Priorisierung

Editorial: Ist man beim Mobilfunkprovider Kunde zweiter Klasse?

oder: Benachteiligungen bei der Umstellung auf den neuen Euro-Tarif
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Die Meldung, dass der Netzbetreiber T-Mobile Kunden benachteiligt, die ihre Prepaid-Karte in der Vergangenheit nicht bei ihm direkt sondern bei einem Serviceprovider gekauft haben, war in der letzten Woche eine der am intensivsten in unserer Redaktion diskutierten Texte.

Laut EU-Verordnung müssen alle Kunden eines in den 27 Ländern der Europäischen Union ansässigen Mobilfunkanbieters spätestens ab dem Ende September von den Regelungen profitieren. Demnach dürfen Roaming-Telefonate abgehend maximal 58 Cent und ankommende Gespräche im EU-Ausland maximal 29 Cent pro Minute kosten. Kunden mit einer Xtra-Karte, die vor dem 1. Juni 2006 bei einem Serviceprovider wie z. B. Talkline, mobilcom oder auch dem Discounter simply aktiviert wurde, müssen allerdings deutlich länger warten. Die Unternehmen kündigten hier eine Umstellung zum 20. oder 21. Oktober an.

Streit auf dem Rücken der Kunden

Altkunden, die ihre Prepaid-Karte direkt beim Bonner Netzbetreiber gekauft haben, telefonieren schon heute oder eben spätestens Ende September zu den neuen Tarifen, mindestens also drei Wochen früher. Der Unterschied kann zum Teil immens sein: So kostet eine Telefonminute aus den meisten EU-Ländern nach Hause 1,59 Euro. Auch bei im Ausland ankommenden Anrufen sieht es für betroffene Kunden nicht besser aus, statt der 28 Cent pro Minute im EU-Tarif werden hier 79 Cent berechnet.

Unschön an dem ganzen Gezerre ist nicht nur die Benachteiligung der Kunden der Serviceprovider und der mehr oder weniger offensichtliche Bruch mit dem Text der EU-Verordnung, sondern auch die Tatsache, dass der Streit auf dem Rücken der betroffenen Kunden ausgefochten wird. T-Mobile verhält sich auf Rückfragen unserer Redaktion sehr, sehr einsilbig, betroffene Serviceprovider schieben die Schuld auf den Netz-Dienstleister T-Mobile. Nun ist - leider nicht zum ersten Mal - der Endkunde der Dumme. Er muss selbst aktiv werden und seinen Vertragspartner auffordern, unverzüglich den neuen EU-Tarif zu schalten, etwa mit dem Musterbrief von teltarif.de, oder genauestens darauf achten, seine SIM-Karte vorerst im EU-Ausland nicht zu verwenden, will er nicht in die beschriebene Falle tappen.

Wieso sind die Serviceprovider eigentlich gegenüber ihrem Dienstleister T-Mobile so zurückhaltend und schlucken diese Kröte für ihre Kunden einfach so? Zu allererst sind die Provider Ansprechpartner für betroffene Kunden, müssten also etwaige Erstattungsansprüche der Endkunden, die im Zeitraum von Anfang bis Mitte Oktober zu teuer im EU-Ausland telefonieren, bearbeiten und aller Voraussicht nach auch begleichen. Freilich würden sie danach versuchen, diese Ansprüche an T-Mobile weiterzureichen. Wieso aber haben sie nicht schon längst versucht, dieses Problem aus der Welt zu schaffen, und sich offensiv im Sinne ihrer Kunden hier um eine Lösung bemüht? Was bleibt, ist ein fahler Beigeschmack für Kunden der betroffenen Unternehmen, der leider immer wieder bei einer ähnlichen Dreiecks-Konstellation aus Wiederverkäufer und Netzdienstleister vorkommt. Nicht nur im Mobilfunk sondern auch im Internet-by-Call-Geschäft und beim DSL-Resale findet man immer wieder solche Negativbeispiele, dass ein Unternehmen die Schuld beim anderen Beteiligten sucht und nicht selbst im Sinne der (eigenen) Kunden aktiv wird.

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