Editorial: Sanktionen abgeschüttelt!?
Huaweis Geschäft offenbar unbeeindruckt von Sanktionen
Bild: dpa
Zwei Meldungen dürften aktuell den Hardlinern unter den
US-amerikanischen Politikern wenig schmecken: Huawei
meldet für das letzte Quartal
85 Milliarden Euro Umsatz und 8 Prozent Nettorendite.
Zwar ist die wichtige Kenngröße des Umsatzzuwachses im Vergleich
zum Vorjahresquartal
von 13,1 Prozent im ersten Halbjahr 2020 auf "nur" noch
9,9 Prozent im dritten Quartal zurückgegangen. Aber wir
befinden uns in einer Zeit, in der wegen Covid-19 weltweit zahlreiche
wichtige Messen
ausfallen oder zumindest im Umfang stark reduziert werden, in der die
Lieferketten durcheinandergeraten und in der Verbraucher nicht wie
sonst in die Läden können oder sich wegen Angst um die eigene Zukunft
in Kaufzurückhaltung üben. Viele Unternehmen müssen daher drastische
Umsatzeinbrüche wegstecken und wären bereits sehr froh, überhaupt
die Vorjahresumsätze halten zu können. Huawei wächst hingegen weiterhin
kräftig, trotz der doppelten Belastung durch US-Sanktionen und die
Covid-Krise.
Huaweis Geschäft offenbar unbeeindruckt von Sanktionen
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Letzte Woche wurden von Huawei aber nicht nur neue Quartalszahlen
vorgestellt, sondern auch das neue
Mate 40 in den vier Versionen:
"normal", "Pro", "Pro+" und der besonders edlen
"Porsche Design Edition". Obwohl internationale Auftragsfertiger
seit Mitte September keine Chips mehr an Huawei liefern dürfen, macht
Huawei also weiter, als sei nichts gewesen. Sogar die
Marketing-Partner halten die Stange: Leica für das Kamerasystem mit
bis zu fünf Linsen (beim Pro+), darunter auch eine optisch zehnfach
vergrößernde Periskop-Kamera mit 8 Megapixeln. Und Porsche
stellt seinen Namen weiterhin für die "Porsche Design Edition" zur
Verfügung,
obwohl die USA in der letzten Zeit immer mehr Partner von Huawei mit
Sanktionen gedroht haben. Dabei wäre der Autohersteller massiv betroffen,
wenn er wegen der Huawei-Geschäfte seine Luxusautos nicht mehr in die
USA liefern könnte.
Klar wird die aktuelle Situation für Huawei dadurch etwas gemildert, dass sie rechtzeitig Gelegenheit hatten, sich vor dem Beginn der Sanktionen am 15. September mit Smartphone-Komponenten (Prozessoren, Speicherchips, Displays, Kameramodule etc.) einzudecken. Die eigentlichen Probleme beginnen daher erst, wenn der aktuelle Vorrat aufgebraucht ist. Dennoch: Für die aktuelle US-Regierung, die sich ja selber gerne als starken Kämpfer gegen die drohende chinesische Vormacht sieht, ist die aktuelle Situation eine große Blamage.
Bald sind in den USA Wahlen. Doch dass nach einem Wechsel des US-Präsidenten die Situation für Huawei besser wird, darf bezweifelt werden: China wird auch von der demokratischen Partei als Feind gesehen. Und wenn Biden die US-Sanktionen gegen Huawei fortsetzt, dann könnte es sein, dass er zwar weniger Staub aufwirbelt, aber zugleich mehr Wirkung erzielt.