Editorial: Steuerfalle 1-Euro-Handy
Ein Urteil des Bundesfinanzhofs setzt die gesamte Mobilfunkbranche unter Druck: Möglicherweise wurden in der Vergangenheit viele Verkäufe von 1-Euro-Handys bei Vertragsabschluss falsch behandelt. In der Folge könnten Umsatzsteuer-Nachforderungen in Milliardenhöhe entstehen. Hintergrund sind recht verzwickte Details des Umsatzsteuerrechts. Das Verrückte: Nachdem zunächst erheblich Mehrwertsteuer nachbezahlt wird, könnten die Mobilfunk-Unternehmen künftig sogar (etwas) Steuern sparen.
Mehrwertsteuer auch auf Gratis-Abgaben
Kompliziert: Die Besteuerung von subventionierten Smartphones
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Der Staat versucht natürlich immer, Steuerschlupflöcher zu schließen. Ein solches ist die Gratis-Abgabe von
Leistungen und Waren. Beispiel: Ein Obstbauer gibt einem herbstlichen
Erntehelfer einen kräftigen Lohnzuschuss, indem ein Teil der Ernte
zu ihm nach Hause geliefert wird. In einem kühlen Keller kann er dann
Äpfel bis zum nächsten Frühjahr einlagern. Der Staat verlangt nun,
dass auf diese kostenlose Lieferung Mehrwertsteuer und Lohnsteuer entrichtet werden. Deren Höhe bemisst sich an dem Preis, den der Erntehelfer üblicherweise
im Laden bezahlt hätte. Ähnliche Regeln gelten beispielsweise auch für
Mitarbeiterrabatte bei Autoherstellern.
Die genannte Regelung ist nicht unumstritten, weil sie zu einigen absurden Konsequenzen führt: Ein Supermarkt, der (fast) abgelaufene Ware wegwirft, kann diese ausbuchen. Die Einkaufskosten dieser Ware gelten dann als Verlust. Spendet der Supermarkt die Ware hingegen an die "Tafeln", muss der Supermarkt über die gelieferte Ware eine Rechnung inklusive Mehrwertsteuer ausstellen und diese Mehrwertsteuer an das Finanzamt abführen. Das gilt auch dann, wenn der Supermarkt als Gegenleistung von der "Tafel" kein Geld, sondern nur eine Spendenquittung erhält.
Freibeträge für spezielle Fälle
In der Praxis führt die Mehrwertsteuerpflicht für Geschenke und an Gegenleistungen gebundene Sonderrabatte also zu etlichen Problemen. Damit nicht jeder Restaurantbetreiber jedem Bissen seiner Köche hinterherspionieren muss und der Marketing-Chef nicht den Verbleib jedes Kuli oder jedes Bonbons mit Firmenlogo einzeln verzeichnen muss, gibt es Ausnahmen. So existiert etwa ein Freibetrag von 1080 Euro jährlich für Firmenrabatte an Arbeitnehmer und eine Freigrenze von 35 Euro für Geschenke an Kunden.
Lesen Sie auf Seite 2, warum Mobilfunkhändlern hohe Nachforderungen des Finanzamts für die Mehrwertsteuer drohen - und warum dennoch am Ende alle Beteiligten (Händler, Provider und Netzbetreiber) in der Summe sogar Steuern sparen könnten.