Mobilfunkstrahlung

Kein Nachweis für Tumorerkrankungen durch Handy-Nutzung

Kombinierte Analyse von Daten aus der Interphone-Studie
Von Marie-Anne Winter

Die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der Handy-Nutzung sind seit Jahren ein heftig umstrittenes Thema. Zwar konnte bisher kein direkter Zusammenhang zwischen bestimmten Erkrankungen (etwa Hirntumoren) und der Mobilfunkstrahlung hergestellt werden, als gesundheitlich völlig unbedenklich gilt Mobilfunk jedoch nicht. Allein die Angst vor der Strahlung kann gesundheitliche Beeinträchtigungen mit sich bringen. So klagten Anwohner, in deren Umfeld ein Mobilfunkmast errichtet wurde, plötzlich über Kopfschmerzen und Schlafstörungen - obwohl die Antenne zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Betrieb war. Seit sich herausgestellt hat, dass zwei aufsehenserregende Studien über angebliche Erbgutschäden durch Mobilfunkstrahlung auf gefälschten Daten beruhten, haben es die Mobilfunk-Kritiker auch nicht leichter, ihre Bedenken nachdrücklich zu vertreten.

Das International Journal of Epidemiology veröffentlichte inzwischen die kombinierte Analyse der bevölkerungsbasierten multi-nationalen Fall-Kontrolle-Studie über Gliome und Meningiome, die häufigsten Gehirntumore. Dies ist die erste Studie einer Reihe von kombinierten Datenanalysen über Kopf- und Nackentumore, die als Teil des international koordinierten Interphone-Projekts veröffentlicht werden. Dabei kamen die Autoren zu folgendem Schluss:

Insgesamt wurde keine durch den Gebrauch von Mobiltelefonen verursachte Zunahme des Risikos beobachtet, an einem Gliom oder Meningiom zu erkranken. Es gab Hinweise eines vergrößerten Risikos von Gliomen auf den höchsten Expositionsniveaus, aber statistische Verzerrungen und andere Fehler erlauben keine kausale Interpretation. Die möglichen Effekte eines langfristigen intensiven Gebrauchs von Mobiltelefonen verlangen weitere Untersuchungen.

Weitere Forschung notwendig

In der die Studie begleitenden Presseinformation sagte Dr. Christopher Wild, Direktor der Internationalen Agentur für die Forschung über Krebs (International Agency for Research on Cancer, IARC): "Ein erhöhtes Risiko, an Hirntumoren zu erkranken, wird durch die Interphone-Daten nicht nachgewiesen. Die Beobachtungen in der Kategorie der höchsten kumulativen Anruf-Zeit und die sich ändernden Verhaltensmuster bei der Nutzung von Mobiltelefonen seit der durch Interphone untersuchten Periode, besonders bei jungen Menschen, deuten an, dass Mobiltelefongebrauch und Hirntumor-Risiko es verdienen, weiter untersucht zu werden." Mobifunk-Antenne Mobifunk-Antenne: Allein der Anblick kann Kopfschmerz auslösen
Bild: nobbi.com Mobilfunkseite N. Hüttisch

Auch diese Studie liefert bislang also keinen Hinweis auf die Schädlichkeit der Mobilfunknutzung, sieht allerdings weiteren Forschungsbedarf für die Langzeitnutzung. Die Mobilfunk-Industrie geht noch weiter und sieht dieses Ergebnis als Beweis für die Unbedenklichkeit der Mobilfunknutzung an: "Das Interphone-Projekt ist die größte Studie ihrer Art, die jemals in diesem Bereich unternommen wurde und bedeutet eine weitere klare Bestätigung hinsichtlich der Sicherheit von Mobiltelefonen. Die Gesamtanalyse stimmt mit Ergebnissen früherer Studien und dem beachtlichen Umfang der Forschung überein, die kein erhöhtes Gesundheitsrisiko aus dem Gebrauch von Mobiltelefonen ableiten," so Michael Milligan, Generalsekretär des Mobile Manufacturers Forums (MMF [Link entfernt] ), über die Studie. Er setzte fort: "Das Fehlen von erhöhten Gesundheitsrisiken umfasst auch den langfristigen Mobiltelefongebrauch von mehr als 10 Jahren. Die Autoren machen klar, dass die Datenlage bezüglich der selbstberichteten Schätzung der Nutzung in der Vergangenheit für die eindeutige Interpretation eines möglichen Risikos wegen möglicher Fehler oder statistischer Verzerrungen ungenügend waren. Zum Beispiel wird in der Studie festgehalten, dass Menschen mit einem Gehirntumor ihren zurückliegenden Mobiltelefongebrauch erwiesenermaßen überschätzten, und dass eine Verzerrung der Rücklaufquoten der Fragebögen wahrscheinlicher wird, wenn an der Studie teilnehmende Personen wahrnehmen, dass - wie in den Medien umfangreich berichtet worden ist - Mobiltelefongebrauch mit Gehirntumoren in Verbindung gebracht wird."

Die Interphone-Ergebnisse müssen jetzt von unabhängigen Gesundheitsbehörden wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderen Expertengruppen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die menschliche Gesundheit bewertet werden. Derzeit werden mehrere längerfristige Studien wie die COSMOS-Studie durchgeführt, die den Gesundheitszustand von 250 000 europäischen Mobiltelefonnutzern über 20-30 Jahren beobachtet. Weiterhin laufen mehrere Projekte speziell über Kinder und Teenager. Hierzu gehören die internationalen Studien MOBI-Kids und CEFALO sowie das australische MoRPhEUS-Projekt.

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