100 Jahre Warner Bros.: Jubiläum mit unsicherer Zukunft
Spricht man heute über Hollywood-Blockbuster, dreht sich alles um gewaltige Actionszenen mit Superhelden aus dem Marvel-Universum oder beeindruckende Weltraumschlachten in Star Wars. Lange Zeit bevor Spezialeffekte aus dem Computer kamen, spielte das Filmstudio Warner Bros. in der Traumfabrik bereits ganz vorne mit. Los ging es im Jahr 1923, als die Brüder Harry, Albert, Sam und Jack Warner den Grundstein für das gleichnamige Filmstudio legten. In den Folgejahren nach der großen Depression entstand in Hollywood eines der bis heute weltweit bedeutendsten Produktionsstudios. Die Erfolge aus den Gründerjahren verblassen zunehmend, was jedoch nicht im kreativen Potenzial des Studios begründet ist.
Höhepunkt als Time Warner
Legendärer Filmkuss: Humphrey Bogart und Ingrid Bergman in "Casablanca"
Foto: picture alliance/Everett Collection
Über Dekaden hinweg entwickelte sich Warner Bros. zu einem riesigen Medienkonglomerat. Seine eigentliche Hochphase hatte der Konzern zu Beginn der 1990er-Jahre, als Warner Communications mit dem Verlagsgeschäft von Time fusionierte. Time Warner war zeitweise eines der einflussreichsten Medienunternehmen der Welt, ab 2001 wurde auch der Online-Dienst AOL integriert, von nun an hieß der Konzern AOL Time Warner.
Mit dem Digitalgeschäft tat man sich in New York allerdings schon damals schwer. AOL war für Time Warner ein unkalkulierbares Milliardengrab. So schrieb der damalige Online-Dienst im Jahr 2002 einen Nettoverlust von 100 Milliarden US-Dollar - bedingt durch gigantisches Unternehmenswertabschreibungen. Danach kam im Digitalgeschäft lange Zeit überhaupt nichts, das Verlagsgeschäft wurde unter Eigentümer AT&T de facto beerdigt.
Auch AT&T scheiterte
Im Jahr 2016 startete der US-Telekommunikationskonzern AT&T einen weiteren Versuch, Warner zu einem Medienkonglomerat umzubauen. Doch das Projekt von AT&T-Chef Randall Stephenson erwies sich gleichermaßen als teurer Flop. Einerseits hatte AT&T für Time Warner mit über 85 Milliarden US-Dollar einen völlig überzogenen Preis gezahlt, andererseits konnte der bis dato nur auf den amerikanischen Markt fokussierte Netzbetreiber das globale Medien- und Streaminggeschäft nicht skalieren.
CEO John Stankey begrub die Vision seines Vorgängers und veräußerte schließlich die WarnerMedia-Beteiligung an Discovery Communications. Deren CEO David Zaslav leitet nun das fusionierte Unternehmen Warner Bros. Discovery und muss ebenso einen gigantischen Schuldenberg abbauen. Unter dem neuen Management gab es nicht nur chaotische Umstrukturierungen und Kürzungen - zuletzt machte der Konzern vor allem durch Rechtsstreitigkeiten um irreführende Aussagen zu Abonnentenzahlen bei HBO Max auf sich aufmerksam.
Größe ohne Vision
Paradoxerweise begeht Warner Bros. Discovery nun den gleichen Fehler, wie noch zu Zeiten von AOL und Time Warner. Größe allein reicht im Mediengeschäft nicht, wenn die gemeinsame Vision fehlt. Was verbindet Warner und Discovery abseits komplementärer Inhalte auf einer gemeinsamen Plattform? Allein schon die gewachsenen Strukturen und Unternehmenskulturen in beiden Unternehmen zusammenzuführen scheint bereits eine beinahe unlösbare Aufgabe zu sein.
In der heute schnelllebigen und vor allem digitalen Medienbranche erscheint es kaum vorstellbar, dass ein legendäres Studio wie Warner Bros. auch in den nächsten hundert Jahren noch existiert. Doch egal was aus Warner wird, Szenen wie der Kuss von Humphrey Bogart und Ingrid Bergman haben Hollywoodgeschichte geschrieben. Und daran wird man sich in hundert Jahren definitiv noch erinnern.