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Editorial: Erst Verbraucherschutz fordern - dann selbst torpedieren

Bundesrat will Laufzeitvirus bei DSL-Verträgen bekämpfen
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Hinzu kommt, dass DSL-Anschlüsse aktuell überhaupt nicht von der hierzulande als Universaldienst bezeichneten Grundversorgung erfasst sind, auch wenn einige Oppositionsparteien dieses fordern. Eine Änderung der Auflagen für die Grundversorgung brächte bezüglich DSL somit keinerlei Besserung! Schließlich achtet die Bundesnetzagentur bereits heute darauf, dass Anschlüsse im Rahmen des Universalienstes keine langen Kündigungsfristen haben. Die sechs Werktage, mit denen sich Standard-Analog- und ISDN-Anschluss der Deutschen Telekom kündigen lassen, halten sicher keinen Kunden in der Falle.

Viel günstiger wäre es, insbesondere die automatische Vertragsverlängerung um bis zu zwölf Monate nach Ablauf der Mindestlaufzeit komplett zu verbieten, die Kündigungsfristen zu beschränken und zusätzlich die maximale Mindestlaufzeit für Dienstleistungsverträge herunterzusetzen, zum Beispiel von 24 auf 12 Monate. Auch dieses wurde bereits früher von teltarif.de empfohlen und könnte durch Änderung des BGB sehr leicht auf nationaler Ebene umgesetzt werden.

Der Agrarausschuss fordert schließlich, dass die Rufnummernübertragung von einem Anbieter zum nächsten künftig nicht mehr kosten dürfe, als die Deaktivierung der bisherigen Rufnummer und die Vergabe einer neuen Rufnummer: "Für einen Kostenerstattungsanspruch im Falle der Rufnummernübertragung fehlt damit jegliche sachliche Rechtfertigung." Dem kann man im Sinne des Verbraucherschutzes nur zustimmen.

Transparenz unwichtig?

Etwas merkwürdig mutet schließlich folgende Formulierung im Entwurf an, die vom Wirtschaftsausschuss stammt: "Der Bundesrat stellt insbesondere fest, dass im Bereich der Nutzerrechte den Mitgliedstaaten und den Unternehmen weitgehende Informations-, Transparenz- und Berichtspflichten auferlegt werden, ohne dass ein entsprechender Bedarf seitens der Nutzer belegt ist und die Kosten-Nutzen-Relation untersucht wurde."

Zwar dürften zusätzliche Berichtspflichten der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission wahrscheinlich tatsächlich vor allem zum Weiterwuchern der Bürokratie beitragen. Doch bezüglich der Transparenz der von den Unternehmen angebotenen Tarife gegenüber dem Verbraucher gibt es definitiv Nachholbedarf, der nicht mit dem Kostenargument weggewischt werden sollte: Eine digitale Tarifinformation sollte in digitalen Netzen eigentlich selbstverständlich sein, und zwar kostenlos und auf Wunsch vorab und auf jeden Fall während und nach der Verbindung.

Es bleibt das Gefühl, dass es etliche Verbraucherschutzgedanken pro forma in den Entschließungsentwurf gebracht haben. Es mangelt aber zumeist an einer konsequenten Umsetzung. Bei einigen Schritten zugunsten der Verbraucher, insbesondere der Erhöhung der Transparenz, wird der EU-Richtlinienentwurf sogar aufgrund von Kostenargumenten kritisiert. Insgesamt also - wieder einmal - ein großkoalitionärer Kompromiss, der zwar viele neue Regelungen schafft, die aber im Detail den Verbrauchern nicht wirklich nutzen.

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