Stromspeicher

Editorial: Auf der Suche nach dem perfekten Akku

Ein Startup verspricht einen Handy-Akku, der schon in zwei bis drei Minuten am Netzteil vollgeladen wird: Kann das funktionieren? Und was sind die weiteren Konsequenzen für die Lade-Infrastruktur?
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Wird der Akku der Zukunft klein aber schnell zu laden sein? Oder steigern die Hersteller die Kapazität? Nur: Welcher Weg ist der bessere? Wird der Akku der Zukunft klein aber schnell zu laden sein? Oder steigern die Hersteller die Kapazität? Nur: Welcher Weg ist der bessere?
Bild: teltarif
Der Akku ist in vieler Hinsicht der Schwachpunkt moderner Smart­phones: Zwar gibt es auch noch andere Probleme, wie zum Beispiel Funklöcher oder im direkten Sonnenlicht kaum lesbare Displays, denen man sich aber durch Ortsveränderung oft entziehen kann. Ist aber der Akku leer und auch kein Ladekabel greifbar, dann geht nichts mehr.

So ist es kein Wunder, dass intensiv nach besseren Akkus geforscht wird. Über wahrscheinliche Kapazitätssteigerungen in Zukunft durch den Lithium-Schwefel-Akku hatte ich bereits geschrieben. Hier geht es übrigens in großen Schritten weiter: Startups wie Oxis Energy sind kurz davor, die Serienproduktion von LiS-Akkus mit einer Energiedichte von 300 Wh/kg aufzunehmen. Diese können 50 Prozent mehr Energie speichern als gleich schwere herkömmliche Li-Ion-Akkus. Oxis erwartet, bis Ende 2016 sogar Akkus mit 400 Wh/kg vorzustellen - dem doppelten bisheriger Akkus. Und einige Jahre später könnte sogar die Marke von 500 Wh/kg in der Serienproduktion fallen.

Läuft das alles wie geplant weiter, wird vielleicht schon Ende 2016 das erste Smart­phone mit fest eingebautem LiS-Akku vorgestellt. Freilich spart ein LiS-Akku mit 300 Wh/kg im Vergleich zu einem herkömmlichen Li-Ion-Akku mit 200 Wh/kg bei einer Kapazität von 3,5 Ah lediglich 22 Gramm. Allerdings kann passend zum leichteren Akku auch das Gehäuse etwas dünner werden, da zum Beispiel bei Stürzen entsprechend weniger Masse auf dem Boden aufschlägt und schlagartig abgebremst werden muss. In Summe lassen sich somit vielleicht sogar 30 Gramm einsparen. So erscheint denkbar, dass das erste Phablet mit LiS-Akku als herausragendes Merkmal nicht mehr wiegt, als das zugehörige kleinere Smart­phone. Smart­phones mit LiS-Akku könnten vielleicht sogar unter 100 Gramm auf die Waage bringen.

Auftanken

Wird der Akku der Zukunft klein aber schnell zu laden sein? Oder steigern die Hersteller die Kapazität? Nur: Welcher Weg ist der bessere? Wird der Akku der Zukunft klein aber schnell zu laden sein? Oder steigern die Hersteller die Kapazität? Nur: Welcher Weg ist der bessere?
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In eine andere Richtung geht die Entwicklung, mit der Storedot auf der CES auf sich aufmerksam macht: Einem Akku, der je nach Version gerade einmal 2 bis 3 Minuten zum Vollladen braucht. Dazu liefert das Ladegerät schlappe 40 Ampere. Man braucht also nur einmal kurz den Ladestecker anschließen, danach kann man wieder stundenlang weitertelefonieren oder -surfen.

Freilich kann diese Hochstromfähigkeit nicht erreicht werden, ohne Kompromisse einzugehen. Der wichtigste Nachteil dürfte sein, dass Hochstromakkus bei gleicher Kapazität größer und schwerer sind als gewöhnliche Akkus. Alternativ kann man bei gleichem Gewicht auch die Kapazität verringern. Ein Smart­phone mit Schnellladefunktion wiegt also mehr als ein herkömmliches Smart­phone, oder es wiegt genauso viel, muss aber häufiger an die Steckdose.

Eine weitere Frage ist, wie sicher und haltbar solche Schnellladeakkus sind. Denn es ist durchaus möglich, auch normale Li-Ion-Akkus mit Standardladezeiten von einer Stunde binnen zehn Minuten zumindest zu einem großen Teil aufzuladen (z.B. 80 Prozent). Doch verlieren diese Akkus dann bei jedem dieser Gewaltzyklen einen merklichen Teil ihrer Kapazität. Sie sind dann schon nach wenigen Wochen unbrauchbar. Zudem besteht die Gefahr von Bränden.

Entgegen diesen Befürchtung ist die Erfahrung mit realen Schnellladeakkus, dass deren Zyklenfestigkeit und Sicherheit meist deutlich über der von gewöhnlichen Akkus liegt. Denn die Herstellungsprinzipien, die die Schnellladefähigkeit überhaupt erst ermöglichen, beispielsweise besonders dünne und poröse reaktive Schichten, die überall gut von der Elektrolyt-Flüssigkeit benetzt werden, tragen in der Regel auch zu langer Lebensdauer und hoher Stabilität bei. Gerade die Zyklenfestigkeit lässt sich bei Hochstrom-Akkus auch viel leichter testen als bei gewöhnlichen Akkus: Die einzelnen Zyklen sind ja viel kürzer.

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Schwerwiegender - im wahrsten Sinne des Wortes - dürfte der Problemkomplex rund um Netzteil, Ladekabel und Ladebuchse sein. 40 Ampere lassen sich nicht über den Micro-USB-Anschluss transportieren. Also braucht ein Schnelllade-Smartphone wieder eigene Standards für Ladebuchse und Ladekabel. Und das Netzteil, das 40 Ampere bei 4,2 Volt (der maximalen Ladespannung der meisten Li-Ion-Akkus) liefert, ist garantiert noch schwerer und klobiger als die meisten Notebook-Netzteile. Das extra mit sich herumzuschleppen, um bei Erleuchten der Batteriewarnanzeige sein Smart­phone binnen Minuten wieder volltanken zu können, dürfte für die meisten Smart­phone-Nutzer ein No Go sein.

Im Kfz-Bereich geht der Trend bereits dahin, die Schnelllade-Infrastruktur an geeigneten Orten (Autobahn-Raststätten, spezielle Parkplätze in den Innenstädten etc. pp.) fest zu installieren und nicht mit dem Auto herumzufahren. Eine fest installierte Lade-Infrastruktur wäre auch für Schnelllade-Smartphones denkbar. Auf Messen sind Handy-Ladestationen schon heute üblich, die würden sicher bald um Handy-Schnellladestationen ergänzt werden, wenn sich entsprechende Akkus durchsetzen. Aber man ist ja nicht nur auf Messen, und es erscheint unwahrscheinlich, Handy-Schnellladestationen überall dort anbringen zu können, wo die Nutzer regelmäßig die Batteriewarnanzeige ereilt. Schon so manches Gipfelfoto mit der Handykamera ist ja daran gescheitert, dass der Bergwanderer schon auf dem Aufstieg zu viel fotografiert hat.

Von daher erscheint die weitere Steigerung der Kapazität - so sie denn gelingt - der logischere Schritt: Wenn der Akku so "dick" geworden ist, dass das Smart­phone mit einer Akkuladung selbst bei Dauereinsatz bis zum Abend durchhält, dann braucht man sich um die Ladezeit keine Sorgen zu machen. Nächtens muss nämlich nicht nur das Smart­phone, sondern auch dessen Nutzer wieder "seinen Akku aufladen".

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