Meinung

Disney+: Wird die Preiserhöhung zum Bumerang?

Disney versucht sich an einem Expe­riment: Der Mickey Mouse-Konzern testet aus, wie zahlungs­bereit Abon­nenten beim Strea­ming-Dienst Disney+ sind. Das aber könnte sich schnell zum Bume­rang entwi­ckeln.
Ein Kommentar von Björn König

Schon beim Deutsch­land-Start von Disney+ im März 2020 war klar, dass es die Block­buster des Holly­wood-Studios nicht auf Dauer als "All you can Binge"-Flat­rate für unter sieben Euro im Monat frei Haus gibt. Bald stand die erste Preis­erhö­hung an, mit der aktu­ellen Ankün­digung aus Burbank wurde nun auch die "magi­sche" zehn Dollar Schall­mauer gerissen. Knapp elf US-Dollar pro Monat will Disney-Chef Bob Chapek pro Kunden­konto einnehmen, gleich­zeitig gibt es für rund acht US-Dollar eine güns­tigere weil werbe­finan­zierte Vari­ante des Strea­ming-Dienstes. Doch machen Disney-Fans hier wirk­lich ein Schnäpp­chen oder handelt es sich um die berüch­tigte Katze im Sack?

Hoch­wer­tige Inhalte

Foto: Disney/Marvel Studios Natalie Portman und Chris Hemsworth im Marvel-Blockbuster "Thor 4: Love and Thunder"
Foto: Disney/Marvel Studios
Zunächst muss man einge­stehen, dass Disney+ gemessen an den bislang gebo­tenen Inhalten nicht zu teuer ist. Zuschauer bekommen Premium-Content von Disney, Pixar, Star Wars/Lucas­film, Fox, Marvel, Premium-Drama­serien von ABC Signa­ture und nicht zuletzt erst­klas­sige Dokus von National Geogra­phic. Da kann man bei einem Monats­preis von rund zehn Euro nicht meckern, zumal Disney viele Block­buster nur mit leichter Verzö­gerung ohne Aufpreis parallel zum Kino­start zeigt.

Derzeit gibt es in Deutsch­land keinen Strea­ming-Dienst mit einem vergleichbar reich­hal­tigen und gleich­zeitig aktu­ellen Studio­katalog. Voraus­sicht­lich gegen Ende dieses Jahres könnte sich dies jedoch mit dem Start von Para­mount+ ändern. Poten­zielle Abon­nenten dürften dort eine glei­cher­maßen aktu­elle Library vorfinden, obgleich sie wahr­schein­lich quan­titativ nicht mit Disney mithalten kann.

Werbung ist Knack­punkt

Dennoch scheint Disney seine Rele­vanz im Wett­bewerb zu über­schätzen. In den USA ruft der Medi­enkon­zern künftig für seine bereits erwähnte werbe­finan­zierte Vari­ante von Disney+ rund acht Dollar ab. Zum Vergleich: Kürz­lich gab es in Deutsch­land für knapp acht Euro noch ein Amazon Prime Abo, inklu­sive werbe­freien Zugang zu Prime Video. Und auch bei Netflix war der werbe­freie Einstieg zumin­dest bislang für knapp unter acht Euro möglich.

Bleibt somit die Frage, warum Abon­nenten ausge­rechnet bei Disney zu diesem Preis Werbung akzep­tieren sollten. Hier wird nicht klar, an welcher Stelle sich dieses Angebot wesent­lich von der Konkur­renz abhebt. Zudem ist die Preis­dif­ferenz zum werbe­freien SVoD-Angebot verschwin­dend gering. Hier ruft Disney künftig knapp elf Dollar ab. Akzep­tieren Abon­nenten wegen drei Dollar Aufpreis Werbung? Der Zusatz­nutzen für die Ad-supported-Vari­ante scheint hier einfach viel zu gering.

Über­zeu­gende Konkur­renz

Schaut man auf den Wett­bewerb, gibt es dort attrak­tivere Ange­bote. Beispiels­weise ist das eben­falls werbe­finan­zierte Amazon Freevee für Zuschauer komplett kosten­frei, glei­ches gilt für Pluto TV von Para­mount. Beide Dienste glänzen zudem mit exklu­siven Origi­nals, wie "Bosch: Legacy". Pluto TV zeigte sogar die vierte Staffel von Star Trek: Disco­very in der Deutsch­land­pre­miere exklusiv.

Bei Disney wagt man offen­sicht­lich einen Spagat: Einer­seits sollen SVoD-Kunden mehr Umsatz bringen, ande­rer­seits müssen aber auch Bestands­kunden bei der Stange gehalten werden, denen Disney+ jetzt schon zu teuer ist. Darum also ein werbe­unter­stütztes Abomo­dell. Im Endef­fekt wirkt diese Stra­tegie aber halbgar. Auch in den USA muss Disney+ bereits gegen­über der konzern­internen Konkur­renz von Hulu Federn lassen. Lang­fris­tige Umsatz­pro­gnosen sind im schnell­lebigen Strea­ming-Geschäft zwar schwierig, dennoch scheint der Peak für Disney erreicht, selbst wenn das Studio gerade an Netflix vorbei­zieht. Nun geht es darum, keine Markt­anteile an die Konkur­renz zu verlieren. Mehr als frag­lich ist jedoch, ob Bob Chapek dieses Ziel auf seinem einge­schla­genen Weg erreicht.

Für Mobil­funk­kunden der Deut­schen Telekom gibt es aller­dings ein Jahr lang keine Preis­erhö­hung bei Disney+, denn diese haben im Rahmen einer bis 30. September laufenden Aktion die Möglich­keit, Disney+ ein Jahr lang kostenlos zu nutzen.

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