Editorial: Kleine Zugeständnisse an kleine Entwickler
Vor einem Jahr schrieb ich über den Kampf des Fortnite-Entwickler Epic Games gegen die hohen Gebühren in den Stores von Apple und Google. Wenn Nutzer das Spiel aufs Handy laden und im Spiel dann kostenpflichtige Zusatzausrüstung kaufen, verlangen beide Anbieter 30 Prozent Provision. Wird das Spiel hingegen auf einen PC geladen, kann Fortnite den Verkauf der virtuellen Waffen und Rüstungen über ganz normale Zahlungsdienstleister abwickeln, was sie dann um die 3 Prozent kostet. Epic Games sah nicht länger ein, so viel Provision an Apple und Google zu bezahlen, bot auch in der Smartphone-Version des Spiels die direkte Kreditkartenzahlung an und flog dann kurzerhand aus Appstore und Playstore. Anschließend reichten sie gegen beide Betriebssystemanbieter Klage vor Gericht ein. Zugleich veröffentlichten Sie ein dramatisches Image-Video für ihre eigene Sache - bei der sie ausgerechnet eine alte Apple-Werbung parodieren:
Youtube-Video: Apple 1984 vs. EPIC Games
Kleine Zugeständnisse an kleinere Entwickler
Neben der Milliardenklage von Epic Games ist in den USA - übrigens vor derselben Richterin - auch eine Sammelklage zahlreicher App-Entwickler gegen Apple anhängig. In diesem Verfahren gab es jetzt eine außergerichtliche Einigung, die aber sicher nicht der große Wurf ist, den sich Epic Games vorstellt. Denn für den Kauf von App-Erweiterungen oder Spielgegenständen bleiben in der App selber alternative Bezahlmethoden weiterhin verboten. Auch sind in der Einigung keine alternativen App-Stores vorgesehen. Einzige Zugeständnisse: Die Entwickler können ihre Preise künftig etwas freier gestalten, da Apple die Zahl der verwendbaren Fixpreise von unter 100 auf über 500 erhöht. Und das größte Zugeständnis: Solche Lizenzen dürfen künftig auch an Apple vorbei vertrieben werden, aber nur außerhalb der App.
Epic Games könnte also beispielsweise künftig registrierten Fortnite-Spielern Werbemails schicken, in denen sie Upgrade-Pakete verkaufen, mit denen die Spieler Gegenstände erwerben, die sie dann auch auf der Smartphone-Version verwenden können. Auch ein Cross-Plattform-Vertrieb ist denkbar: Wenn derselbe User mal am PC und mal am Smartphone spielt, dann kann er die am PC erworbene Ausrüstung auch auf den Smartphone weiterverwenden. Das eigentliche Ziel der Klage von Epic Games, auch in der Fortnite-App selber per Kreditkarte Verkäufe durchführen zu dürfen, wird damit aber ganz klar nicht erreicht.
Alternativen sind unbedingt nötig
Zweifellos: Das Argument von Apple, mit dem Appstore eine Quelle von
geprüften Apps geschaffen zu haben, die die Stabilität des iPhone
nicht gefährden und die sich (überwiegend) an die Vorgaben bezüglich
Benutzerinterface und Akku-Sparsamkeit halten, ist in vieler Hinsicht
stichhaltig. Nur gelten für marktbeherrschende Hersteller wie Apple
(52 Prozent Marktanteil in den USA) auch die Kartellregeln. Und
die besagen, dass man den Wettbewerb nicht mehr als nötig behindern
darf. Genausowenig, wie Ihnen der Autohersteller vorschreiben darf,
nur Benzin von Shell oder Motoröl von Castrol zu verwenden, darf Ihnen
Apple eigentlich auch nicht vorschreiben, welche Software Sie installieren.
"Eigentlich", weil sie es derzeit eben doch tun.
Das beliebte Online-Spiel "Fortnite" des Entwicklers Epic Games
Bild: picture alliance/Herwin Bahar/ZUMA Wire/dpa
Google erlaubt bei Android nach entsprechender Änderung in den
Einstellungen auch die Installation von ungeprüfter Drittanbietersoftware.
Klar kann man damit dann sein Smartphone kaputt machen, genauso, wie man
sein Auto kaputt machen kann, indem man ungeeignetes Motoröl verwendet
oder gar Kühlmittel dort einfüllt, wo das Motoröl hinein muss. Genau
wegen dieser Gefahr, was kaputtzumachen, werden die wenigsten User
die Möglichkeit zur Installation von Apps aus Drittanbieterquellen
nutzen. Aber selbst, wenn es nur wenige User betrifft: Die Möglichkeit
der Drittanbieterinstallation ganz zu unterbinden, bleibt dennoch ein
Kartellvergehen.
Im Sinne der Verbraucher ist daher zu hoffen, dass sich Epic Games durchsetzt und zumindest die Möglichkeit zum direkten Download und der Installation von Drittanbieter-Apps durchsetzt. Noch besser wäre es, wenn sie die Möglichkeit zur Installation von Drittanbieter-Stores erreichen würden, oder gar das Verbot alternativer Zahlungsdienstleister in Apps knacken könnten.