Editorial: Steuerfalle 1-Euro-Handy
Bei 1-Euro-Handys ist die Situation noch verzwickter als bei Spenden oder Mitarbeiterrabatten, am Ende im Ergebnis aber ähnlich: Meist bekommt nämlich der Mobilfunk-Händler einen Bonus vom Netzbetreiber oder Provider dafür, dass er mit dem Vertrag auch ein Handy liefert. Dann ist das Handy aber nicht "geschenkt", sondern der Bonus des Netzbetreibers ist die Gegenleistung! Oft genug muss der Kunde diese Handysubvention dann ganz oder teilweise an den Netzbetreiber zurückbezahlen, beispielsweise beim Programm my Handy von o2. Faktisch handelt es sich hier um einen Ratenkredit.
Bislang haben die Händler diese Bonuszahlung des Netzbetreibers intern verrechnet. Doch nun verlangt der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom Herbst letzten Jahres (Aktenzeichen XI R 39/12; teltarif hatte vor dem Urteil über das Verfahren berichtet), dass die Händler zumindest steuerrechtlich eine Rechnung aufmachen müssen. Beispiel:
Posten | Betrag |
---|---|
Netto-Preis Smartphone | 404,20 Euro |
19% Mehrwertsteuer | 76,80 Euro |
Brutto-Preis Smartphone | 481,00 Euro |
Subvention Netzbetreiber | -480,00 Euro |
Zahlung Kunde | -1,00 Euro |
Rest | 0,00 |
Bisher war es jedoch üblich, dass der Händler zwei Rechnungen ausstellt, eine kleine an den Kunden und eine große an den Netzbetreiber:
Rechnung des Händlers an den Kunden
Posten | Betrag |
---|---|
Kaufpreis Smartphone Kunde | 0,84 Euro |
19% Mehrwertsteuer | 0,16 Euro |
Brutto-Preis Smartphone | 1,00 Euro |
Rechnung des Händlers an den Netzbetreiber
Posten | Betrag |
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Kaufpreis Smartphone Netzbetreiber | 403,36 Euro |
19% Mehrwertsteuer | 76,64 Euro |
Brutto-Preis Smartphone | 480,00 Euro |
Händler-Provision ist umsatzsteuerpflichtig
Übrigens: Die eigentliche Provision des Händlers bleibt weiterhin ganz normal umsatzsteuerpflichtig. Hier bezahlt der Netzbetreiber den Händler direkt für eine Leistung, nämlich die Vermittlung eines Kunden. Unterscheidet der Netzbetreiber bei der Provisionsabrechnung nun nicht, ob der Händler ein Handy mit ausgibt oder nicht, vermeidet das zwar die vorgenannte Leistung-für-den-Kunden-Falle, Dafür befindet sich der Händler dann in der Geschenke-Falle: Es ist dann seine freiwillige Leistung, ob er ein teures Handy mitgibt. Und auf freiwillige Geschenke fällt die Umsatzsteuer an, siehe ganz oben.
Kredit ohne Umsatzsteuer
Aber zurück zur Leistung-für-den-Kunden-Falle: Kreditverträge sind immer umsatzsteuerfrei. Das ist auch gut so, denn anderenfalls müsste man bei einem Verbraucherkredit doppelt Umsatzsteuer bezahlen: Einmal für den Kauf der Ware und einmal für die Finanzierung dieses Kaufs durch die Bank. Wenn, wie hier, der Netzbetreiber eine Ware bezahlt, die nicht er erhält, sondern der Kunde, dann ist diese Finanzierungsleistung umsatzsteuerfrei. Der Händler muss dem Kunden also eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis über den realen Handy-Kaufpreis ausstellen. Dann darf der Händler aber keine weitere Rechnung über dasselbe Handy mit Umsatzsteuerausweis an den Netzbetreiber oder Provider stellen. Stattdessen bekommt der Netzbetreiber oder Provider eine Rechnung über den Gesamtbetrag inklusive Umsatzsteuer, aber ohne Umsatzsteuerausweis.
Hat der Händler die falsche Rechnung an den Netzbetreiber geschickt, haftet er gegenüber dem Finanzamt auf die darin enthaltene Mehrwertsteuer, denn der Netzbetreiber kann diese fälschlicherweise als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen. Selbst dann, wenn der Händler gar keine Rechnung geschrieben hat, sondern der Netzbetreiber oder Provider fehlerhaft mit Mehrwertsteuerausweis per Gutschrift an den Händler abgerechnet hat, haftet dafür laut Bundesfinanzhof gegenüber dem Finanzamt der Händler, denn er hätte den falschen Mehrwertsteuerausweis beanstanden müssen!
Wie vorgenannt beschrieben steht es - nur noch vielfach verklausulierter - im BFH-Urteil. Die Sache ist an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob die vom Netzbetreiber ausgezahlten Handy-Boni tatsächlich Umsatzsteuer enthalten oder nicht. Wenn ja, dann muss der Händler diese aus den vorgenannten Gründen an das Finanzamt nachzahlen.
Lesen Sie auf der dritten Seite, warum der Staat dennoch weniger extra verdient als es zunächst den Anschein hat.