute hat der Beirat der Bundesnetzagentur Bemerkenswertes beschlossen
Logos: Anbieter, Foto: Bundesnetzagentur, Montage: teltarif.de

Ausbau­anreize schaffen

Die Auflagen an die Netz­betreiber sollen zeit­lich abge­stufte Fristen enthalten, wobei es Rabatte oder Boni geben soll, wenn ein Netz­betreiber mehr oder schneller ausbaut, als vorge­geben ist.

Eine Nega­tiv­auk­tion könnte mit Versor­gungs­auf­lagen kombi­niert werden. Hier wird ein Gebiet ausge­schrieben, und der Anbieter, der das Gebiet am kosten­güns­tigsten ausbauen kann, bekommt den Zuschlag. "Verbind­liche, regi­ons­scharfe Versor­gungs- und Inves­titi­ons­zusagen" könnten aus Sicht des Beirates "posi­tive Effekte haben" gegen­über "abstrakten Versor­gungs­ver­pflich­tungen".

Auch asym­metri­sche Versor­gungs­auf­lagen sollten genauer gefasst werden, sie könnten den Wett­bewerb stärken und würden Ausbau­kapa­zitäten effektiv steuern.

Infra­struk­tur­wett­bewerb und Dien­st­ewett­bewerb

Der Beirat sieht die Notwen­dig­keit eines funk­tio­nie­renden Wett­bewerbs, das habe posi­tive Auswir­kungen auf die ange­botene Qualität und die dafür verlangten Preise zur Folge.

Bei der vergan­genen Frequenz­ver­gabe sei ein Schritt hin zu mehr Infra­stuk­tur­wett­bewerb gegangen worden. Ein fairer und diskri­minie­rungs­freier Zugang von Diens­tean­bie­tern und Mobile Virtual Network Opera­tors (MVNO) im Vorleis­tungs­markt müsse gesi­chert sein. Der Beirat bittet daher die Bundes­netz­agentur bis zur nächsten Sitzung um eine umfas­sende Infor­mation der aktu­ellen Markt­situa­tion.

Koope­rationen und Infra­struktur-Sharing

Graue Flecken verhin­dern insbe­son­dere in länd­lichen Gebieten eine unter­bre­chungs­freie Daten­über­tra­gung. Graue Flecken müssten redu­ziert werden, ohne bestehende Inves­titionen zu entwerten oder die Inves­titi­ons­bereit­schaft zu hemmen.

Privat­wirt­schaft­liche Eini­gungen bei Mitnut­zung zwischen Mobil­funk­netz­betrei­bern und Eigen­tümern oder Betrei­bern passiver Infra­struktur sollten beson­ders dort geprüft werden, wo ein Markt­ver­sagen vorliegt, sprich wo ein Ausbau einfach unat­traktiv ist. Die Idee sind "Incen­tives", also Beloh­nungen, wenn doch gebaut wird. Wo das nicht reicht, könnte "eine regu­lato­rische Förde­rung" in Frage kommen. Die Mitnut­zung von Grund­stü­cken, Versor­gungs­lei­tungen, Masten, von RAN-Sharing (Mitnut­zung der Sender) bis hin zur gemein­samen Nutzung von Frequenzen für bestimmte Gebiete sollen auspro­biert werden. Denkbar wären Frequenz­ver­gaben und Mitnut­zungs­klau­seln, die gegen­seitig ange­rechnet werden.

Bessere und trans­paren­tere Versor­gungs­qua­lität

Schon im Januar war die Bundes­netz­agentur gebeten worden, tech­nische Para­meter für Versor­gungs­auf­lagen genauer und schärfer zu formu­lieren, damit die Anwender spürbar davon etwas haben. Aktuell sei das nicht der Fall.

Der Beirat fordert die Bundes­netz­agentur auf, im Rahmen ihrer Aufgaben des Moni­torings der Mobil­funk­ver­sor­gung und der Erfül­lung von Frequenz­auf­lagen, die Qualität der vorhan­denen Versor­gung in ihren Versor­gungs­karten darzu­stellen.

Mobil­funk­emp­fang unter schwie­rigen Empfangs­bedin­gungen

Dem Beirat ist bewusst, dass z.B. der Mobil­funk­emp­fang in Zügen und (Büro-)Gebäuden nur besser werden kann, wenn Dritte mitma­chen (z.B. die Deut­sche Bahn bei den Zügen oder Immo­bili­enge­sell­schaften bei Büro­türmen oder Einkaufs­zen­tren). Die Bundes­netz­agentur soll diese Personen oder Unter­nehmen bei neuen Frequenz­ver­gabe­bestim­mungen recht­zeitig mit einbe­ziehen.

Auch neueste Technik, z.B. dämp­fungs­arme Fens­ter­scheiben (in Zügen oder bei Hoch­häu­sern), sollen berück­sich­tigt werden.

Schlie­ßung von weißen Flecken

Weiße Flecken zu besei­tigen, erweise sich als "beson­ders heraus­for­dernd". Die Bundes­netz­agentur soll bei der Frequenz­ver­gabe alle Erkennt­nisse nutzen, wie diese Flecken möglichst effi­zient geschlossen werden können.

Wir haben bei allen vier Netz­betrei­bern nach­gefragt, was sie vom Papier des Beirates halten. Nach­fol­gend lesen Sie die State­ments.

Telekom: 5G für alle

Ein Spre­cher der Deut­schen Telekom bestä­tigte die Auffas­sung von teltarif.de: "5G ist für alle verfügbar. Anders als in anderen Ländern ist 5G schon in Tarifen mit nied­rigem Daten­volumen enthalten und auch Dritt­anbieter können 5G vermarkten. Weiter an der Regu­lie­rungs­schraube zu drehen, würde daher bedeuten, notwen­dige Inves­titionen abzu­würgen. Vor diesem Hinter­grund ist es gut, den Markt jetzt noch einmal objektiv zu beleuchten."

Und weiter: "Schon heute gibt es ein Verhand­lungs­gebot, das alle Netz­betreiber verpflichtet, diskri­minie­rungs­frei mit Diens­tean­bie­tern zu verhan­deln. Die Bundes­netz­agentur kann hier eine Schieds­rich­ter­funk­tion einnehmen, d.h. es muss und wird tatsäch­lich diskri­minie­rungs­frei verhan­delt. Das Schwert ist also schon heute scharf; aus unserer Sicht sogar schon heute schärfer, als es den Inves­titi­ons­not­wen­dig­keiten der Netz­betreiber Rech­nung trägt."

Voda­fone: Versor­gung über Erlös­ziele

Auch Voda­fone begrüßt, "dass die Versor­gung über die Erlö­sungs­ziele gestellt wird. Zumal die Spek­trums­kosten in Deutsch­land bereits EU-weit an der Spitze sind. Der Wett­bewerb im Mobil­funk­markt funk­tio­niert. Diens­tean­bieter können 5G zu fairen Preisen nutzen und tun dies teil­weise auch schon. Die Forde­rung nach einem 5G-Abga­bezwang zu fest­geschrie­benen Ramsch-Preisen würde den Netz­ausbau in Deutsch­land ausbremsen. Das Ergebnis wäre eine Umver­tei­lung der Gelder weg von jenen, die sie drin­gend für den Aufbau neuer Funk­masten und zum Schließen von Funk­löchern benö­tigen, hin zu denen, die ihre eigenen Gewinne ohne großen Aufwand weiter maxi­mieren wollen. Wir unter­stützen daher die ange­strebte Studie zur Markt­situa­tion.“

o2-Telefónica: Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung wider­spricht Frequenz­regeln

"Die aktuell disku­tierte Wieder­ein­füh­rung einer Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung im Mobil­funk wider­spricht den Frequenz­regeln der vergan­genen Mobil­funk­auk­tion im Jahr 2019", findet Telefónica-Germany-Chef Markus Haas. "Damals haben die Anbieter 6,6 Milli­arden Euro in 20-jährige Frequenz­rechte inves­tiert, insbe­son­dere für 5G. Sie haben für viele Milli­arden Euro den Ausbau im gegen­sei­tigen Wett­bewerb voran­getrieben - im Vertrauen, dieses Spek­trum nicht zwangs­weise zu Dumping­preisen teilen zu müssen. Dafür besteht auch kein Anlass.

Der Wett­bewerb funk­tio­niert und wir üben das Verhand­lungs­gebot konstruktiv aus. Wir haben in Deutsch­land einen sehr dyna­mischen Infra­struk­tur­ausbau mit Rekor­din­ves­titionen und die Preise sinken stetig in einem wett­bewerbs­inten­siven Umfeld. Wenn jetzt Dienst­anbie­tern Rechte auf dem gesamten Spek­trum der Netz­betreiber einge­räumt werden sollen, würde dies das gesamte Verga­bever­fahren des Jahres 2019 in Frage stellen und ein verhee­rendes Signal für zukünf­tige Inves­titionen setzen. Die Giga­bit­pläne der Bundes­regie­rung wären damit für viele Jahre zurück­geworfen."

Ein Spre­cher des Unter­neh­mens erklärte ergän­zend, dass es "gut (ist), dass sich der Beirat dazu bekennt, dass die bishe­rige Mobil­funk­ver­sor­gung nicht gefährdet werden darf. Die 2025 auslau­fenden Mobil­funk­fre­quenzen sollten daher verlän­gert werden."

1&1: Begrüßen mehr Wett­bewerb

Ein Spre­cher des vierten Netz­betrei­bers 1&1 bezog klar Stel­lung: "Wir begrüßen den Beschluss des Beirats, der ausdrück­lich vorsieht, die Weichen für mehr Wett­bewerb auf dem deut­schen Mobil­funk­markt zu stellen. Genau dafür ist 1&1 mit seinem neuen 5G-Netz ange­treten. Als vierter Netz­betreiber werden wir im Sinne von Millionen Verbrau­chern und Verbrau­che­rinnen zu einer zukunfts­fähigen Mobil­funk­ver­sor­gung und mehr Wett­bewerb beitragen. Dazu errichten wir das modernste Mobil­funk­netz Europas auf Basis der neuar­tigen Open-RAN-Tech­nologie - voll­ständig virtua­lisiert, bereit für Echt­zeit­anwen­dungen, ohne Produkte aus China.

Herz­stück unseres inno­vativen Netzes bildet eine private Cloud in über 500 dezen­tralen Edge-Rechen­zen­tren, die via Glas­faser mit Gigabit-Antennen verbunden sind. Sämt­liche Netz­funk­tionen werden per Soft­ware gesteuert, die auf herkömm­lichen Servern läuft - so wie man sie in jedem Rechen­zen­trum findet. Mithilfe von stan­dar­disierten Schnitt­stellen arbeiten wir im Open RAN flexibel mit den besten und sichersten Herstel­lern zusammen und verzichten von Beginn an auf Produkte aus China.

Wie jeder andere Netz­betreiber benö­tigt auch 1&1 eine ange­mes­sene Ausstat­tung mit Funk­fre­quenzen. Im heutigen Beirats­beschluss wird das Posi­tions­papier der Bundes­netz­agentur zur Frequenz­ver­gabe 2025 begrüßt, welches sich für ein Verga­bever­fahren ausspricht, das auch 1&1 als Neuein­steiger faire Chancen für den weiteren Frequenz­erwerb einräumt. In diesem Posi­tions­papier wird ein Frequenz­tausch vorge­schlagen, der vorsieht, die 800-MHz-Frequenzen erst im Jahr 2033 statt im Jahr 2025 auslaufen zu lassen. Gleich­zeitig wird darin eine vorge­zogene Auktion im 900-MHz-Band ange­strebt. Mit diesem Lösungs­ansatz kommt die Bundes­netz­agentur den Wünschen der etablierten Netz­betreiber nach und bietet 1&1 als Neuein­steiger eine faire Chance, Frequenzen im übli­chen Verga­bever­fahren zu erwerben."

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die Beschlüsse des Beirates sind äußerst bemer­kens­wert. Der Beirat hat verstanden, dass eine Frequenz­auk­tion reine Geld­ver­schwen­dung wäre. Durch krea­tive Auflagen und ein System von Beloh­nungen könnten Netz­betreiber, die mehr und schneller ausbauen, Vorteile gewinnen. Durch den Abbau von Büro­kratie und die frühere Einbe­zie­hung von Betei­ligten könnte auch dort endlich Netz sein, wo "Dritte" (Bahn, Immo­bilien) mit von der Partie sind. Durch mehr und gegen­sei­tige Zusam­men­arbeit könnte auch die Frequenz­knapp­heit über­wunden werden.

Die Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung ist kleinen Unter­nehmen wichtig, sollte aber keinen Anspruch auf Tiefst­preise garan­tieren. Entschei­dend ist, dass der Netz­ausbau endlich wirksam voran kommt.

In einer weiteren Meldung geht es um: "Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung": Zustim­mung aus der Politik.

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