Blackout

Wikipedia: Protest-Abschaltung gegen Anti-Piraterie-Gesetze

Die englischsprachige Wikipedia geht für 24 Stunden vom Netz
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

Blackout bei Wikipedia Aus Protest gegen SOPA und PIPA geht Wikipedia für einen Tag vom Netz.
Bild: wikimediafoundation.org
Der Widerstand gegen die umstrittenen Anti-Piraterie-Gesetze in den USA soll vor allem in Internet sichtbarer werden: Am Mittwoch wird deshalb unter anderem das Flaggschiff der Online-Enzyklopädie Wikipedia für einen Tag abgeschaltet: Die englischsprachige Ausgabe soll dann nur eine Protestnote gegen die zwei Gesetzesinitiativen zeigen. "Bei einer Verabschiedung hätten beide Gesetze verheerende Folgen für das freie und offene Web", erklärte die Wikimedia Foundation, die das freie Wissensprojekt betreibt.

Blackout bei Wikipedia Aus Protest gegen SOPA und PIPA geht Wikipedia für einen Tag vom Netz.
Bild: wikimediafoundation.org
Der gestrigen Entscheidung [Link entfernt] für den eintätigen Blackout ging eine breite Meinungsbildung voraus, an der mehr als 1 800 Autoren von Wikipedia-Artikeln mitwirkten. Dies sei die bislang höchste Beteiligung bei einer Wikipedia-Diskussion, was die große Besorgnis angesichts der geplanten Gesetze zum Ausdruck bringe, erklärte Wikimedia. Die Gesetze sehen unter anderem Netzsperren von Internet-Seiten vor, auf denen Raubkopien auftauchen.

Die Abschaltung des Angebots beginnt am Mittwoch um 6.00 Uhr (MEZ) und dauert 24 Stunden. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales schrieb im Kurzmitteilungsdienst Twitter, Schüler und Studenten sollten ihre Hausaufgaben früh erledigen, weil "Wikipedia am Mittwoch gegen ein schlechtes Gesetz protestiert". Die deutschsprachige Wikipedia wird weiter zugänglich sein, aber voraussichtlich einen Protestbanner in Solidarität mit der Aktion in den USA anzeigen.

Weitere Aktionen gegen SOPA und PIPA

Auch zahlreiche andere Internet-Angebote protestieren am Mittwoch mit Abschaltungen oder Bannern gegen die Gesetzesinitiativen mit den Bezeichnungen SOPA (im Repräsentantenhaus) und PIPA (im Senat), die eine schärfere Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zum Ziel haben. Twitter-Vorstandschef Dick Costolo lieferte sich eine Kontroverse mit Wales und anderen, in der er eine Abschaltung zunächst als "dumm" bezeichnete, dies später aber relativierte. Twitter sei auch gegen SOPA, halte die Abschaltung des globalen Internet-Dienstes aber nicht für sinnvoll.

Der Gesetzentwurf für SOPA (Stop Online Piracy Act) wurde am 26. Oktober 2011 vom republikanischen Abgeordneten Lamar Smith aus Texas vorgelegt. Zurzeit berät der Justizausschuss der Parlamentskammer über SOPA. Der Senat, die zweite Kongresskammer, stimmt am 24. Januar zunächst über Verfahrensfragen bei der Behandlung eines ähnlichen Gesetzesvorhabens ab: PIPA (Protect IP Act) soll ebenfalls Maßnahmen gegen Web-Anbieter im Ausland ermöglichen, die das geistige Eigentum (intellectual property, IP) verletzen. Eingebracht wurde PIPA vom demokratischen Senator Patrick Leahy in Vermont.

Unterstützung für die Gesetze bröckelt

Besonders umstritten ist eine Bestimmung bei SOPA, die von Internet-Providern verlangt, nach einer gerichtlichen Anordnung den Zugang zu ausländischen Webseiten zu sperren, die Raubkopien anbieten. Dies wird von den Gegnern als Zensur und unzulässiger Eingriff in die technische Infrastruktur des Netzes abgelehnt. Unter dem Eindruck der heftigen Kritik signalisierte Smith zuletzt Kompromissbereitschaft in dieser Frage.

Inzwischen hat auch die US-Regierung in einer Stellungnahme [Link entfernt] zu entsprechenden Petitionen verkündet, dass nicht in die technische Struktur des Internet eingegriffen werden dürfe und der geplanten DNS-Sperrung eine Absage erteilt. Gleichzeitig wurde aber dazu aufgerufen, möglichst bald taugliche Gesetze zu verabschieden, um den Strafverfolgungsbehörden und Rechteinhabern zu ermöglichen, Urheberrechtsverletzungen auch dann zu verfolgen, wenn sie außerhalb der USA ausgeübt werden. Es dürfe Kriminellen nicht erlaubt werden, sich hinter einem leeren Bekenntnis zu legitimen amerikanischen Werten zu verstecken.

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