Breitbandausbau

Empfangen & Senden: Warum der Upstream wichtiger wird

Wenn es um den Glas­faser­ausbau geht, wird stets zuerst die Nach­frage nach hohen Band­breiten im Down­stream genannt, weshalb Deutsch­land mehr FTTB/H-Anschlüsse benö­tigt. Doch die Corona-Pandemie zeigt auch, dass die Band­breiten im Upstream wich­tiger werden.
Von Marc Hankmann

Home­office und Home­schoo­ling brau­chen nicht nur hohe Band­breiten, damit in den eigenen vier Wänden Daten einwand­frei empfangen werden können. Anwen­dungen wie Video­kon­ferenzen, Cloud-Compu­ting oder auch Gaming verlangen eben­falls nach stabilen Band­breiten auf dem Weg vom Nutzer zum Server – also im Upstream.

„Pau­schal können wir fest­stellen, dass das gesamte Daten­ver­kehrs­volumen seit Beginn der Corona-Krise im Vergleich zum Vorjah­res­zeit­raum 2019 um satte 50 Prozent zuge­nommen hat“, sagt Hermann Rodler, Tech­nischer Geschäfts­führer von M-net. Der Up­stream-Traffic habe sich in den Netzen der Münchener Stadt­wer­ketochter sogar ver­dreifacht. „Beim Video- und Musik­strea­ming sehen wir einen Zuwachs von 30 Pro­zent“, sagt Rodler.

M-net Firmenzentrale Durch die Corona-Pandemie verzeichnet M-net in seinen Netzen einen starken Anstieg insbesondere im Upstream
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Für ihn sind dies Belege eines verän­derten Nutzer­ver­hal­tens. Das zeige sich auch in dem Umstand, dass dort, wo hohe Band­breiten ange­boten, diese auch von den Kun­den gebucht werden. Nahezu 100 Prozent der Neukunden entscheiden sich laut M-net für einen Anschluss mit mindes­tens 100 MBit/s. Ein Jahr zuvor lag der Anteil bei 80 Prozent. Rund zwei Drittel der Neukunden wählten zudem einen Anschluss mit 300 MBit/s und mehr (vor einem Jahr: zehn Prozent). Unter den Bestands­kunden stieg die Zahl derer, die sich zwischen März und November 2020 im Vergleich zum Vorjah­res­zeit­raum auf eine Band­breite mit mindes­tens 100 MBit/s upgraden ließen, um die Hälfte. Die Zahl der Bestands­kunden, die ihre Band­breite auf 300 MBit/s und mehr er­höht haben, habe sich bei M-net im selben Zeit­raum im Vergleich zum Vorjahr versie­ben­facht.

Telekom will auf Glas­faser setzen

M-net Firmenzentrale Durch die Corona-Pandemie verzeichnet M-net in seinen Netzen einen starken Anstieg insbesondere im Upstream
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Damit diese Entwick­lung weiter­geht, müssen die Netz­betreiber weiter Glasfaseran­schlüsse bauen. In der Vergan­gen­heit hat die Deut­sche Telekom aber lieber Wert auf ihr Kupfer­draht­netz gelegt und Glas­faser nur bis zum Verteiler an der Straße verlegt (FTTC). Ledig­lich 600 000 Haus­halte erhielten in diesem Jahr von der Telekom einen Glas­faser­anschluss, was immerhin doppelt so viele sind wie im Jahr zuvor. Nun wollen die Bonner aber Gas geben. Sie kündigen an, in Zukunft jähr­lich durch­schnitt­lich zwei Millionen Haus­halte ans Glas­faser­netz anzu­binden.

Bislang tröp­felte es eher an Ausbau­mel­dungen. In den vergan­genen zwei Wochen kündigte die Telekom für etwas mehr als 200 Haus­halte in verschie­denen Neubauge­bieten den Bau von Glas­faser­anschlüsse an – über einen Zeit­raum bis Ende 2022. Das klingt nicht nach zwei Millionen pro Jahr. Gleich­zeitig erhalten auch 2300 Haus­halte in Bad Winds­heim bis Ende 2021 dank Vecto­ring Down­stream-Geschwin­dig­keiten von maximal 250 MBit/s.

Größtes Glas­faser-Orts­netz im Land­kreis Lörrach in Betrieb

Das Ziel der Telekom: Bis 2030 soll jeder Haus­halt über einen FTTB/H-Anschluss verfügen. Das kommt einem Begräbnis der poli­tischen Vorgabe gleich, Deutsch­land bis 2025 flächen­deckend mit Giga­bit­netzen zu versorgen. In Berlin ruhen allem An­schein nach sehr viele Hoff­nungen auf den Ausbau des 5G-Mobil­funk­netzes, wenn­gleich nicht gesagt ist, dass es vom Start weg Gigabit-Speed für die Nutzer bringt.

Glasfaserschacht Wollbach Landkreis Lörrach Schacht zu, Netz fertig! In Wollbach nahm Stiegeler das größte Glasfaser-Ortsnetz des Landkreises Lörrach in Betrieb.
Zweckverband Breitbandversorgung
Aber auch der Telekom ist klar, dass Sie den Fest­netz­ausbau mit Glas­faser nicht allein schafft. Sie erklärt sich daher – wieder einmal – zur Koope­ration mit ausbau­enden Netz­betrei­bern bereit. Die haben sich aber auch schon ohne die Bonner auf den Weg gemacht. Der Hanno­veraner Netz­betreiber htp schloss die Vorver­mark­tung in den Orten Barnten, Deil­missen und Heinsen erfolg­reich ab, sodass hier demnächst Glas­faser verlegt wird. In Doll­bergen und Pattensen startet das Unter­nehmen demn­ächst die Vorver­mark­tung.

Ende November 2020 nahm Stie­geler in Woll­bach das größte Glas­faser-Orts­netz des Land­kreis Lörrach in Betrieb. Über 375 Haus­anschlüsse werden knapp 600 Wohn­ein­heiten mit High­speed Internet versorgt. In Laufen­burg (Orts­teile Rotzel und Hochsal) und Binzgen begann der Netz­betreiber nun mit den Tief­bau­arbeiten, die im März 2021 abge­schlossen sein sollen. Und im säch­sischen Borna errichtet Tele Co­lumbus ein neues Glas­faser­netz, an das 4200 Wohnungen ange­schlossen werden. Der Voll­betrieb ist für Anfang 2023 vorge­sehen, die IP-Anbin­dung für Telefon und Internet kann wahr­schein­lich bereits früher durch die Mieter genutzt werden.

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