Themenspezial: Verbraucher & Service EU

Editorial: Was ist Bloatware?

Die EU will es den Usern künftig ermög­lichen, uner­wünschte Bloat­ware zu deinstal­lieren. Doch was ist über­haupt genau Bloat­ware?
Von

EU: Bloatware soll deinstallierbar sein EU: Bloatware soll deinstallierbar sein
teltarif.de
Die Euro­päi­sche Union, die schon den Roaming-Wucher zumin­dest inner­halb der EU beendet hat, will weiterhin den Smart­phone-Nutzern etwas Gutes tun, und dazu die Vorin­stal­lation von Bloat­ware einschränken. Einfach dürfte dieses Unter­fangen nicht werden: Zum einen ist mit erheb­lichem Wider­stand der Smart­phone-Hersteller zu rechnen, die nun mal so gut wie alle außer­halb der EU sitzen und gegen die die EU keine direkten Sank­tions­mög­lich­keiten hat. Klar könnte die EU die Einfuhr von Smart­phones mit vorin­stal­lierter Bloat­ware verbieten - doch damit trifft sie dann auch die Impor­teure und die Bürger, die ihr Lieb­lings-Smart­phone dann nicht mehr kaufen können.

EU: Bloatware soll deinstallierbar sein EU: Bloatware soll deinstallierbar sein
teltarif.de
Noch schwie­riger dürfte es werden, über­haupt genau zu defi­nieren, was Bloat­ware ist. Klar gibt es Apps, die außer dem Anzeigen von Werbung keinen Nutzen haben, und die 95% der User lieber früher als später loswerden möchten. Doch was ist mit Googles Chrome-Browser? Wer lieber mit Firefox surft, möchte Chrome viel­leicht gerne deinstal­lieren, kann das aber nicht. Für diesen Nutzer ist Chrome auf dem Smart­phone daher genauso über­flüs­sige Bloat­ware wie Eigen­werbe-Videos des Herstel­lers.

Entspre­chend schwierig dürfte eine rechts­sichere Defi­nition des Begriffes "Bloat­ware" werden. Soweit man darauf abzielt, dass Bloat­ware solche Soft­ware ist, die "nicht unbe­dingt zum Betrieb des Smart­phones erfor­der­lich ist", muss man konsta­tieren, dass man für so gut wie alle Stan­dard-Funk­tionen eines Smart­phones eigene Apps instal­lieren kann, insbe­son­dere für Tele­fonie, SMS, Kalender, Kontak­tever­wal­tung, Karten­dienst, Browser, Bild­schirm-Tastatur, E-Mail-Client, Foto­galerie, Cloud-Datei­system, App-Store und noch einige weitere der vorin­stal­lierten Stan­dard-Apps und -Dienste. Wenn man die Bloat­ware-Defi­nition weit fast, dann würden Smart­phones wahr­lich "nackig" ausge­lie­fert werden. Außer einem Button: "Bitte instal­liere mir die wich­tigsten Stan­dard-Apps" und einem zweiten Button "Einstel­lungen" würde eigent­lich nichts mehr übrig bleiben.

Die EU plant aktuell aller­dings wohl nicht, die Auslie­ferung unnö­tiger Apps verbieten zu wollen. Aber der User soll zumin­dest die Möglich­keit erhalten, solche Apps zu deinstal­lieren, die er nicht benö­tigt. Bisher lassen sich auf vielen Smart­phones die mit dem Smart­phone ausge­lie­ferten Apps aller­dings nur deak­tivieren, nicht deinstal­lieren. Es gibt auch einige Gründe, die dafür spre­chen: Wer sein Zugangs­kenn­wort vergisst und sein Smart­phone folg­lich zurück­setzt, der verliert dabei auch alle nach­instal­lierten Apps. Was aber, wenn man Chrome vorher gelöscht hatte, weil man auf Firefox gewech­selt war? Dann bliebe als Notlö­sung nur noch der Button zur Wieder­her­stel­lung der Stan­dard-Apps.

Bloat­ware als "System­soft­ware"

Mit dem genannten ist schon vorge­zeichnet, was passieren wird, wenn die EU vorschreibt, dass Bloat­ware deinstal­lierbar sein muss: Die Handy­her­steller werden die Bloat­ware künftig so tief im System verwur­zeln, dass irgend­etwas kaputt­geht, wenn man die Bloat­ware ersatzlos deinstal­liert. Dann bleibt nur, die uner­wünschte Soft­ware zu deak­tivieren. Spätes­tens nach dem nächsten Reset in den Auslie­ferungs­zustand ist sie dann wieder da.

Zu hoffen ist dennoch, dass sich die EU zugunsten der Verbrau­cher durch­setzt, übri­gens nicht nur beim Thema Bloat­ware. Es wird nämlich Zeit, dass die Nutzer die Kontrolle über ihre Smart­phones zurück­gewinnen. Die Nutzer, nicht die Hersteller und auch nicht die Staaten, sollten darüber entscheiden, welche Soft­ware sie bei sich instal­lieren und welche nicht.

Weitere Edito­rials