Tüt-tüt-tüt

Editorial: Wenn der Anschluss plötzlich weg ist

Der Deutsche Markt ist auf Insolvenzen schlecht vorbereitet
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Telogic-Kunden konnten schon acht Stunden nach der Abschaltung wieder abgehend telefonieren, nachdem Telogic hierfür eine Zusammenschaltung mit einem anderen Netzbetreiber vorgenommen hatte. Dieser andere Netzbetreiber ist wohl auch ein potenzieller Investor, der das insolvente Unternehmen komplett übernehmen könnte. Am Abend liefen dann auch eingehende Verbindungen wieder. Diplomatischer Druck der Bundeswehr hatte die Deutsche Telekom wohl veranlasst, die Leitungen wieder freizuschalten.

Dennoch ist der Schock für die betroffenen Kunden groß. Diese erfuhren erst durch die Telekom-Abschaltung von dem vorläufigen Insolvenzverfahren. Wer eh noch weitere SIM-Karten und/oder einen Festnetzanschluss besitzt und die alternativen Nummern im Bekanntschafts- oder Kundenkreis verteilt hat, wird sich aber meist nicht allzu große Sorgen machen, dass sich die Sperrung wiederholt. Man bleibt ja erreichbar, und eine alternative Discounter-SIM ist bei endgültigem Wegfall von Telogic schnell besorgt.

Anders bei Geschäftskunden, für die die Telogic-Nummer die Hauptnummer ist. Viele davon machen sich Sorgen vor erneuten Ausfällen. Doch geht es trotz laufendem Insolvenzverfahre überhaupt, die Nummer zu einem anderen Anbieter zu portieren? Der Insolvenzverwalter antwortet zwar "Ja, wenn man die Portierungsgebühr gesondert überweist". Doch gibt der Insolvenzverwalter auch zu, dass es derzeit einen Rückstau bei der Bearbeitung der Portierungsanträge gibt. Und die Frage, ob solche Portierungen dauerhaft wirksam bleiben, sollte Telogic komplett untergehen, ist komplett offen. Am Ende gehört zwar die ihm zugewiesene Rufnummer formalrechtlich dem Kunden, es gibt aber niemanden mehr, der diese auf eine SIM-Karte schalten und/oder dorthin verbinden kann.

Regulierer bitte melden!

Am Ende ist die Bundesnetzagentur gefragt, hier eindeutige Regeln zu erlassen. Im Sinne der Kunden wäre, wenn diese bei laufendem Insolvenzverfahren jederzeit auch ohne Mitwirkung des abgehenden Netzbetreibers ihre Nummer wegportieren können, wenn sie gegenüber dem neuen Netzbetreiber ausreichend glaubhaft machen, Inhaber der Nummer zu sein. Solche Notportierungen sollten auch für eine Übergangsfrist (zum Beispiel drei Monate) nach kompletter Einstellung des Netzbetriebs möglich sein. Danach noch verbleibende Rufnummern sollten als Teil der Nummernblöcke des gescheiterten Netzbetreibers zurück an die Bundesnetzagentur gehen. Wenn diese einen solchen Nummernblock später neu vergibt, dann nur exklusive der zwischenzeitlich herausportierten Rufnummern.

Doch die individuellen Rufnummern zu erhalten, ist nur ein Teil des Problems. Der andere Teil ist, deren Erreichbarkeit sicherzustellen. Hier ist ebenfalls die Bundesnetzagentur gefragt, alle in Deutschland tätigen Netzbetreiber zu verpflichten, die Erreichbarkeit aller von ihr vergebenen Rufnummernblöcke zu gewährleisten. Zahlreiche neue Netzbetreiber klagen, dass die Verhandlungen zu den Zusammenschaltungsverträgen extrem zäh und nervenaufreibend verliefen. Das betrifft nicht nur Newcomer mit vergleichsweise kleinem Budget wie sipgate, die schon längst ihr eigenen virtuelles Netz gestartet haben wollten, sondern auch Milliarden-Investments wie Quam.

Klar ist, dass die Vereinfachung der Zusammenschaltung nicht nur das Entstehen neuer Spezialanbieter und virtueller Netzbetreiber befördern wird, sondern es in der Folge auch mehr Fälle gescheiterter Anbieter geben wird. Die Bundesnetzagentur macht sich also gleich doppelt mehr Arbeit, wenn sie Zusammenschaltungen erleichert: Erst mit den Zusammenschaltungen, und später im Falle des Scheiterns mit den Auseinanderschaltungen. Von daher ist verständlich, dass sie nicht jeden kleinen Krauter dabei unterstützt, selber virtueller Netzbetreiber zu werden. Die so verhinderten Probleme mit Insolvenz und Abschaltung sind auch zum Vorteil der Kunden. Die andererseits verschlechterte Wettbewerbssituation ist hingegen zu deren Nachteil.

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