aufwändig!?

Editorial: Was machen mit Tauschbörsen-Sündern?

Staatsanwaltschaft will nicht mehr Handlangerin der Medien-Industrie sein
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Die Medienindustrie ist zudem gar nicht so sehr an dem Ausgang des Strafverfahrens interessiert. Oft endet es ja mit einer kleinen Geldbuße oder verläuft gar komplett im Sande, wenn z.B. ein Anschluss von mehreren Personen benutzt wird und der eigentliche Tauschbörsennutzer nicht ermittelt werden kann. Der Zweck der Strafanzeige ist somit ein anderer: Per Akteneinsicht in das Strafverfahren kann die Medienindustrie den Anschlussinhaber herausfinden.

Der Anschlussinhaber wird dann zivilrechtlich abgemahnt, künftig die illegale Vervielfältigung zu unterlassen. Das fatale: Im Rahmen der so genannten Störerhaftung kann der Anschlussinhaber nach der Ansicht einiger Gerichte auch für die Verfehlungen der Mitnutzer des Anschlusses haftbar gemacht werden. Je nach Ausgang des Verfahrens wird der Anschlussinhaber mit hohen Anwalts- und Gerichtskosten belastet.

In die gleiche Kerbe stößt ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung: Auskunftsansprüche von Rechteinhabern sollen damit künftig auch auf rein zivilrechtlichem Weg durchsetzbar sein. Allerdings ist dieser Auskunftsanspruch nach dem aktuellen Gesetzesentwurf ausdrücklich auf gewerbliche Copyright-Verletzungen beschränkt. Ein paar Files in einer Tauschbörse sind aber sicher nicht gewerblich. Folglich müsste es hier weiterhin beim komplizierten Strafverfahren inklusive Akteneinsicht bleiben.

Günstig für Betroffene ist, dass dasselbe Gesetz die Erstattung von Anwaltskosten in "einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung" auf 50 Euro beschränkt. Allerdings fehlt noch eine Regelung, die auch andere Erstattungsansprüche nach oben hin beschränkt. Es kann sonst durchaus sein, dass die Medienindustrie versucht, mit der Abmahnung neben den Anwaltskosten auch Ermittlungskosten in erheblicher Höhe zu kassieren.

Copyright-Bußgeldstelle?

Am Schluss bleibt die Frage, ob man das Verfahren nicht viel besser dadurch in den Griff bekommen könnte, indem man es entkriminalisiert und automatisiert. Das Urheberrechtsgesetz müsste dann um eine Bagatellklausel erweitert werden, die bei geringen Verstößen Straffreiheit vorsieht. Zugleich könnte ein Bußgeld eingeführt werden, möglicherweise gestaffelt nach Anzahl der angebotenen Dateien und/oder Angebotsdauer.

Diese Fälle könnten von einer bundesweiten Bußgeldstelle bearbeitet werden, die keinerlei Auskunftsansprüchen gegenüber Dritten unterliegen sollte. "Schwarzkopieren" würde dann wie Schwarzfahren geahndet werden: Wer sich erwischen lässt, zahlt deutlich mehr, als legaler Download bzw. Ticket gekostet hätten, aber einen insgesamt noch überschaubaren Betrag. Nur, wenn man wiederholt erwischt wird, kommt es noch zum vollen Strafverfahren.

Noch besser für die Verbraucher wäre natürlich eine komplette Sanktionsfreiheit bei Bagatellverstößen. Dieses wird sich aber politisch nicht durchsetzen lassen. Insofern kann der vorgeschlagene Weg eine Lösung sein, die sowohl den Interessen der Medienindustrie auf Schutz ihres geistigen Eigentums als auch den Interessen der Verbraucher auf überschaubare Sanktionierung bei geringen Verstößen entgegen kommt.

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