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Editorial: Steuerfalle 1-Euro-Handy

Mobilfunk-Händler müssen unter Umständen Umsatzsteuer in erheblicher Höhe nachzahlen, wenn Netzbetreiber ihnen Handy-Boni inklusive Umsatzsteuer gezahlt haben. Grund ist, dass das Handy für den Endkunden, nicht für den Netzbetreiber bestimmt war.
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Ein Urteil des Bundes­finanzhofs setzt die gesamte Mobilfunk­branche unter Druck: Möglicherweise wurden in der Vergangenheit viele Verkäufe von 1-Euro-Handys bei Vertrags­abschluss falsch behandelt. In der Folge könnten Umsatzsteuer-Nachforderungen in Milliardenhöhe entstehen. Hintergrund sind recht verzwickte Details des Umsatzsteuer­rechts. Das Verrückte: Nachdem zunächst erheblich Mehrwertsteuer nachbezahlt wird, könnten die Mobilfunk-Unternehmen künftig sogar (etwas) Steuern sparen.

Mehrwertsteuer auch auf Gratis-Abgaben

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Bild: @ Angelika Bentin - Fotolia.com
Der Staat versucht natürlich immer, Steuer­schlupflöcher zu schließen. Ein solches ist die Gratis-Abgabe von Leistungen und Waren. Beispiel: Ein Obstbauer gibt einem herbstlichen Erntehelfer einen kräftigen Lohn­zuschuss, indem ein Teil der Ernte zu ihm nach Hause geliefert wird. In einem kühlen Keller kann er dann Äpfel bis zum nächsten Frühjahr einlagern. Der Staat verlangt nun, dass auf diese kostenlose Lieferung Mehrwert­steuer und Lohnsteuer entrichtet werden. Deren Höhe bemisst sich an dem Preis, den der Erntehelfer üblicherweise im Laden bezahlt hätte. Ähnliche Regeln gelten beispielsweise auch für Mitarbeiter­rabatte bei Autoherstellern.

Die genannte Regelung ist nicht unumstritten, weil sie zu einigen absurden Konsequenzen führt: Ein Supermarkt, der (fast) abgelaufene Ware wegwirft, kann diese ausbuchen. Die Einkaufskosten dieser Ware gelten dann als Verlust. Spendet der Supermarkt die Ware hingegen an die "Tafeln", muss der Supermarkt über die gelieferte Ware eine Rechnung inklusive Mehrwertsteuer ausstellen und diese Mehrwert­steuer an das Finanzamt abführen. Das gilt auch dann, wenn der Supermarkt als Gegenleistung von der "Tafel" kein Geld, sondern nur eine Spenden­quittung erhält.

Freibeträge für spezielle Fälle

In der Praxis führt die Mehrwertsteuer­pflicht für Geschenke und an Gegenleistungen gebundene Sonder­rabatte also zu etlichen Problemen. Damit nicht jeder Restaurant­betreiber jedem Bissen seiner Köche hinterher­spionieren muss und der Marketing-Chef nicht den Verbleib jedes Kuli oder jedes Bonbons mit Firmenlogo einzeln verzeichnen muss, gibt es Ausnahmen. So existiert etwa ein Freibetrag von 1080 Euro jährlich für Firmenrabatte an Arbeitnehmer und eine Freigrenze von 35 Euro für Geschenke an Kunden.

Lesen Sie auf Seite 2, warum Mobilfunkhändlern hohe Nachforderungen des Finanzamts für die Mehrwertsteuer drohen - und warum dennoch am Ende alle Beteiligten (Händler, Provider und Netzbetreiber) in der Summe sogar Steuern sparen könnten.

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