Internet-Betrachtung

Editorial: Drei Browser-Engines fast gleichauf

Internet Explorer verliert Spitzenposition
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Surfen im Internet: Der Nutzer hat die Browser-Wahl Surfen im Internet: Der Nutzer hat die Browser-Wahl
Foto: dpa
Der Markt der Internet-Browser ist ein bewegter: Den Anfang machten Mosaic und Netscape, später gelang es Microsoft, mit dem Internet Explorer ihr Betriebssystem-Monopol auch auf den Browser-Markt auszudehnen. Grund hierfür war, dass sich die Entwickler bei Netscape übernommen hatten, und es nicht einmal gelang, den eigenen Standard für dynamisches HTML stabil umzusetzen, geschweige denn, mit Microsoft mitzuhalten, die dem Internet Explorer ihre Version für dynamisches HTML einimpften.

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Der Erfolgt im Browserkrieg brachte Microsoft freilich nicht nur Lorbeeren, sondern auch handfesten Streit mit den Kartellwächtern in den USA und der Europäischen Union. Insbesondere wurde die unnötig starke Verknüpfung von Browser und Betriebssystem bemängelt. Aktuell besteht in Europa für Microsoft die Auflage, nach der Installation des Betriebssystems den Nutzer beim Download eines Alternativbrowsers zu unterstützen. Weil Microsoft zeitweilig "vergessen" hatte, dieses Hilfsprogramm bei Windows 7 Service Pack 1 mitzuliefern, droht Microsoft erneut eine hohe Strafzahlung.

Freilich könnte die Verpflichtung für Microsoft, die Nutzer bei der Wahl von Alternativbrowsern zu unterstützen, in den nächsten Jahren auslaufen. Denn das Browser-Monopol ist zum Glück schon wieder Geschichte. Zum einen hat sich Mozilla, die Browser-Engine hinter dem Netscape Navigator, nach ihrer Freigabe als offene Software unter dem namen "Gecko" schnell wieder zu einem ernsten Konkurrenten zum Internet Explorer entwickelt. Unter dem Namen Firefox ist sie fast wie der legendäre Phoenix aus der Asche aufgestiegen, und erreicht in Deutschland um die 50 Prozent Marktanteil, weltweit etwa 20 bis 30 Prozent.

Noch steiler als der Wiederaufstieg von Gecko erfolgt derzeit der Aufstieg der dritten großen Browser-Engine namens Webkit. Sie ist aus der freien Browser-Engine KHTML entstanden, die für den Linux-Desktop KDE entwickelt worden war. Der zugehörige Browser hieß Konqueror. Apple nutzte nun KHTML auch als Basis für den eigenen Browser Safari, um möglichst schnell einen potenten Browser für die eigenen Betriebssysteme Mac OS X (Desktop) und iOS (iPhone und iPad) zu erhalten.

Die Lizenzbedingungen von KHTML erlauben eine solche kommerzielle Verwendung, zwingen jedoch den Verwender, eigene Weiterentwicklungen ebenfalls freizugeben. Dieses ermöglichte in den Folgejahren google, auf Basis von Webkit schnell den eigenen Browser Chrome für den Desktop, sowie den Standard-Browser für Android-Handys bzw. -Tablets aufzusetzen. Faktisch arbeiten damit die Erzfeinde Apple und Google zusammen an der Weiterentwicklung einer der wichtigsten Komponenten mobiler Betriebssysteme, nämlich des Browsers.

Zählweisen

Geht man nach Zahl der Installationen, dann ist Webkit inzwischen die mit Abstand führende Browser-Engine. Denn sie ist auf praktisch allen Smartphones und Tablets vorinstalliert, nicht nur denen mit iOS und Android, sondern auch auf den meisten Geräten mit einem anderen mobilen Betriebsystem. Und die Verkaufszahlen für Smartphones und Tablets übersteigen die von Laptops und PCs inzwischen deutlich.

Bei den für Webseitenentwickler relevanteren Nutzungszahlen liegen freilich die mobilen Browser noch zurück. Die Nutzer rufen auf PCs und Laptops überwiegend mehr Seiten auf als vom Handy aus. Die Marktforscher sehen die mobilen Browser daher in Summe bei gerade mal einigen Prozent. Doch zusammen mit den Desktop-Schwergewichten Safari (je nach Quelle 5 bis 13 Prozent Anteil an den Klicks) und Chrome (je nach Quelle 18 bis 32 Prozent) kommt die Webkit-Engine auf 30 bis 45 Prozent Marktanteil. Damit liegt Webkit nicht nur bei der Zahl der Installationen, sondern auch nach den veröffentlichten Nutzungszahlen der meisten Auguren vor dem Internet Explorer. Die Gecko-Engine belegt dahinter einen guten dritten Platz. Der vierte, Opera, bringt es nur noch auf ein Zehntel der Nutzungszahlen der drei großen.

Natürlich ist die hohe Wettbewerbsintensität bei den Internet-Browsern im Interesse der Nutzer. Sie stellt sicher, dass alle drei Engines regelmäßig weiterentwickelt werden, und sich keiner der drei auf einem Monopol ausruht. Zugleich sind Webseitenbetreiber gezwungen, ihre Seiten kompatibel zu allen drei Engines zu halten, da sie sonst auf einen Schlag mindestens ein Viertel der Nutzer verlieren, wenn sie eine der drei großen Engines nicht unterstützen. Entsprechend selten sind Browser-Inkompatibilitäten geworden, und praktisch alle relevanten Websites funktionieren in praktisch allen großen Browsern.

Der Nutzer hat also die Wahl. Hoffen wir, dass es so bleibt.

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