Energiespeicher

Editorial: Akku nicht wechselbar!?

Immer mehr Smartphones erscheinen mit fest eingebautem Akku: Ist das nur Faulheit der Hersteller, oder bringt dieser Trend auch Vorteile für den Käufer?
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Ein fest eingebauter Akku kann auch Vorteile haben Ein fest eingebauter Akku kann auch Vorteile haben
Bild: teltarif.de
Apple waren die ersten, die Geräte mit fest eingebautem Akku in großer Stückzahl auf den Markt brachten, insbesondere den iPod und später das iPhone. Inzwischen sind ihnen im Oberklassesegment so gut wie alle anderen Hersteller gefolgt: Die meisten aktuellen Geräte, wie Samsung Galaxy S7, Sony Xperia Z5 oder Blackberry Priv, müssen für einen Akkuwechsel zum Service-Händler. High-End-Smartphones, wie das LG G5, wo sich der Akku noch ohne Werkzeug wechseln lässt, sind inzwischen die Ausnahme.

Es ist nicht lange her, da habe ich einen wechselbaren Akku für unverzichtbar gehalten. Inzwischen habe ich mich zumindest im Oberklassesegment mit den fest verbauten Akkus arrangiert. Denn sie haben auch Vorteile. Und die Nachteile sind auch nicht so extrem, wie oft in Medien und Foren dargestellt.

Nachladen per Powerbank statt Akkutausch

Ein fest eingebauter Akku kann auch Vorteile haben Ein fest eingebauter Akku kann auch Vorteile haben
Bild: teltarif.de
In den Anfangszeiten, als Handys noch Mobiltelefone waren, war es unter Vieltelefonierern gar nicht so unüblich, einen zweiten oder gar dritten vollgeladenen Akku mitzuführen, um schnell wieder Strom zu haben, wenn man den Akku leertelefoniert hatte. Jedoch bedeutet ein Akkuwechsel immer, dass das Handy oder Smartphone neu gestartet werden muss und bis dahin eine gewisse Zeit nicht zur Verfügung steht. Und mancher Akkudeckel der Vergangenheit war auch so schlecht konstruiert, dass er das tägliche Öffnen für den Akkuwechsel nur einige Monate lang mitmachte.

Inzwischen kostet eine externe Powerbank kaum mehr als damals ein Zweitakku. Von einer Powerbank aus kann man einfach per Ladekabel nachladen, ohne das Smartphone auseinanderbauen oder neu starten zu müssen. Mit typischen Kapazitäten von 5 bis 20 Ah ist meist sogar mehrfaches Nachladen möglich. Und die Powerbank funktioniert mit jedem Gerät, für das man ein kompatibles Ladekabel dabei hat. Sie kann also auch ein Tablet oder das Smartphone eines Freundes nachladen. Und während man bei der Zweitakkulösung dank der immer wieder geänderten Akkubauform mit so gut wie jedem Handyneukauf auch den Zweitakku neu anschaffen musste, kann man die Powerbank nach einem Handytausch einfach weiterverwenden.

Akku-Reparatur beim Händler

Ist die Kapazität des Originalakkus nach etlichen hundert oder gar tausend Ladezyklen erschöpft, lässt er sich allerdings nicht durch eine Powerbank ersetzen. Dann ist im Fall des fest verbauten Akkus ein Tausch beim Reparaturservice nötig. Die Kosten dafür liegen jedoch gerade bei Top-Smartphones meist deutlich unter dem Zeitwert der Geräte. Ein zweieinhalb Jahre altes iPhone 5S in gutem Zustand hat laut Ebay noch einen Zeitwert von über 200 Euro. Der Akku-Service von Apple, so er denn bei einem vielbenutzten Gerät überhaupt nötig ist, kostet 79 Euro. Bei Drittanbietern kann man dazu im Vergleich erheblich sparen: Der MediaMarkt verlangt für einen Akku-Tausch beim iPhone 39 Euro, bei Reparaturspezialisten gibt es sogar Angebote ab 29 Euro.

Klar sind 29 bis 39 Euro deutlich mehr als die 5 bis 10 Euro, die ein einzelner Ersatzakku bei einem seriösen Drittanbieter kosten würde. Der Aufpreis ist aber definitiv nicht so hoch, dass er verhindert, dass der Akku gewechselt wird, wenn er gewechselt werden muss, und das Smartphone ansonsten noch in Ordnung ist.

Fest eingebaut ist fest eingebaut

Ein fest eingebauter Akku kostet den User also um die 30 Euro extra, wenn später ein Wechsel fällig werden sollte. Doch welche Vorteile stehen dem gegenüber? Nun, einer ist die Stabilität: Bei Handys war es früher quasi normal, dass der Akkudeckel abging und der Akku rausfiel, wenn man das Gerät aus Versehen fallen ließ. Gesund war das nicht. War der Akkudeckel zu oft abgeplatzt, ließ er sich irgendwann gar nicht mehr einsetzen.

Aber nicht nur der Verschleiß des Akku-Deckels bei Stürzen ist ein Problem, sondern auch die Festigkeit des Gehäuses insgesamt. Smartphones sollen ja nicht gleich kaputt gehen, wenn sie in einer Hosentasche mal stärker gedrückt werden. Da sie im Vergleich zu früheren Handys höher, breiter und zugleich dünner sind, ist die nötige Festigkeit entsprechend schwerer zu erreichen. Ein fest eingebauter Akku reduziert aber die Zahl und Größe der Öffnungen am Gehäuse und macht es daher leichter, doch auf die gewünschte Festigkeit zu kommen.

Auch das immer öfter anzutreffende Feature der Wasser- und Staubresistenz ist aus demselben Grund ein Argument für fest verbaute Akkus: Ein nicht vorhandener Akkufachdeckel kann auch nicht undicht werden. Schließlich reicht schon ein Sandkorn an der falschen Stelle, um einen Dichtring zurückzudrücken, und dem Wasser doch einen Weg ins Geräteinnere zu bahnen.

Am Ende muss man gegeneinander abwägen: Die Zahl der Smartphones, die doch den "Akkutod" sterben, weil nach etlichen Jahren der Nutzung der Aufwand und/oder die Kosten für die externe Reparatur dem Eigentümer zu hoch sind, im Vergleich zu den durch den festen Akku-Einbau vermiedenen Bruch- und Feuchtigkeitsschäden. Und da Akku-Probleme zum Glück immer seltener werden, zeigt die Waage m. E. hier inzwischen in Richtung der vermiedenen mechanischen Schäden.

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