Google-Equiano-Kabel: St. Helena über Glasfaser erreichbar
Bereits im Jahr 2021 war das Glasfaserkabel von Google-Equiano auf der Insel St. Helena im Atlanktik gelandet. Die weitab gelegene Insel St. Helena wurde durch die Verbannung des französischen Kaisers Napoleon Bonaparte weltbekannt.
In diesen Tagen ist nun die Verbindung aktiviert worden. Der Branchendienst kentik.com hat einen Rückgang der Pingzeiten nach ".sh" (= St. Helena) von 657 ms auf 131 ms bemerkt. Das Unternehmen "Cloudflare", eines der größten Content Delivery Networks der Welt, bemerkte gestern einen 70-fachen Anstieg des Datenverkehrs nach St. Helena. Offenbar sind viele Nutzer neugierig auf die neue Verbindung.
Lange Vorgeschichte
St. Helena ist über das Equiano-Glasfaser-Kabel (gelb) angeschlossen
Grafik: Regierung von St. Helena
Dass St. Helena überhaupt ans "Internet angeschlossen" wurde, ist dem Deutschen Christian von der Ropp zu verdanken, der im Januar 2012 eine Initiative ins Leben gerufen hatte. Er hatte bei britischen Abgeordneten um das Projekt geworben, hatte die Idee, Satellitenbetreiber auf die Insel zu holen, um die Betriebskosten zu decken. Im Januar 2018 hatte er Google angesprochen und sie dazu bewogen, eine Abzweigung auf die Insel zu erwägen und konnte letztlich auch OneWeb mit einer großen Bodenstation, die inzwischen in Bau ist, auf die Insel bringen.
Dass es so lange gedauert hat, hängt wohl mit dem örtlichen TK-Monopolisten Sure South Antlantic zusammen. Noch 2017 war in ganzseitigen Anzeigen in der Inselzeitung behauptet worden, dass das gesamte Projekt nicht machbar sei, weil sich die Insel das nie leisten könne.
Verzögerungen durch den Monopolisten
Nach Auskunft des Initiators von der Ropp wäre das Kabel spätestens im Mai betriebsbereit gewesen, aber erst vor wenigen Wochen konnte eine Einigung mit der Inselregierung erzielt werden, welche die Grundlagen dafür bildete, dass Sure am Wochenende von der bisherigen langsamen Satellitenanbindung auf das neue Unterseeglasfaserkabel gewechselt ist.
Ein Auslöser war vermutlich, dass inzwischen rund 100 Insulaner den Satelliten-Dienst Starlink verwenden, obwohl SpaceX dafür gar keine Lizenz hat und demnach auf St. Helena gar keinen Dienst erbringen dürfte. Die Inselregierung hatte Sure damit gedroht, die Nutzung von Starlink formal zu erlauben.
Sure lenkt ein
Daraufhin hatte Sure eingelenkt und neue Tarife eingeführt. Die aktuelle Vereinbarung zwischen der Inselregierung und dem bisherigen Monopolisten Sure gilt zunächst nur 18 Monate und kann mit sechsmonatiger Kündigungsfrist verlängert werden. Was danach geschieht, sei immer noch offen.
Wie von der Ropp weiter berichtet, ist das Telefonnetz auf der Insel (Vorwahl +290) tatsächlich veraltet. Es gibt dort "auf der letzten Meile" ausschließlich Kupfer, worüber nur ADSL2+ angeboten wird, sodass die meisten Inselbewohner kaum über 10 MBit/s down oder 1 MBit/s upload kommen können.
Die Inselregierung hatte letztes Jahr aufgrund des anhaltenden Konflikts mit dem Monopolisten den Aufbau eines eigenen Glasfaser-FTTH-Netzes in Auftrag gegeben. Das Projekt sei aber erheblich verspätet gestartet und andererseits noch völlig unklar, ob, wann und welcher Anbieter auf diesem neuen FTTH-Netz Dienste anbieten wird.
Bislang liegt das TK-Monopol beim Anbieter Sure, aus dem die Insel kaum aussteigen kann, weil die entscheidende Klausel in den Verträgen besagt, dass die Inselregierung das Netz von Sure (früher Cable & Wireless, heute eine Tochter von Batelco, Bahrein) abkaufen muss, sollte ihr Monopol nicht verlängert werden. Welcher Preis für das veraltete Netz im Ansatz zu erbringen ist, dürfte der spannendste Punkt sein.
Initiator Christian von der Ropp zu Besuch bei Lord Balfe (Mitglied es britischen Oberhauses und langjähriger Europaabgeordneter) in London
Bild: earthstation.sh
Europa schenkt Leitung mit Quasi-Flatrate
von der Ropp kritisiert weiter, dass auch in kleineren Tarifen von Sure, die seit kurzem gelten, das Datenvolumen weiterhin begrenzt bleibe, obwohl die Insel das Kabel samt 100-GBit/s-Kapazität nach Europa vom Europäischen Entwicklungsfonds geschenkt bekommen habe.
Inselregierung bestätigt Sicherstellung der Telekommunikation
Die Inselregierung (SHG) bestätigt, dass Verhandlungen mit Sure South Atlantic Ltd. stattgefunden hatten, um eine Verlängerung der bestehenden Lizenz zu erreichen. Als Ergebnis dieser erfolgreichen Gespräche habe SHG eine Verlängerung des aktuellen Lizenzabkommens mit Sure ab dem 1. Januar 2024 für einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten vereinbart. Danach werde der Vertrag vorbehaltlich einer sechsmonatigen Kündigungsfrist durch SHG auf unbestimmte Zeit verlängert. In der Zwischenzeit werde Sure im Jahr 2023 die notwendigen Investitionen tätigen, um den Anschluss an das Kabel zu ermöglichen, betonte SHG.
Welche Tarife gabt es bisher?
Die alten Tarife (via Satellit) sahen 1,1 GB mit 1 MBit/s down und 0,5 MBit/s up für 15,35 Euro (13,31 St.HelenaPfund entspricht dem Britischen Pfund) vor. Für den größten "Gold Plus" mit 31 GB (2 MBit/s down und 0,7 MBit/s up) wurden 184 Euro verlangt. Jedes Mehr-MB stand mit 6 Cent auf der Rechnung.
Neue Tarife via Glasfaser-Seekabel
Im "Entry/Social Tariff" sind 15 GB Volumen pro Monat enthalten mit einer Downloadgeschwindigkeit von 2,5 MBit/s und einem Upload von 0,5 MBit/s. Dafür werden etwa 15,34 Euro pro Monat berechnet. Der Tarif "S" enthält 30 GB (5 MBit/s down, 1 MBit/s up) und kostet 18 Pfund (20,76 Euro), bei M (60 GB) sind es 36 Pfund (41,52 Euro). Der Unlimited-Tarif "L", der maximal 10 MBit/s down und 1 MBit/s up erlaubt, kostet 77,29 Euro, mit doppelter Download-Geschwindigkeit sind es 138,43 Euro Monat pro Monat, für Insulaner schier unerschwinglich.
Nach Auskunft der Inselregierung wird Sure sein Kernnetz in den nächsten sechs Monaten weiter aufrüsten, so dass gewerbliche Kunden ab dem 1. April 2024 höhere Geschwindigkeiten erreichen können. Schon früher hatten wir über die TK-Probleme auf der Insel berichtet.