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Editorial: Steuerfalle 1-Euro-Handy

Mobilfunk-Händler müssen unter Umständen Umsatzsteuer in erheblicher Höhe nachzahlen, wenn Netzbetreiber ihnen Handy-Boni inklusive Umsatzsteuer gezahlt haben. Grund ist, dass das Handy für den Endkunden, nicht für den Netzbetreiber bestimmt war.
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Letztendlich geht es bei der ganzen Betrachtung im Übrigen nur darum, wann die Mehrwertsteuer für ein Billighandy an das Finanzamt bezahlt wird. Entweder, wie beim bisherigen Modell, Monat für Monat mit der Handy-Rechnung. Oder, zukünftig, bereits beim Kauf des Handys. Alle späteren Ratenzahlungen für "my Handy" (o2) oder "monatlicher Handyzuschuss" (Mobilcom-Debitel) sind bei letzterem Modell dann umsatzsteuer­frei, denn es handelt sich um ein reines Geldgeschäft.

Nur auf den Teil der Handy-Rechnung, der der Erbringung von Mobilfunk-Dienstleistungen entspricht, fällt weiterhin wie gewohnt Umsatzsteuer an. Letzteres führt zu einem Steuertrick, mit dem die Netzbetreiber dann sogar legal Umsatzsteuer sparen können: Sie müssen nur dafür sorgen, dass die Raten des Kunden für die Rückzahlung des Handy-Kaufpreises in Summe etwas höher liegen als der Handy-Kaufpreis selber. Die Differenz sind dann Zinseinnahmen - umsatzsteuer­frei!

Fazit: Beim vom BFH geforderten Modell muss der Netzbetreiber die Umsatzsteuer früher zahlen. Dafür zahlt er in Summe (gerechnet jeweils bis zum Ende der Vertragslaufzeit) weniger Umsatzsteuer, wenn er den Vertrag geeignet in einen "Handy-Finanzierungs-Vertrag" und einen echten Mobilfunkvertrag aufspaltet.

Vermutlich die Unsicherheit darüber, welches Modell künftig gelten wird, führt aktuell dazu, dass o2 beim Programm "my Handy" regelmäßig keine Rechnung ausstellt. Weder für den Handy-Kauf noch für die spätere Rückzahlung des Kaufpreises in Raten. Denn wenn o2 für eine der beiden Seiten eine Rechnung ausstellt, welche das Finanzamt später beanstandet, dann kann die Folge sein, dass o2 die falsch ausgewiesene Steuer nochmal bezahlen muss. Für Privatkunden ist das unerheblich, für Geschäftskunden hingegen ein Ärgernis. Dass dieses Ärgernis bei teltarif.de auftrat, ist der Anlass für diesen Artikel.

Verträge anders gestalten

Die Netzbetreiber haben weitere Gestaltungs­möglichkeiten: Statt Handy-Kauf ist beispielsweise auch Handy-Leasing möglich. Dann fällt die Umsatzsteuer nämlich ganz legal jeweils erst mit den monatlichen Leasing-Raten an, nicht schon bei der Überlassung des Handys. Unterschied beim Leasing ist, dass die Ware im Eigentum des Leasing-Gebers verbleibt. Der Kunde müsste das Handy nach Vertrags­laufzeit also wieder zurückgeben. Es kann aber vereinbart werden, dass der Kunde das Gerät am Ende der Leasing-Zeit für einen bestimmten Betrag kaufen kann. Sinnvoll wäre zum Beispiel eine Vertrags­gestaltung, bei der das Leasing über 23 Monate läuft, und die letzte Monatsrate der Kaufpreis für ein (abgenutztes) Handy ist. Dann bliebe faktisch alles wie bisher.

Fazit: Schwache Leistung der Steuerbehörden

Steuerrecht ist nicht mein Spezialgebiet, der Ausflug hier soll die Ausnahme bleiben. Kritisch sehe ich vor allem, dass die Mobilfunk­branche schon seit zwei Jahrzehnten mit subven­tionierten Handys handelt (gut, die Knochen aus der Anfangszeit waren alles anders als handlich, aber schon damals subventioniert) und das Thema bis heute nicht abschließend geklärt ist. Mobilfunk-Händler sind dem Risiko ausgesetzt, entsprechend der regelmäßigen steuerlichen Prüfungsfrist von fünf Jahren auf alle in den letzten fünf Jahren gelieferten subventionierten Handys 19 Prozent Umsatzsteuer nachzuzahlen. Das ist ein ganzer Jahresumsatz! Die wenigsten Händler werden derartig dicke Steuer­forderungen schultern können! Eine Branche, die nun wirklich nicht steuerlich bösartig agiert hat, mit derartigen Nach­forderungen zu bedrohen, ist nicht gut! Am Ende werden sich die Händler wiederum bei den Netzbetreibern auf Schadensersatz drängen, insbesondere, wenn letztere die falschen Gutschriften ausgestellt haben.

Möglicherweise wird auch die Politik das Problem zu lösen, zum Beispiel über eine Erweiterung im Steuerrecht für Koppel­verträge, so dass diese weiter nach dem bisherigen Prinzip abgewickelt werden dürfen. Oder die Steuer­verwaltung setzt einen Stichtag für Altfälle fest, die nach dem bisherigen Prinzip (Umsatzsteuer monatlich) weiterlaufen, so dass nur neue subventionierte Handyverkäufe auf "Umsatzsteuer sofort" geändert werden müssen.

Auswirkungen auch auf Bilanzen

Übrigens droht den Netzbetreiber wegen der 1-Euro-Handys nicht nur aus umsatzsteuerlicher Sicht, sondern auch aus ertrags­steuerlicher Sicht Ungemach: Künftige Bilanzierungs­vorschriften verlangen nämlich, dass die für 1 Euro "rausgeworfenen" Handys nicht einseitig als Verlust geltend gemacht werden können, sondern dass der Teil der Grundgebühr, der faktisch der Rückzahlung der Handy­subvention entspricht, als entsprechende Kredit­forderung an die Kunden in die Bilanz eingestellt wird. Das wird im Zeitraum der Umstellung den von den Netzbetreibern erwirtschafteten Gewinn künstlich erhöhen. Auch das dürfte zu höheren Steuerzahlungen führen.

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